Geschichte in Rommerskirchen Historiker widmet sich jüdischem Leben

Nettesheim · Josef Wißkirchen referierte über das Leben der Familie Kaufmann in Nettesheim und Butzheim. Im Dritten Reich wurde sie zunächst aus Rommerskirchen vertrieben, später deportiert und ermordet.

 Der Historiker Josef Wißkirchen, hier auf dem jüdischen Friedhof in Butzheim, referierte über das Leben der Familie Kaufmann.

Der Historiker Josef Wißkirchen, hier auf dem jüdischen Friedhof in Butzheim, referierte über das Leben der Familie Kaufmann.

Foto: Woitschützke, Andreas (woi)

Heute vor 75 Jahren ging der Zweite Weltkrieg zu Ende. Die Zeit der Nationalsozialisten als Unrechtsregime war vorbei. Doch auch dieses schlimme Kapitel der deutschen Geschichte und die Auswirkungen auf Rommerskirchen gehören zur Heimat dazu. Und so hat sich der Verein „Heimat + Historie NE-BU 962“ auch dieser Zeit in Nettesheim und Butzheim angenommen, im Moment wird das Buch „Historischer Wanderpfad von Nettesheim und Butzheim“, das zahlreiche Anekdoten und Geschichte(n) der vergangenen Jahrhunderte vereint, unter Federführung von Mathias Holz und Walter Giesen zusammengestellt. Es soll möglichst in diesem Jahr der 825. Wiederkehr der urkundlichen Ersterwähnung Nettesheims von 1195 erscheinen.

Der Verein beleuchtet auch das Leben der Familie Kaufmann aus Nettesheim. Anfang März bereits hatte der Historiker Josef Wißkirchen einen viel beachteten Vortrag in der voll besetzten Gillbachschänke gehalten: „Aus ihrem Heimatort verjagt und ermordet: Das Schicksal der Nettesheimer Familie Kaufmann“. Wie Thomas Huppertz und Walter Giesen vom Verein erläutern, widmete sich Wißkirchen dem katastrophalen Ende des nur vermeintlich guten Miteinanders von nichtjüdischer Mehrheit und den wenigen Juden in Nettesheim und Butzheim: Der aus Gindorf stammende Moritz Kaufmann und seine in Butzheim geborene Frau Henriette führten viele Jahre ein Textilgeschäft an der Sebastianusstraße. 1928 gehörte Kaufmann dem Festausschuss für das 50-Jahr-Jubiläum des Vereins „Schützenlust“ an. Die fünf Kinder Ilse, Klara, Günther, Manfred und Hilde besuchten – so weit sie bereits alt genug waren – die Katholische Grundschule. Mit dem Machtantritt der Nationalsozialisten 1933 wurde das Leben der Kaufmanns und anderer jüdischer Familien am Gillbach schlagartig und zunehmend schwieriger. Die antisemitische Regierungspropaganda zeigte bei der überwiegend katholischen Bevölkerung verheerende Wirkung. „Angefangen hat es mit entwürdigenden Worten“, so Wißkirchen über die Ausgrenzung der Juden in der Gemeinde.

Im Zuge der Reichspogromnacht am 9. November 1938 musste nicht allein die Familie Kaufmann ihre Heimat verlassen. Vier ortsbekannte junge SA-Männer hatten neben der Synagoge am Lommertzweg Haus und Geschäft der Familie verwüstet. Die Kaufmanns siedelten 1939 gezwungenermaßen nach Köln, wo sie Zwangsarbeit leisten mussten. Nach Stationen in verschiedenen Sammellagern wurden sie am 20. Juli 1942 per Zug nach Minsk deportiert und mit mehr als 1100 anderen Juden am 24. Juli im Waldgebiet Blagowtschina ermordet.

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