Vortrag von Stadtarchiv und VHS in Rheinberg Der Rhein, die Schlagader der Wirtschaft

Rheinberg · Werner Kehrmann ist fasziniert vom 1233 Kilometer langen Fluss. Jetzt hielt der pensionierte Wasserschutzpolizist in der Alten Kellnerei einen Vortrag über den Rhein und die Schiffe, die auf ihm – oft schwer beladen – verkehren.

 Die großen Containerschiffe auf dem Rhein haben teilweise 7000 Tonnen Fracht an Bord. Dieses hier unter niederländischer Flagge fuhr am Dienstag an Rheinberg vorbei.

Die großen Containerschiffe auf dem Rhein haben teilweise 7000 Tonnen Fracht an Bord. Dieses hier unter niederländischer Flagge fuhr am Dienstag an Rheinberg vorbei.

Foto: Fischer, Armin (arfi )/Fischer, Armin ( arfi )

Werner Kehrmann ist so etwas wie Rheinbergs lebendiges Geschichtsbuch. Als Stadtführer, Historiker, Mitglied des Rheinberger Heimatvereins oder Buchautor ist er gefragter Ansprechpartner, wenn es um Berkas Geschichte geht. Derzeit befasst er sich mit der einstigen Lebensader der Stadt, dem Rhein. „Der Fluss fasziniert mich einfach, zumal ich mein gesamtes Berufsleben mit ihm in Verbindung stand“, erklärt der pensionierte Wasserschutzpolizist. 50 Jahre lang fuhr er auf dem Strom Streife, hat dabei so einiges erlebt, und auch privat interessiert ihn der Strom, den er von der Quelle bis zur Mündung erkundet hat.

Aus den Ergebnissen seiner Recherchen plauderte Kehrmann jetzt im Rahmen eines VHS-Vortrags in der Alten Kellnerei, den aufgrund der Corona-bedingten Abstandsregeln nur knapp 20 Besucher verfolgen durften.

 Werner Kehrmann hielt den Vortrag in der Alten Kellnerei.

Werner Kehrmann hielt den Vortrag in der Alten Kellnerei.

Foto: Armin Fischer

Die Bedeutung des Rheins für die Stadt macht der im 13. Jahrhundert errichtete Zollturm, im Volksmund „Pulverturm“ genannt, deutlich. Der lag direkt am Rheinberger Hafen und sicherte die Einnahmen der Stadt. „Bis die Preußen den Seitenarm des Rheins, der dort hinführte, dichtmachten und irgendwann kein Schiff mehr in den Rheinberger Hafen kam“, doziert Kehrmann. Rheinzölle, ursprünglich zum Unterhalt der Leinpfade angedacht, auf denen Pferde beidseitig des Ufers Schiffe stromaufwärts zogen, galten als Handelsbremse. Der Strom sollte als wirtschaftliche Lebensader einen Sonderstatus erhalten. „Der Rhein erhielt eine eigene Gesetzgebung mit eigenen Gerichten. Daran haben selbst Kaiser Wilhelm und Adolf Hitler nicht gerüttelt“, so Kehrmann.

Was die Länge des Flusses angeht, gab es die unterschiedlichsten Angaben. Während der griechische Mathematiker Claudius Ptolemäus grob von 550 bis 1010 Kilometer ausging, galt lange Zeit eine Messung aus dem Jahre 1863 mit einem Ergebnis von 1400 Rheinkilometern als maßgeblich. Erst seit dem Jahr 1939 wurde die Flusslänge auf 1233 Kilometer festgelegt, wovon 883 schiffbar sind. Das neue Ergebnis hing auch damit zusammen, dass der Rhein im 19. Jahrhundert durch Begradigungen um rund 100 Kilometer verkürzt worden ist.

Das ist nicht die letzte Veränderung, die der Strom erfährt, sagt Werner Kehrmann: „Der Rhein wird immer stärker und tiefer. Er holt sich immer mehr Wasser aus Nebenflüssen wie dem Neckar, dem Main oder der Mosel.“ Das führt dazu, dass an einigen Stellen Wassertiefen bis zu 20 Metern gemessen werden. Große Tiefen gibt es mitunter in direkter Nähe zum Ufer. Wenn beispielsweise die Personenfähre „Keer Tröch“ am Xantener Fähranleger ihre Gäste aufnimmt, hat sie rund acht Meter „Wasser unterm Kiel“. Werner Kehrmann hob immer wieder die Bedeutung des Rheins als Verkehrsader hervor.

650 bis 700 der insgesamt rund 5000 zugelassenen Schiffe verkehren täglich auf ihm, die weitaus meisten von ihnen zwischen Rotterdam und Duisburg. Dabei nehmen die Frachtmengen in den vergangenen Jahrzehnten gewaltig zu. „1960 lag die durchschnittliche Tragfähigkeit eines Schiffes bei 644 Tonnen, 1985 waren es 1043 Tonnen und im Jahre 2009 schon 7000 Tonnen“, erläutert Kehrmann, der in dem informativen Vortrag auch die Entwicklung im Schiffsbau vor Augen führte, beginnend mit einem Schleppschiff aus dem Jahre 1897. Bis ein Rheinschiff verschrottet wird, können übrigens etliche Jahrzehnte vergehen, sagt Kehrmann: „Viele Schiffe sind über 100 Jahre alt, die waren noch genietet.“

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort