Herr Mertens, der Vorstand des SPD-Ortsvereins Rommerskirchen hat Sie bereits mehr als anderthalb Jahre vor den Kommunalwahlen im Herbst 2020 als Bürgermeister-Kandidat nominiert. Warum diese frühe Bekanntgabe?
Interview mit dem Rommerskirchener Bürgermeister Martin Mertens „Der Landrat ist nicht mein Gegner“
Bürgermeister Martin Mertens (SPD) über seine Bereitschaft, wieder als Bürgermeister-Kandidat anzutreten.
Martin Mertens Die vergangenen Jahre waren insgesamt gute Jahre für Rommerskirchen. Unser Doppelhaushalt für 2019/20 ist mit einem Plus von 200.000 Euro von einer breiten Mehrheit verabschiedet worden. Damit haben wir seit 2017 die Trendwende geschafft, jetzt nicht mehr Schulden anzuhäufen, sondern abzubauen. Wir investieren viel in Bildung und Infrastruktur für die Menschen in Rommerskirchen. Wir haben viele gute Dinge vom Rathaus aus angestoßen. Einiges davon dauert aber noch fünf bis zehn Jahre, bis es ganz umgesetzt werden kann. Da wäre ich gern weiterhin an entscheidender Stelle mit dabei, die Zukunft der Gemeinde mitzugestalten.
Ist das schon die Zusage, auch bei der übernächsten Wahl anzutreten, wenn Sie noch zehn Jahre die Projekte als Verwaltungschef begleiten wollen?
Mertens (lacht) Eins nach dem anderen. Die Wähler müssen ja auch noch entscheiden, ob sie mit meiner Arbeit in Rommerskirchen zufrieden sind. Aber ich freue mich sehr darüber, dass der SPD-Vorstand mich einstimmig zum Bürgermeister-Kandidaten gewählt hat. Natürlich müssen die Gremien der Partei das noch offiziell bestätigen. Aber ich sage voller Überzeugung: Ich trete wieder an und möchte noch viel bewegen. Warum das dann nicht jetzt schon sagen? Da ich mich als Bürgermeister für alle Rommerskirchener sehe, würde ich mich sehr freuen, wenn auch andere Parteien mich unterstützen – und die Wähler meine Ideen für gut befinden. Ich möchte auf jeden Fall bis 2025 Bürgermeister sein – mindestens...
Das klingt danach, als hätten Sie nach fast fünf Jahren im Amt noch immer viel Spaß an Ihrem Job...
Mertens Ja, ganz klar. Von meinem Amtsvorgänger Albert Glöckner ist der Spruch überliefert, Bürgermeister in Rommerskirchen zu sein, sei das zweitschönste Amt der Welt nach dem des Papstes. Da kann ich ihm inzwischen auch aus Erfahrung zustimmen. Es ist einfach großartig, in seiner Heimatgemeinde viel für die Bürger bewegen zu können. Die Begegnungen mit den Menschen machen Spaß und bringen neue Einsichten. Und ich habe noch viel vor, daher habe ich große Lust, weiter zu machen.
Gab es in den Jahren als junger Bürgermeister seit Frühsommer 2014 keine negativen Erfahrungen?
Mertens Natürlich gibt es immer mal wieder Situationen, die schwierig sind, so zum Beispiel, als kurze Zeit Stimmung gegen Flüchtlinge gemacht wurde und Ordnungskräfte in der Ratssitzung nötig waren – oder als unsere Bahnhofsunterführung permanent unter Wasser stand, weil die Bahn das nicht in den Griff bekommen hat. Aber das waren zum Glück nur kurze Momente. Auch ärgert es mich natürlich, wenn Dinge, die nicht im Verantwortungsbereich der Gemeinde liegen, stocken oder sogar nicht gelingen.
An welche Dinge denken Sie da?
