„Nike ist immer direkt über mir" Der Friedhof als Jagdrevier

„Nike ist immer direkt über mir" · Von Marion Dreischer

Von Marion Dreischer

Wenn an einem Samstagmorgen ein Habicht seine Kreise über dem Friedhof "Am Teebaum" in Rommerskirchen dreht, haben die Kaninchen meist keine Chance: "Nike" ist gemeinsam mit Falknerin Astrid Brillen auf der Jagd nach Wildkaninchen, die im vergangenen Jahr zu einer Plage auf dem Friedhof geworden sind. "Sobald ich in Rommerskirchen aus dem Auto steige, lasse ich den Vogel frei", erzählt die Falknerin. Astrid Brillen geht mit ihrem Falken "Nike" auf dem Rommerskirchener Friedhof auf Kaninchenjagd, denn die Tiere haben sich dort zu einer Plage entwickelt. Foto: Witte -->

Dann geht sie mit einem Stock bewaffnet die Reihen des Friedhofs entlang und klopft auf den Boden bis das erste Kaninchen aus dem Bau kommt. "Nike ist immer direkt über mir, weil er gelernt hat, da wo ich bin, geht das Wild hoch." Ist es dann tatsächlich soweit, macht der amerikanische Habicht kurzen Prozess: Schnell und wendig bewegt er sich auf dem kleinen Friedhof, Fehlflüge hat er wenige. "Aber ich bin auch nicht unglücklich, wenn mal eins davon kommt", sagt die Tierfreundin aus Nümbrecht lachend.

Zur Falknerei ist sie durch einen Zufall gekommen, da sie einen kleinen Turmfalken aufgenommen hatte, der aus dem Nest gefallen war. Ohne weiters darf man in Deutschland aber keine Greifvögel halten und so hat Astrid Brillen Ende der siebziger Jahre die Jäger- und Falknerprüfung absolviert. Eigentlich wollte sie nur verletzte Tiere gesund pflegen und danach wieder frei lassen, aber während der Ausbildung ist sie darauf gekommen, dass man mit den Tieren auch zur "Beizjagd" gehen kann.

Den ersten Habicht zum Jagen hat die Falknerin dann mit der bestandenen Prüfung bekommen. "Den kleinen Turmfalken habe ich ausgewildert und ihm die Freiheit geschenkt." Den Harris Hawk "Nike" hat sie seit genau fünf Jahren: Im April 2000 ist er geschlüpft und schon im Oktober war er mit ihr auf der Jagd. Vier Mal war das Duo bereits in Rommerskirchen und hat insgesamt 13 Kaninchen mit nach Hause genommen.

"Die Tiere sitzen auf einem Friedhof am gedeckten Tisch", erklärt die Falknerin, denn frische Blumen sind bekanntlich reichlich vorhanden. Außerdem verärgern die gebuddelten Löcher auf den Grabanlagen die Besucher. Teilweise werden deutsche Friedhöfe auch mit der Waffe bejagt, aber dafür müssen sie immer geschlossen werden. "Außerdem ist diese Art der Jagd relativ gefährlich, da Friedhöfe nicht sehr gut einsehbar sind und das abprallende Schrot die Grabsteine beschädigen kann."

Die Friedhofsbesucher "Am Teebaum" haben übrigens sehr positiv auf die Bekämpfung mit dem Greifvogel reagiert, so dass das Projekt nach der Schonzeit ab Oktober weiter geht. In der Jagdzeit ist Brillen immer samstags, sonntags und noch an einem weiteren Wochentag auf Friedhöfen und in Parkanlagen unterwegs, um regulierend bei der Vermehrung der Kaninchen einzugreifen. "Am besten eignet sich der Sonntag zur Jagd, weil dann die Landschaft am ruhigsten ist und sich viele Kaninchen zeigen."

Aber genau an jenem Tag ist in Rommerskirchen die Jagd verboten. Deswegen trifft man die Falknerin immer samstagmorgens ganz früh, wenn es hell wird. "Von Beruf bin ich Malerin, da kann ich mir meine Zeit zum Glück selbst einteilen", berichtet die Ausbilderin des Deutschen Falken Ordens. Das Fleisch isst sie nach 26 Jahren Beizjagd im Übrigen nicht mehr selbst: Die Kaninchen verschenkt sie an Bekannte und verfüttert sie an ihre Frettchen und ihre zwei Rotschwanzbussarde. Und natürlich darf "Nike" einen Teil seiner Beute selbst verzehren.

(NGZ)
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