55 Dinge, die man im Rhein-Kreis Neuss erlebt haben sollte Dorf mit weltbekannter Kunst

Rommerskirchen · Im beschaulichen Sinsteden stehen seit fast 20 Jahren die Skulpturen des international anerkannten Bildhauers Ulrich Rückriem. Seine Werke zeichnen sich durch ihren Minimalismus aus – und ihr Verhältnis zum Raum.

 Steine wie Mahnmale: Das dreidimensionale Verhältnis, der optische Blickwinkel ist für Künstler Rückriem der Sockel seiner Arbeiten.

Steine wie Mahnmale: Das dreidimensionale Verhältnis, der optische Blickwinkel ist für Künstler Rückriem der Sockel seiner Arbeiten.

Foto: Berns, Lothar

Im beschaulichen Sinsteden stehen seit fast 20 Jahren die Skulpturen des international anerkannten Bildhauers Ulrich Rückriem. Seine Werke zeichnen sich durch ihren Minimalismus aus — und ihr Verhältnis zum Raum.

 Ulrich Rückriem (l.) erläutert seine Werke in Sinsteden.

Ulrich Rückriem (l.) erläutert seine Werke in Sinsteden.

Foto: Reuter

Es ist Leere, die den Besucher einfängt. Betonboden. Weißes Mauerwerk. Und Steine wie Mahnmale, mal grob gehauen, dann wieder monolithisch scharf, in ihrer Masse im perfekten Verhältnis zum Raum und von schräg oben im Licht stehend. "Rückriem hat den Raum neu definiert", sagt Kathrin Wappenschmidt, Leiterin des Kreiskulturzentrums in Sinsteden.

 Besucher betrachten die ausgestellten Skulpturen.

Besucher betrachten die ausgestellten Skulpturen.

Foto: Berns, Lothar

Das dreidimensionale Verhältnis, der optische Blickwinkel ist für Rückriem gewissermaßen der Sockel seiner Arbeiten. "Der Künstler orientiert sich am menschlichen Körper", sagt Kathrin Wappenschmidt, er misst in den Maßeinheiten unterlebensgroß, lebensgroß und überlebensgroß. 1993 hat der Bildhauer, Jahrgang 1938, die beiden Hallen an der Grevenbroicher Straße in Sinsteden nach Gesprächen mit dem ehemaligen Landrat Dieter Patt gepachtet. Auf einer Fläche von 2000 Quadratmetern stehen dort 100 Skulpturen. Erklärtafeln gibt es nicht, auch keinen Rundgang. Jeden Betrachter würde der Künstler dort am liebsten alleine hineinschicken. "Es geht Rückriem um die Kunst, ganz ohne wirtschaftliche Interessen", sagt Kathrin Wappenschmidt. Es ginge um die absolute Freiheit ohne Vorgaben.

Es sind die Löcher im Stein, die ins Auge fallen, und die geraden Brüche die sich an ihnen entlang ziehen. Ulrich Rückriem fährt selber in die Steinbrüche, um sich sein Arbeitsmaterial auszusuchen. Nach Finnland, Frankreich oder Irland. Er lässt Löcher bohren in die Granitbrocken und lässt sie sprengen nach seinem Gusto. Die Arbeitsschritte sind am Stein abzulesen. "Derzeit arbeitet er nicht an neuen Steinen", sagt Kathrin Wappenschmidt. Dafür sollen Glasplatten mit Farbmotiven Fixpunkte setzen im Raum. Erst vor wenigen Tage habe er neue aufgehängt. Es habe Besucher gegeben, die hätten sich selbst in der Leere nicht ertragen, erzählt Kathrin Wappenschmidt, die in den Hallen ein Gesamtkunstwerk sieht. Sie ist sich sicher: "Irgendwann wird die große Bedeutung erkannt werden, vielleicht in zehn, 20 oder auch in 50 Jahren." Derzeit lebt der Künstler, der einst eine Steinmetzlehre absolvierte, in Köln und London. In Spanien hat er die Sinstedener Steinformationen als Hecke nachgebaut.

Dieter Patt schrieb in einer Festschrift zum 60. Geburtstag des Künstlers: "Ulrich Rückriem ist ein Glücksfall für die Kunst unserer Zeit. Ulrich Rückriem ist aber auch ein Glücksfall für uns. Er und sein Werk haben in seiner Heimat, in der er seine Kindheit verbrachte und zur Schule ging, ein dauerhaftes Zuhause gefunden."

Zwei Hallen, so haben es die befreundeten Männer damals beschlossen, sollten ein würdiger Rahmen für die Skulpturen sein. Und sind es noch heute.

(NGZ/jco/url)
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