Rommerskirchen Schriller Ausflug ins Barock

Rommerskirchen · Der Kölner Künstler Stephan Masur gastierte als "Le Comte Vivaldi" in der evangelischen Kreuzkirche. Das Publikum reagierte begeistert auf das Historien-Spektakel mit durchaus aktuellen Bezügen.

Seit mehr als 15 Jahren ist Stephan Masur bereits Zirkus-und Varieté-Künstler: Doch erst jetzt feierte er seine Premiere auf heimischem Terrain, befindet sich das Elternhaus des gebürtigen Frixheimers doch gleich neben der Kreuzkirche. Dort gastierte Masur auf Einladung des Kulturcafés in seiner Paraderolle als "Le Comte".

Im schrillen Outfits eines Zeremonienmeisters am Hof von "Sonnenkönig" Ludwig XIV. entführte Stephan Masur das Publikum in die Barockzeit , wobei neben dem Spaß auch die historische Information nicht zu kurz kam. So etwa die, dass beim Adel Wasser wegen der Angst vor Krankheiten verpönt war.

Der unvermeidliche Körpergeruch wurde exklusiv mit Parfüm bekämpft und zwar mit einer täglichen Dosis, die dem Jahreseinkommen eines mittleren Beamten der damaligen Zeit entsprach.

"Faszinierend und spannend" findet Masur den Charakter des Höflings, den er seit dessen erstem Auftritt im Kölner "Senftöpfchen" 2005 stetig weiterentwickelt hat. "Leute, die was auf dem Kasten hatten, mussten am Hofe des grausamen Herrschers schweigen", beschreibt Stephan Masur den durchaus ernsten Kern des nur vordergründig heiter-bizarren Spektakels. "Parallelen zu heute", sind dem Künstler zufolge denn auch ausdrücklich beabsichtigt.

Virtuos geht er nicht nur mit den Barockbolas oder den Jonglierbällen um, auch das Publikum wird im Rahmen eines interaktiven Ping-Pong-Spiels gekonnt ins Geschehen integriert und darf "Le Comte" zur Hand gehen, der gleichwohl stets die Szenerie beherrscht.

"Ich arbeite viel mit Irritation, erzählt der Zeremonienmeister, der sehr zufrieden mit dem Auftritt der "Freiwilligen" war, die er während seines anderthalbstündigen Programms auf die Bühne lotste. Eigentlich ist Masur ja studierter Betriebswirt, doch bereits während seines Studiums in Düsseldorf wurde die Künstlerlaufbahn für ihn zunehmend verlockender. Bereits damals besuchte er die niederländische Zirkusschule und tourte mit dem "Traumtheater Salomé".

"Während meiner Diplomarbeit 1996 erhielt ich mein erstes Engagement", berichtet Masur von seinem Werdegang. Dass er sein Handwerk von der Pike auf gelernt hat, zeigte etwa seine Jonglage mit vier Bällen, die er gleichsam "nebenbei" aufführt, obwohl es ihn zehn Jahre gekostet hat, sie in dieser Perfektion zu beherrschen.

Am Ende lag dann eine dichte Parfümwolke über dem Saal und einen kleinen Zeitsprung riskierte "Le Comte" dann auch, indem er seine "Mitarbeiter" aus dem Publikum zum abschließenden Can Can bat.

(NGZ)
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