Mertens Zum Beispiel an unseren Kampf mit der Deutschen Bahn um einen gut funktionierenden Aufzug am neu gestalteten Bahnhof. Dass dort immer noch nicht alles richtig schön aussieht, ärgert mich sehr. Auch die Umgehungsstraßen sind dringend nötig – und lassen doch auf sich warten. Ich weiß, wie laut die Straßen für die Anwohner sind. Aber die Entscheidung liegt nicht in meinem Verantwortungsbereich, wir können nur immer wieder daran appellieren, dass die Landesregierung zum Beispiel die B 477n realisiert.
Wie funktioniert die Zusammenarbeit mit den Fraktionen im Rat?
Mertens Wir haben eine gute Zusammenarbeit von Verwaltung und Politik. Uns allen geht es in erster Linie um die Weiterentwicklung der Gemeinde, dann erst stehen – in der Regel – die Parteien im Vordergrund. Mehr als 90 Prozent aller Abstimmungen sind einstimmig. Vertrauensvoll arbeiten wir seit fünf Jahren mit SPD, Grünen, UWG und in der Regel der FDP zusammen. Im vergangenen Jahr hat sich auch die Arbeit mit der CDU gut entwickelt.
Gilt das auch für den CDU-Landrat Hans-Jürgen Petrauschke? Oder wird er von den vier SPD-Bürgermeistern aus Neuss, Dormagen, Grevenbroich und Rommerskirchen „in die Zange genommen“?
Mertens Alle Bürgermeister im Rhein-Kreis verstehen sich gut, wir setzen uns für unsere Kommunen ein und vertreten diese selbstbewusste Position auch dem Landrat gegenüber, dessen großes Engagement für den Rhein-Kreis ich schätze. Bei der Rettungswache, der Ampel an der B 477 und dem Feld- und Werkbahnmuseum hatte die Gemeinde Differenzen mit dem Rhein-Kreis – an anderer Stelle wie beim Kreisjugendamt arbeiten wir sehr gut zusammen. Und der Landrat setzt sich beim Strukturwandel sehr für die Kommunen ein. Er ist nicht mein Gegner, sondern wir arbeiten auf sachlicher Ebene gut zusammen – manchmal habe ich aber eben eine andere Meinung.
Rommerskichen ist jetzt die einzige Gemeinde im Rhein-Kreis. Wollen Sie wie Jüchen auch Stadt werden
Mertens Jetzt sind wir die erste Gemeinde im Kreis... Das klingt doch besser als „die letzte Gemeinde“, wie wir jetzt manchmal geneckt werden. Wir haben 14.000 Einwohner. Auf absehbare Zeit wollen wir keine Stadt werden. Aber wir wollen weiter wachsen, spüren den Zuzug aus den umliegenden Städten und wollen daher mittelfristig – der Größe von vielleicht 15.000 Bewohnern im Jahr 2030 entsprechend – auch über eine weiterführende Schule, den Ausbau des ÖPNV-Angebots und der Einkaufsmöglichkeiten nachdenken. Es fehlt bei uns zum Beispiel noch ein Baumarkt, für den rund 20.000 Einwohner nötig wären, aber vielleicht kommt wegen des guten Einzugsgebietes auch für weniger Bürger ein Anbieter nach Rommerskirchen. Auch die Gastronomie könnte vom Wachstum profitieren.
Dazu benötigt die Gemeinde neue Baugebiete. Was planen Sie da?
Mertens Es gibt zurzeit auch Erneuerungen im Bestand, dass Alleinstehende ihr Haus verkaufen und junge Familien einziehen. Aber wir weisen auch neue Gebiete aus, nicht nur im Zentrum, sondern gezielt auch in den kleinen Ortschaften, um insgesamt maßvoll zu wachsen. Wir punkten bei den Neubürgern mit guter Lebensqualität, ländlichem Charme und trotzdem stadtnahen Angeboten. Wir könnten jedes Neubaugebiet dreifach verkaufen, so groß ist die Nachfrage. Das zeigt, wie beliebt Rommerskirchen ist.