Fluthilfe aus Rheinberg Malocher mit Herz helfen im Ahrtal

Rheinberg · Zwei Wallacher leisten auch zehn Monate nach der Flutkatastrophe Aufbauhilfe. Vater und Sohn fahren fast jedes Wochenende runter, um anzupacken, wo die Not groß ist. Sie sind beeindruckt von der Herzlichkeit der Menschen.

  Wolfgang und Lukas Költgen aus Wallach haben inzwischen schon mehr als 7000 Kilometer zurückgelegt, um im Ahrtal Wiederaufbauhilfe zu leisten.

Wolfgang und Lukas Költgen aus Wallach haben inzwischen schon mehr als 7000 Kilometer zurückgelegt, um im Ahrtal Wiederaufbauhilfe zu leisten.

Foto: Armin Fischer (arfi)

Lukas und Wolfgang Költgen aus Wallach fahren seit der Flutkatastrophe regelmäßig ins Ahrtal, um anzupacken. Beide haben dort viel Elend erlebt, aber auch Freundschaften mit Helfern aus ganz Deutschland geschlossen.

Etwa zehn Monate liegt die Flutkatastrophe im Ahrtal nun schon zurück. Lukas und Wolfgang Költgen waren von den schrecklichen Bildern und dem Ausmaß der Zerstörung im Sommer 2021, die sie im Fernsehen gesehen hatten, schockiert. Sofort stand der Entschluss: „Wir müssen hin und anpacken.“ Ende Juli machten sie sich zum ersten Mal auf den Weg zum Helfer-Shuttle nach Bad Neuenahr/Ahrweiler. Und sie waren nicht die Einzigen. 2500 bis 3000 freiwillige Helferinnen und Helfer aus ganz Deutschland waren auch da.

„Man kann es sich nicht vorstellen, wenn man das Chaos dort nicht selbst gesehen hat“, schildert Lukas Költgen seine ersten Eindrücke vom Ausnahmezustand im Katastrophengebiet. Angekommen am Helfer-Shuttle kamen der 23-Jährige und sein Vater sofort mit anderen Helfern ins Gespräch. Bis heute ist kaum ein Freitagnachmittag vergangen, an dem die Wallacher sich nicht ins Auto Richtung Süden gesetzt haben, um am Sonntagabend erschöpft die Rückreise anzutreten.

Mittlerweile haben die „Malocher“, die die anstrengende körperliche Arbeit aus ihren Jobs gewohnt sind, schon knapp 7000 Kilometer zurückgelegt. Übernachtet wurde zunächst mit Schlafsack im Kofferraum oder auf dem Anhänger. Duschen und Toiletten waren stark limitiert. „Die Stimmung im Shuttle ins Tal war am Anfang oft komisch. Man wusste nicht, was einen erwartet“, erinnern sich Lukas und Wolfgang Költgen. „Natürlich gibt es Momente, in denen man über die Schicksale nachdenkt. Die Ablenkung durch die Arbeit und die Gespräche mit Betroffenen aber haben gutgetan.“

Jedes Wochenende wartete eine neue Baustelle auf die Költgens, die in mehreren Dörfern im Einsatz waren: Unmengen Schlamm aus Kellern schippen, Eimer schleppen, mit Hochdruck reinigen, stemmen, Dächer ausbauen oder Mauern setzen, sogar ganze Häuser entkernen. Das Gemisch aus Dreck, Heizöl und Benzin konnte man anfangs nur mit Schutzmaske ertragen. „Die Schmiede am Helfer-Shuttle haben über Nacht rund 1000 Meißel für den nächsten Tag fertig gemacht. Außerdem wurden hunderte Maschinen und Werkzeuge angeliefert“, lobt Wolfgang Költgen den Zusammenhalt. Seit Mitte September packen Vater und Sohn im besonderes hart getroffenen kleinen Ort Marienthal mit an. 103 Einwohner leben dort in 42 Häusern – alle waren von der Jahrhundertflut betroffen. Trotz aller Unterstützung sind die Aufbauarbeiten noch längst nicht abgeschlossen. Einige Häuser sehen noch so aus wie am ersten Tag nach der Flut. Die Auswirkungen sind noch immer in weiten Teilen sichtbar. Es gibt kaum etwas, das die Wassermassen nicht mitgerissen haben.

Die Költgens sind sicher, dass es ohne die große Zahl freiwilliger Helfern noch viel schlimmer wäre. Die Versorgungswege waren teilweise komplett unterbrochen. Manche Orte konnten nur per Hubschrauber erreicht werden. „Viele Menschen haben alles verloren. Aber wir haben so viel Herzlichkeit und Dankbarkeit in den Augen der Leute gesehen“, sagt Lukas Költgen.

Oft sind es Kleinigkeiten, die den Betroffenen Hoffnung machen. Eine große Pflanz-Aktion von 40.000 Tulpenzwiebeln oder geschmückte Traktoren der Landwirte haben ein Zeichen der Hoffnung gesetzt. „Niemand ist allein. Es haben sich mit der Zeit Freundschaften entwickelt. Wir sind mittlerweile wie eine große Familie“, sagt Wolfgang Költgen.

Die Wallacher konnten auch schon einige Spenden auftreiben. „Wir werden sehr oft angesprochen und wollen die Menschen im Ahrtal auch in Zukunft weiter unterstützen, wo es nur geht.“ Auch wenn es ihnen körperlich und mental sehr viel abverlangt, ist die Mission von Lukas und Wolfgang Költgen noch lange nicht vorbei. Durch den Ukraine-Krieg, die hohen Spritpreise sowie die vielen Corona-Infektionen ist die Zahl der Helfer jedoch bei weitem nicht mehr so groß wie im vergangenen Sommer. Hilfe aber kann man im Ahrtal wohl noch eine ganze Weile gut gebrauchen.

(fabi)
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