Rommerskirchen Der Mann mit der gesegneten Kamera

Rommerskirchen · 26 Jahre lang hat Franz Wagenbach im Ausland gelebt. Als ARD-Kameramann hat der gebürtige Butzheimer Weihnachten in Afrika ebenso gefeiert wie bei arktischer Kälte in Russland. Der NGZ hat er von seinen Erlebnissen berichtet.

 Der afrikanische Kameramann war ein Abschiedsgeschenk für Franz Wagenbach von ARD-Korrespondent Luc Leysen.

Der afrikanische Kameramann war ein Abschiedsgeschenk für Franz Wagenbach von ARD-Korrespondent Luc Leysen.

Foto: H. Jazyk

Der "Basar für Schwester Reinhilda", wie er heute noch genannt wird, ist seit 1975 fester Bestandteil des Lebens in der Gemeinde St. Martinus. Gerade erst konnten wieder 5800 Euro für die kenianische Missionsstation in Mbitini gesammelt werden, auf der die gebürtige Butzheimerin bis zu ihrem Tod 1981 tätig war. Der erste Butzheimer überhaupt, der sie dort besuchte, war Franz Wagenbach.

26 Jahre war er als WDR-Kameramann für die ARD im Ausland tätig, wobei er Weihnachten auf die denkbar unterschiedlichste Weise gefeiert hat. 1975 soeben im Auftrag der Friedrich-Ebert-Stiftung in Nairobi angekommen, ereilte ihn ein Anruf seiner Mutter: Wenn er schon mal da sei, könne er doch gleich Schwester Reinhilda Schmitz besuchen. Die damals 73 Jahre alte Ordensfrau wirkte schlappe 200 Kilometer südlich von Nairobi, was angesichts der Verkehrsverhältnisse indes zur abenteuerlichen Tour werden sollte.

Per Anhalter machte sich Franz Wagenbach auf den Weg durch Busch und Steppe und kam nach längerer Irrfahrt rechtzeitig zu Weihnachten an. "Als ich sagte, dass ich aus Butzheim komme, strahlte sie", erinnert sich Wagenbach (68).

"Auch wenn sie 40 Jahre älter war als ich, waren wir beide bei denselben Lehrern in der Schule", beschreibt er die dörfliche Kontinuität in früherer Zeit. Besonders beeindruckt hat Wagenbach, wie die Afrikaner an Heiligabend "zu Hunderten, ja Tausenden" aus der Umgebung in die Missionsstation strömten. Als ihn die Gläubigen dann mit einem der irischen Spiritaner-Patres verwechselten und Schlange standen, um zu beichten, "musste ich mich für nicht zuständig erklären", erzählt Wagenbach.

Russische Weihnachten erlebte er Ende der 1990er Jahre nicht allzu weit vom Polarkreis entfernt, in Solowezkije Ostrowa am Weißen Meer. Dort filmte Wagenbach bei gut 30 Grad unter Null einen orthodoxen Weihnachtsgottesdienst über viele Stunden hinweg. Im dortigen Wallfahrtskloster hatte Lenin den ersten Gulag eingerichtet. " Die Orthodoxen holen ja das Paradies auf die Erde — manchmal sah ich vor lauter Weihrauch die Konturen nicht mehr", schildert er die nicht alltäglichen Arbeitsbedingungen.

Eine orthodoxe Messe wird bis zu acht Stunden gefeiert, stehend. Der Gottesdienst endete mit einer Prozession rund um die Kirche. Im meterhohen Schnee filmte Wagenbach unter ungünstigsten Bedingungen weiter, bis das Malheur geschah: "Irgendwann fiel die Kamera in den Schnee." Gleichwohl funktionierte sie noch. "Der Pope hatte das Ganze gesehen und hat die Kamera dann noch einmal eigens gesegnet", erinnert sich Franz Wagenbach an eines seiner skurrilsten Weihnachtsfeste überhaupt.

(NGZ/rl)
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