Alpen Traumberuf Landwirt

Alpen · Die vierte Generation auf dem "Sevenboomshof" in Menzelen-West: Nikita Ricken (21) ist einer von einem Dutzend junger Leute, die heute Abend beim Winterfest in der Weseler Niederrheinhalle als Landwirte losgesprochen werden.

 Kartoffeln sind neben der Bullenmast das zweite wirtschaftliche Standbein auf dem "Sevenboomshof" in Menzelen-West. Junglandwirt Nikita Ricken prüft den Zustand der Knollen, die im Gewächshaus vorkeimen und in den nächste Wochen auf dem Acker gepflanzt werden.

Kartoffeln sind neben der Bullenmast das zweite wirtschaftliche Standbein auf dem "Sevenboomshof" in Menzelen-West. Junglandwirt Nikita Ricken prüft den Zustand der Knollen, die im Gewächshaus vorkeimen und in den nächste Wochen auf dem Acker gepflanzt werden.

Foto: Armin Fischer

Moderne Landwirtschaft hat schon lange nichts mehr mit romantischen Vorstellungen zu. Das Bild auf den Höfen zeichnet keinen anmutigen Mix mehr, in dem Kühe, Schweine, Hühner, Enten und Gänse ein friedlich-freundliches Miteinander führen und auch der Hofhund die Idylle nicht stört. Die Entwicklung entfernt sich immer mehr vom traditionellen Familienbetrieb hin zu hoch spezialisierten mittelständischen Unternehmen. Die Zahl der Höfe nimmt ab, die, die übrigbleiben, werden immer größer.

Das erfordert eine hoch qualifizierte Führung. Der Bauer wird immer mehr zum Agrarmanager. Heute Abend werden beim Winterfest in der Weseler Niederrheinhalle zwei Dutzend junge Leute gefeiert, die ihre berufliche Perspektive in der Landwirtschaft sehen und sich gut darauf vorbereitet haben - 13 Agrarbetriebswirte sowie zehn junge Männer und eine Frau, die ihre Ausbildung zum Landwirt erfolgreich abgeschlossen haben. Einer davon ist der 21-jährige Nikita Ricken aus Menzelen-West.

Der junge Mann weiß sehr genau, auf was er sich da eingelassen hat. Ihm ist nicht bange. Er ist schließlich auf dem "Sevenboomshof" aufgewachsen und dort spielerisch an seine berufliche Bestimmung herangeführt worden. "Ich wollte schon als Kind Landwirt werden", sagt der ehemalige Schüler der Hauptschule in Alpen. Aber er hat sich, bevor er sich festgelegt hat, umgesehen, hat Praktika in einer Autowerkstatt und beim Schreiner gemacht.

Doch der Reiz, täglich mit und in der Natur sowie mit Tieren zu arbeiten, hat den Ausschlag gegeben. Er ist in die Fußstapfen getreten, die schon sein Urgroßvater Karl auf dem "Sevenboomshof" hinterlassen hat, und wo heute drei Generationen ihren Weg weitergehen. Opa Johannes (88) steht morgens noch immer im Stall bei der Fütterung der gut 400 Mastbullen. Sein Credo klingt fast philosophisch: "Das Faszinierende an Landwirtschaft ist die Arbeit mit der Natur. Auch wenn ein Bauer stets seine Begrenztheit erfährt, weil da immer noch ein Anderer mitmischt."

Diese Sicht teilt auch sein Enkel, der seit August als Geselle auf dem väterlichen Hof arbeitet. "Nach dem großen Regen im Sommer habe ich zum ersten Mal erlebt, dass wir Wasser vom Feld pumpen mussten", sagt Nikita Ricken. Kartoffelanbau ist das zweite wirtschaftliche Standbein auf Hof. Im Gewächshaus keimen bereits die Frühkartoffeln vor. Die Knollen kommen Ende Januar, spätestens Anfang Februar auf dem Acker in die Erde. Dann beginnt eine spannende Zeit, da Nachtfrost immer noch Schaden anrichten kann. "Man muss die Temperaturen im Auge behalten", so Nikita Ricken. "Deshalb werden auch grundsätzlich Folien ausgelegt." Landwirte könnten nie abschalten, damit nichts schief geht - auf dem Feld und im Stall. Die Nähe zu den Bullen etwa erfordere höchste Konzentration, auch wenn die kräftigen Tiere "mehr Angst haben als man meint". Doch zur Routine dürfe der Umgang nicht werden. Die könne fatale Folgen haben. "Man muss ihnen mit Respekt begegnen."

Dem Junglandwirt ist wichtig, dass die Bullen nicht mehr auf Spaltenböden stehen, sondern im Stroh. Das schone Knöchel und Klauen, die Tiere seien sauberer. "Es ist auch für einen selber viel schöner", sagt der 21-Jährige, der nach der Hauptschule zunächst seine Mittlere Reife gemacht hat, weil er später mal seinen Meister machen möchte. Dann begann er seine Ausbildung, die ihn auf verschiedene Höfe und zu Lohnunternehmen geführt hat, um ein breites Spektrum abzudecken. Dass für Hobbys kaum Zeit bleibt, damit hat sich der junge Mann abgefunden. Er hat gerade seinen Jagdschein gemach. Anders als viele Berufsgenossen in seinem Alter ist er weder in der Landjugend noch im Schützenverein. "Hat sich nicht ergeben", sagt er. Ein Einzelgänger ist er nicht. "Ich habe Freunde, auf die ich mich verlassen kann, die anpacken, wenn auf dem Hof mal Not am Mann ist", so Nikita Ricken.

Seine Leidenschaft, der waghalsige Ritt im Gelände auf seiner Motocross-Maschine, ist zuletzt etwas kurz gekommen. "Die Saison ist im Sommer. Wenn andere am Baggerloch liegen und grillen fällt auf dem Hof die meiste Arbeit an." Aber die tägliche Abwechslung entschädige für viele Entbehrungen. Auch seine Freundin, die in der Altenpflege arbeitet, habe viel Verständnis dafür, dass auf dem Hof zunächst das erledigt werden müsse, was anliegt.

Chef auf dem Hof ist weiter Vater Heiner Ricken, der weniger auf dem Trecker sitzt als auf dem Bürostuhl vorm PC. Die Bürokratie wird immer mehr. "Vieles ist nötig, manches nervt", findet Sohn Nikita. Für die Büroarbeit kommt eine Kraft zwei bis drei Mal die Woche. Neben zwei weiteren Festangestellten für die Landwirtschaft gehören zwischenzeitlich bis zu acht Saisonkräfte aus Osteuropa zum Personal.

Im Betrieb arbeitet auch Nikitas älterer Bruder Joscha (25). Der "kleine Bruder" Juri (18) geht noch zur Schule. Er wird wohl was Anderes machen. "Der Hof hat eine Größe erreicht, bei der es leichter ist, es zu zweit zu machen", sagt der mittlere Sohn. Die Verantwortung lasse sich gut aufteilen. "Ich bin sicher, dass wir einen guten Weg finden, miteinander klarzukommen", sagt Nikita. Dass er richtig unterwegs ist, daran zweifelt er nicht. Das Credo seines Opas ist auch für die jüngste Generation weiter gültig: "Landwirtschaft ist faszinierend und macht riesigen Spaß. Jeden Tag wieder."

(RP)
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