Rommerskirchen Flüchtling wird Vize-Europameister im Muay Thai

Rommerskirchen · Die Ausländerbehörde wollte den in Rommerskirchen trainierenden Mahmud Davlotov aus Tadschikistan zunächst nicht zum Turnier ausreisen lassen. Eine Rechtsanwältin setzte die Teilnahme doch durch. Er holte eine Medaille nach Deutschland.

 Bundestrainer Detlef Türnau trainiert den 16 Jahre alten Mahmud Davlotov (r.) seit über einem halben Jahr im Bujin-Gym-Leistungszentrum in Rommerskirchen.

Bundestrainer Detlef Türnau trainiert den 16 Jahre alten Mahmud Davlotov (r.) seit über einem halben Jahr im Bujin-Gym-Leistungszentrum in Rommerskirchen.

Foto: B. Rosenbaum

Für den Sport wäre es ein großer Verlust gewesen. Auch persönlich hätte der 16-jährige Mahmud Davlotov eine Riesenchance verpasst. Doch in letzter Minute durfte der Flüchtling aus Tadschikistan, der seit einem Jahr mit zwei Brüdern und seinem Vater in Deutschland lebt, zur Muay-Thai-Europameisterschaft nach Paris reisen. Dort wurde er den Vize-Europameister in der Juniorenklasse bis 75 Kilogramm.

Mahmud trainiert seit über einem halben Jahr im Bujin-Gym-Leistungszentrum von Bundestrainer Detlef Türnau. "Der Junge kommt dreimal pro Woche mit öffentlichen Verkehrsmitteln von Siegburg nach Rommerskirchen und hat in der ganzen Zeit noch kein einziges Training versäumt - und das bei einer Anfahrtszeit von zwei Stunden", betont Türnau.

Der Bundstrainer ist sichtlich beeindruckt, nicht nur von den sportlichen Leistungen, sondern auch von Disziplin und sozialen Qualitäten seines Schützlings: "Er kümmert sich um unsere Rommerskirchener Jugendlichen und gibt seine Kenntnisse an sie weiter."

Mahmud floh mit seinem Vater Idibek und zwei Brüdern aus seiner Heimat Tadschikistan nahe der afghanischen Grenze, weil die Familie politische Schwierigkeiten mit den dort herrschenden Clans hatte und bedroht wurde - zumindest die männlichen Mitglieder. Seine Mutter und seine Schwester sind dort geblieben.

Zunächst kam die Familie in einer Siegburger Flüchtlingsunterkunft unter. Idibek, einst selber Chef des tadschikischen Thaibox-Verbandes, suchte Türnau auf, den er von früheren internationalen Wettkämpfen noch kannte, und bat ihn, seine Söhne in Rommerskirchen trainieren zu lassen.

Türnau erkannte schnell das Potenzial und wollte Mahmud bei der Muay-Thai-EM in Paris in einem speziellen Flüchtlings-Team antreten lassen, das nach dem Vorbild der Olympischen Spiele 2016 in Rio gebildet wurde. Er beantragte bei der zuständigen Ausländerbehörde in Siegburg eine Ausreisegenehmigung für Mahmud und dessen Vater Idibek für die EM. Doch bis zum Freitag davor habe die Ausländerbehörde nicht reagiert, so Türnau, dessen telefonische Nachfrage ergeben habe, man sehe keine Notwendigkeit zu dieser Fahrt.

Von dieser Ablehnung erfuhr zufällig die Grüne Kreistagsabgeordnete Nilab Fayaz, die zudem auch Fachanwältin für Ausländer- und Asylrecht ist. Während Türnau eine Verlängerung der Anmeldefrist beantragte, übernahm sie Mahmuds juristische Vertretung, legte Einspruch gegen die Ablehnung ein und kündigte ein Eilverfahren an. Am Montagmorgen, kurz vor Ablauf der verlängerten Meldefrist, lenkte die Ausländerbehörde ein und genehmigte die Ausreise.

Mahmud bedankte sich auf seine Weise: Er holte nicht nur den Vize-EM-Titel nach Deutschland und qualifizierte sich für die WM 2018 in Cancun in Mexiko - ihm wurde für besonders sportliches Verhalten beim Turnier der Fair-Play-Pokal verliehen.

(NGZ)
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