Rommerskirchen Case-Technik lebt in Sinsteden weiter

Rommerskirchen · Zum 20. Mal jährt sich im März der Tag, an dem ehemalige Case-Mitarbeiter das Kommando im Förderverein für das Landwirtschaftsmuseum in Sinsteden übernahmen. Die Technik-Enthusiasten sind agil wie eh und je.

 Claus Coermann und Klemens A. Becker mit dem Schweizer Re-Import aus dem Jahr 1935. Die Grundkonstruktion des Lastwagens stammt von Harvester. In der Schweiz wurde der bis 1947 eingesetzte Wagen umgebaut.

Claus Coermann und Klemens A. Becker mit dem Schweizer Re-Import aus dem Jahr 1935. Die Grundkonstruktion des Lastwagens stammt von Harvester. In der Schweiz wurde der bis 1947 eingesetzte Wagen umgebaut.

Foto: woi

Auch wenn der Förderverein für das Landwirtschaftsmuseum in Sinsteden schon ein paar Jährchen älter ist, beginnt für sein heutiges Führungsteam um den Vorsitzenden Klemens A. Becker und Geschäftsführer Claus Coermann die eigentliche Zeitrechnung des Vereins erst mit dem 20. März 1998.

Damals gelang es Beschäftigten des 1996 geschlossenen Neusser Case-Werks (bis 1985 International Harvester Company - IHC), den Vorstand des Fördervereins zu übernehmen, in dem bis dahin Rommerskirchener Lokalpolitiker das Sagen hatten. "Wir werden das sicher intern würdigen", blickt Claus Coermann auf den 20. Jahrestag in gut drei Wochen voraus. Die Tradition des einst landwirtschaftliche Maschinen herstellenden Neusser Unternehmens hochzuhalten, hat sich die zu 80 Prozent aus ehemaligen Case-Beschäftigten bestehende gut 130 Köpfe zählende Mitgliederschaft auf ihre Fahne geschrieben, ohne deswegen mit Scheuklappen ausgestattet zu sein. In der großen Traktorenhalle des Landwirtschaftsmuseums befinden sich denn auch zahlreiche historische Schätzchen anderen Fabrikats.

Ein besonderes Schmuckstück hat dem Förderverein vor einigen Jahren ein Schweizer angeboten, der einen Lastwagen aus dem Jahr 1935 bei den Oldtimer-Enthusiasten in Sinsteden in guten Händen wusste. "Der Grundrahmen von Harvester wurde in die Schweiz verkauft und dort mit Führerhaus und Ladefläche versehen", erzählt Claus Coermann. Bis 1947 war der - auch heute fahrbereite - Lkw in Betrieb. Wenngleich der Schweizer Eigentümer ihn dem Verein zu einem extrem günstigen Preis anbot, musste er natürlich verzollt werden. Mal mehr, mal weniger tief in die Tasche greifen muss der Förderverein immer mal wieder: Zuletzt schlug der Anbau einer Remise im vergangenen Jahr mit 110.000 Euro zu Buche, wobei der Verein natürlich auch auf Spenden zählen kann. Das nächste Großprojekt, das es zu stemmen gilt, ist die Sanierung des Hallendachs, wie Coermann verrät, der seit 1970 für Case tätig war, zuletzt als einer der Vertriebsleiter.

Jeden Mittwoch herrscht in der Traktorenhalle Hochbetrieb, denn Arbeit gibt es dort (fast) immer. Dabei kann der Verein auf viele technikbegeisterte Mitstreiter zählen. Mag das Gros der Mitglieder über 70, wenn nicht gar über 80 Jahre alt sein, bei den Mechanikern sind nicht wenige im Einsatz, "die Teile nicht nur auswechseln, sondern sie auch reparieren können", wie Coermann sagt. Ganz versierte Kräfte sind darüber hinaus in der Lage, nicht mehr aufzutreibende Ersatzteile nachzubauen, wenn es denn nötig ist. "Wir sind hier wie eine Familie", sagt Klemens A. Becker, der einst der Geschäftsführung von Case angehörte und mit dazu beigetragen hat, das wichtige "Erbstücke" gerettet werden konnten.

Ein Gang durch die Halle vermittelt angesichts der vorhandenen Maschinen und Gerätschaften gleichsam im Schnelldurchlauf einen lehrreichen Überblick über die Industrialisierung der Landwirtschaft ab dem 19. Jahrhundert.

(NGZ)
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