Stimmen gegen Rechtspopulismus „Nichtnationale Demokratie“ gegen Rechtspopulismus

Knechtsteden · Beim Knechtstedener Bibliotheksabend bezog Pater Hermann-Josef Reetz klar Position zu Flüchtlingspolitik und Nationalismus.

 Pater Hermann Josef Reetz mit einem der zahlreichen historischen Bücher in der Klosterbibliothek.

Pater Hermann Josef Reetz mit einem der zahlreichen historischen Bücher in der Klosterbibliothek.

Foto: LH

Für den 134. Knechtstedener Bibliotheksabend hatte Pater Hermann-Josef Reetz ein wahrlich düsteres Thema ausgewählt: „Antwortversuche bedeutender Denker unserer Tage“ zum Phänomen des seit einigen Jahren grassierenden Rechtspopulismus und -extremismus präsentierte Reetz, ohne seinen eigenen Standpunkt zu verhehlen. Für ihn bedarf es „radikaler Vorschläge und Schritte“, um des Problems Herr zu werden. Er selbst hegt keinen Zweifel, dass die von Bundeskanzlerin Angela Merkel wohl kaum zu erwarten sind, wobei Reetz nach wie vor den berühmten Merkel-Satz „Wir schaffen das“ unzweideutig bejaht nicht ohne darauf hinzuweisen, dass dies manchem „einige Mühe“ bereiten, bei anderen womöglich sogar Zähneknirschen auslösen werde.

Raserei, Ohnmachtsanfälle oder was auch immer, dürfte ein „radikaler Vorschlag“ auslösen, den Reetz, dem 2017 erschienenen Roman „Die Hauptstadt“ entnahm. Was ihn an dem Buch besonders beeindruckt hat, ist der Gedanke „einer nachnationalen Demokratie“ in einer globalisierten Welt, in der es eigentlich keine Nationalökonomie mehr gebe - eine These, die der studierte Volkswirt Reetz ausdrücklich teilt. Den hat in dem Buch ein (fiktiver) österreichischer Wirtschaftsprofessor in einem elitären Zirkel formuliert, der sich über Perspektiven der Europäischen Union vor ihrem 50-Jahr-Jubiläum Gedanken macht. Aus der Sicht des unverdrossen argumentierenden Professors wäre die „eigentliche“ Hauptstadt der EU Auschwitz, weil nur das von diesem Ort ausgehende Grauen überhaupt eine Europäische Union erst ermöglicht habe. Keine Ahnung von Geschichte zu haben, bedeute kein Bild der Zukunft zu haben, hält der Professor seinen elitären Gesprächspartnern entgegen, die für ihn allesamt „Mitläufer“ sind. Was dem Professor (und dem Leser Reetz?) vorschwebt, wären „souveräne gleichberechtigte Bürger“. Die würden ausschließlich über einen Europäischen Pass und keinen nationalen mehr verfügen, wobei wohl der Geburtsort eingetragen würde, nicht aber die Nation.

Parallelen gibt es insofern zum polnischen Philosophen und Soziologen Zygmu Bauman, dessen Werke Papst Franziskus sehr schätzt.. Keinen Zweifel ließ der inzwischen verstorbene Gelehrte, dass die Rückkehr zu Stammesideologien die falsche Antwort auf die Globalisierung sei. Hermann-Josef Reetz setzt auf das von Bauman wie dem Papst nicht nur beschworene, sondern praktizierte Prinzip des Dialogs. „Ich hoffe nicht, dass die AfD jemals ans Ruder kommt“, machte er deutlich, dass er dies auf der Basis einer auch politisch eindeutigen Basis aus tut.

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