Kunst in Rommerskirchen Abschied von Martha Reiters Scheune

Evinghoven · Zum 25. Mal hat die Kulturszene der Region dort in den kommenden Tagen eine attraktive Anlaufstation. Doch wird mit dem Jubiläum auch der Schlusspunkt unter die Aktivitäten an der Widdeshovener Straße gesetzt.

 Dagmar Reichel, Martha Reiter und Sonja Kreutzer sind nur einige der Künstlerinnen und Künstler, die noch einmal in Reiters Scheune ausstellen. Doch es ist das letzte Mal.

Dagmar Reichel, Martha Reiter und Sonja Kreutzer sind nur einige der Künstlerinnen und Künstler, die noch einmal in Reiters Scheune ausstellen. Doch es ist das letzte Mal.

Foto: Sonja Kreutzer

Ins Auge springt der Reiterhof mit der weithin bekannten Scheune von der Straße aus nicht gerade. Doch das Spruchband „Kultursommer 2022“, das zurzeit über dem Eingang platziert ist, sorgt für Aufmerksamkeit und lädt dann doch unübersehbar alle Vorbeikommenden ein und macht neugierig. Dieses kostenlose Angebot für alle, die Freude an Kunst und Kreativität haben, verführt zum Verweilen bei den Ausstellungen und zum Zuhören beim musikalischen Programm.

Beides verlangt ein bisschen Zeit, doch die Besucher werden mit einer ganz speziellen Atmosphäre belohnt, mit einer Fülle von Exponaten – und mit der bei viel willkommenen Gelegenheit zum austauschenden Gespräch.

„Diese einzigartige Atmosphäre“ kommt nicht von ungefähr. Vor 37 Jahren sind Heinz und Martha Reiter einst nach Evinghoven gekommen und hatten nach dem Erwerb ihres Hauses an der Widdeshovener Straße sofort die zündende Idee. „Die schöne Scheune wollten wir unbedingt mit anderen teilen“, erinnert sich Martha Reiter an die Anfänge. Hier sollten Ausstellungen ihren Platz finden und Konzerte. Zeitweise währte der Kultursommer auf dem kompletten Areal, denn dazu gehört auch ein großer rückwärtiger Naturgarten, ganze zwei Wochen.

Hier waren also bildende Künstler stets willkommen. „Wer etwas mit seinen eigenen Händen schafft“, formuliert die Gastgeberin treffend die Zielgruppe. Gemalte Bilder sind gemeint, Skulpturen, Installationen, Grafiken und Fotografien. Dabei waren auch stets Literaten und Musiker. Beim Pressegespräch zwei Tage vor der Eröffnung am heutigen Donnerstag, zu der auch Bürgermeister Martin Mertens eingeladen ist, assistieren zwei ausstellende Künstlerinnen: Dagmar Reichel aus Viersen ist mit Druckgrafik, Malerei und Installationen zur Stelle; Sonja Kreutzer aus Korschenbroich stellt ihre Holzkunst aus.

Beide schätzen die Gelegenheit, hier an Ort und Stelle ihre Kunst zu präsentieren, mit anderen darstellenden Künstlern in Kontakt zu kommen und mit Besuchern ins Gespräch. Für Sonja Kreutzer ist dieser Standort aus einem ganz besonderem Grund von großem Interesse. „Wenn in der Nähe Bäume gefällt werden, dann bin ich sofort zur Stelle“, bekundet sie, „denn dann fällt für mich fast immer etwas ab.“ Gemeint sind Äste, Stämme und Scheiben von Bäumen, bei denen sie die Jahresringe farblich nacharbeitet. Besonders eindrucksvoll kommen diese verblichenen Lebenszeichen bei einem Stück von einer Wildkirsche heraus.

Dagmar Reichel zeigt ihre Installation „Augenblick“, der in der Scheune ein eigenes großes Raumsegment gewidmet ist. „Bei Interesse hier drücken“, verweist sie auf eine rote Schelle, bei deren Betätigung rechteckige Tafeln sichtbar werden. Darauf sind runde Scheiben angebracht, die per Lichteffekte farbige Landschaften jeweils mit einem Mensch zeigen. Der individuellen Interpretation sind dabei Tür und Tor geöffnet. Sonja Kreutzer macht auf Holz Fraßgänge des schädlichen Käfers Buchdrucker sichtbar und gestaltet eine komplette Landschaft aus Holzschnitzeln.

Natürlich darf auch Gastgeberin Martha Reiter mit ihren kleinen preziösen Bildern nicht fehlen, die vielfach in Reihenfolge präsentiert werden. Die mehrfarbigen Collagen „sind im Geldruck hergestellt“, zeigt sie auf ihre ausdrucksstarken Silikonplatten. „Alles ist hier auch käuflich“, wird der geschäftliche Aspekt des künstlerischen Agierens in Reiters Scheune keineswegs vergessen.

So laden die Räume in der altehrwürdigen Wirtschaftsscheune, die mit ihrem verzweigten Gebälk selbst schon eine künstlerische Aura entfaltet, zum Schauen und Nachfragen ein. Sehr gut ist vorstellbar, wie hier Lesungen ankommen, wie musikalische Klänge mit ihrer Kunst in Tönen zur Atmosphäre beitragen. Während des an dieser Stelle vier Tage währenden Kultursommers werden auch Janne Gronen aus Grevenbroich (Textarbeiten) und Rena Werneyer aus Dormagen (Malerei) zur Stelle sein.

So ist auch angerichtet für französische Chansons, Jazz mit Hans Eckmeier, eine Evinghovener Gitarrennacht und das Duo „Home Brew“. Alles hat seine Zeit, so erinnert sich die Gastgeberin Martha Reiter an ein Vierteljahrhundert künstlerischen Mäzenatentums. Und die Besucher sollten einen Tag für den Besuch von „Reiters Scheune“ in Evinghoven einplanen.

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