Landwirtschaft in Alpen Noch dämpft die Kälte die Lust aufs Kraut

Alpen · Für die Kräuter-Gärtnerei Schenkendorf ist die Pandemie nicht nur Fluch. Die Lust aufs Gärtnern wächst. Dafür gibt‘s in Bönning-Rill neben teils geheimnisvollen Samen und Pflänzchen wertvolle Ernährunsgtipps.

 Kräuterexpertin Ute Schenkendorf aus Bönning-Rill zeigt in ihrem Gewächshaus eine kleine Auswahl ihres riesigen Angebots an teils wundersamen Pflänzchen.

Kräuterexpertin Ute Schenkendorf aus Bönning-Rill zeigt in ihrem Gewächshaus eine kleine Auswahl ihres riesigen Angebots an teils wundersamen Pflänzchen.

Foto: Armin Fischer (arfi)

In der Corona-Pandemie stoßen selbst Jahrhunderte alte Volksweisheiten an ihre Grenzen. Omas These, dass gegen alles ein Kraut gewachsen ist etwa, scheint ausgedient zu haben. „Nein, gegen Covid ist kein Kraut gewachsen“, bestätigt Ute Schenkendorf, die in Rill eine Gärtnerei betreibt, in der sie unzählige Küchenkräuter sowie Heil- und Gewürzpflanzen anbaut. Aber zumindest für ein besseres Immunsystem kann jeder sorgen, sagt die Expertin: „Wer sich mineral- und nährstoffreich ernährt, ist sicherlich gut aufgestellt. Dabei sollte man auch die Kräuter nicht außer Acht lassen.“

Nicht nur aus Klassikern wie Rosmarin und Thymian lässt sich ein bekömmlicher Tee herstellen. „Wir trinken abends oft einen Tee aus taurischer Zistrose. Der hilft zwar nicht gegen Covid, stärkt aber das Immunsystem und die Abwehrkräfte. Das gleiche gilt für griechischen Bergtee, der zudem sehr bekömmlich ist“, so die Kräuterfrau.

Die Pandemie hat unterschiedliche Auswirkungen auf den Gärtnerei-Betrieb der Schenkendorfs, die sonst um diese Zeit von der Grünen Woche in Berlin zurückkommen, wo sie mit der Gruppe „Feines vom Land“ aus dem Kreis Wesel Nordhein-Westfalen geschmackvoll vertreten. Aber die Publikumsmesse ist der Pandemie ein zweites Mal zum Opfer gefallen.

Nicht nur die, so Ute Schenkendorf. Sie bedauert, dass auf der einen Seite weiter für sie wichtige Gartenfestivals und Stadtfeste wegfallen, aber andererseits erfreut feststellt, dass die Lust aufs Gärtnern im eigenen Garten in Zeiten von Homeoffice und Kontaktbeschränkungen enorm angestiegen ist.

Dass dennoch die Nachfrage nach Kräutern und anderem schmackhaten Grünzeug in diesen kalten Tagen noch nicht so richtig ins Rollen kommt, liege vermutlich auch am Unwissen vieler Hobbygärtner, sagt Ute Schenkendorf: „Viele wissen nicht, dass man auch im Herbst frische Salate und Kräuter für den Winter anpflanzen kann.“ Dabei liege es auf der Hand. Denn früher seien keine Lastwagen aus Spanien gekommen „Und die Menschen hatten trotzdem genug zu essen.“

Der Bedarf an fachgerechter Beratung sei, so Ute Schenkendorf, im Laufe der Pandemie stetig angestiegen. Sie hat dabei festgestellt, dass vor allem übertriebene Fürsorge für die Pflänzchen ein Problem vieler Freizeitgärtner sei: „Man sollte nur bei schönem Wetter an den Pflanzen rumknipsen. Schneidet man sie bei Regen, dringt Feuchtigkeit in die Wunden und verhindert, dass sie sich schließen.“ Wer seine Tomaten im Topf heranzieht, sollte darauf achten, dass dieser mindestens 20 Liter fasst. Denn Tomaten benötigen sehr viel Wasser. „Außerdem spielt die Ernährung eine große Rolle. Tomaten müssen regelmäßig gedüngt werden. Das unterschätzen viele. Dafür eignet sich zum Beispiel getrockneter Mist ganz hervorragend“, erklärt Ute Schenkendorf. Mist sei auch gut für die Kräuter im Hochbeet. Man bekomme ihn im Raiffeisenmark.

Für Tomaten-Liebhaber mit wenig Zeit und Ahnung hat sie eine ganz besondere Sorte: „Die Faulenzer-Tomate braucht keine regelmäßige Zuwendung. Sie muss auch nicht ständig ausgeknipst werden. Einfach gießen und abwarten. Reicht.“ Die Pflanzzeit für Tomaten beginne wie bei Basilikum Mitte Mai.

Wer es nicht abwarten kann, der kann Kräuter und Gemüse im Zimmergewächshaus vorziehen, Saatgut für unzählige Sorten kann man auf der Facebook-Seite der Gärtnerei Schenkendorf bestellen. Rosmarin und Thymian zum Beispiel können übrigens jetzt schon gepflanzt werden, auch wenn sie erst mit den ersten warmen Sonnenstrahlen im März wurzeln. Neben den Klassikern gibt es eine Reihe schmackhafter Pflanzen, die zu Unrecht als Unkraut gelten.

Dazu gehört zum Beispiel der wilde Sellerie. Dessen Geschmack hat eine leichte Note von Petersilie. Er ist nicht nur winterhart, sondern wächst auch „wie Unkraut“. „Man kann damit sehr gut Bratkartoffeln verfeinern oder ihn unter den Salat mischen“, sagt die Kennerin, die noch einen weiteren Geheimtipp für den winterlichen Garten preisgibt: Der Knollenziest lässt sie geradezu schwärmen. „Der galt früher als Delikatesse, schmeckt frisch, knackig und aromatisch. Die Knollen lassen sich zart garen, im Teig backen oder roh verzehren. Und das Schönste: Die Pflanze macht absolut keine Arbeit. Einmal in die Erde gesteckt, amüsiert sie sich ganz allein.“

 Herbstgemüse: Der Knollenziest kann auch roh gegessen werden.

Herbstgemüse: Der Knollenziest kann auch roh gegessen werden.

Foto: Armin Fischer (arfi)
 Im Topf steckt Wilder Sellerie – mit vielen Vitaminen und Mineralien.

Im Topf steckt Wilder Sellerie – mit vielen Vitaminen und Mineralien.

Foto: Armin Fischer (arfi)

Winterkräuter enthalten oft Bitterstoffe. Daher werden sie von Ernährungsexperten so geliebt. Bitterstoffe vertreiben den Süßhunger. Naschkatzen wider Willen rät Ute Schenkendorf: „Einfach ein Blatt Löffelkraut kauen. Das schmeckt zwar bitter, aber der Hunger auf Süßes ist dann weg.“ Oder wie wäre es mit Kalbsleber, in Mehl gebraten, dazu einen Chicoree-Salat mit Joghurt-Dressing? „Ein süßes Dessert brauchen sie danach bestimmt nicht mehr“, verspricht die Kräuterfrau aus Bönning-Rill.

(erko)
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