Rheinberg Praktikum mit extremen Erfahrungen

RHEINBERG · Der Rheinberger Jannis Otten hat sich auf den Philippinen um sexuell ausgebeutete Kinder und Jugendliche gekümmert.

 Jannis Otten (hinten stehend der dritte von links) mit anderen Betreuern und den Jungen der Wohngruppe. Vier Monate lang hat der 24-jährige angehende Sozialpädagoge hautnah erlebt, wie hart das Leben für die Kinder und Jugendlichen ist.

Jannis Otten (hinten stehend der dritte von links) mit anderen Betreuern und den Jungen der Wohngruppe. Vier Monate lang hat der 24-jährige angehende Sozialpädagoge hautnah erlebt, wie hart das Leben für die Kinder und Jugendlichen ist.

Foto: JO

Es läuft gut für Jannis Otten. Er hat sein Studium der Sozialen Arbeit an der Fachhochschule Bochum fast abgeschlossen, schreibt an seiner Bachelor-Arbeit und macht sich Gedanken über den ersten Schritt auf der beruflichen Karriereleiter. Dem 24-Jährigen steht die Zukunft offen. Wie sehr sich seine persönlichen Voraussetzungen für den Start ins Leben von denen junger Menschen in anderen Teilen der Welt unterscheiden, weiß Jannis zu genau.

In seinem Studium absolvierte er 2018 ein viermonatiges Praktikum auf den Philippinen, wo er für Preda tätig war. Die Organisation kümmert sich um notleidende und sexuell ausgebeutete Kinder und Jugendliche und ermöglicht ihnen einen Neustart in ein normales Leben. „Die Jungen waren zumeist straffällig geworden und waren in Jugendgefängnissen inhaftiert, die Mädchen kommen aus der Zwangsprostitution“, so der Rheinberger.

Er habe sich ganz bewusst für ein Praktikum in einem völlig anderen Kulturkreis entschieden, für einen Einsatz am komplett entgegengesetzten Ende der Skala seiner persönlichen Lebensrealität. In der Theorie habe er also gewusst, dass das, was auf ihn zukommt, in den Bereich Extremerfahrung fällt. „Doch von den Dimensionen habe ich mir kein Bild gemacht“, sagt Jannis heute. Kein Fernsehbericht, kein Zeitungsartikel könne das vermitteln.

Dabei sei es nicht die Arbeit mit den Jungen im „Boy Home“ (Wohngruppe für Jungen) gewesen, die ihn hat verzweifeln lassen. „Ich habe den Englischunterricht begleitet, Freizeit- und Outdoor-Aktivitäten gestaltet“, beschreibt Otten seinen Aufgabenbereich. Geschockt habe ihn der Umgang der Gesellschaft mit denen, die sich nicht wehren können, die keine Lobby haben. „Während meines Praktikums haben wir mehrere Jungen aus dem Gefängnis ins ‚Boy Home’ holen können“, sagt Jannis. Die Bilder aus einem der Gefängnisse Manilas haben sich in sein Gedächtnis gebrannt: Die Zellen heillos überfüllt, die hygienischen Zustände desolat. „Die Menschen vegetieren dort teilweise wie Tiere vor sich hin und werden auch so behandelt“, berichtet der Student.

Ein „Ausflug“ an einem freien Tag führt Jannis in das Bar- und Vergnügungsviertel der Stadt Baretto. „Oftmals von den eigenen Familien für ein paar Euro verkauft, stehen unzählige junge Mädchen in und an den Bars und buhlen um die meist älteren männlichen Touristen aus Europa und den Staaten“, schildert Jannis. Denn die versprechen das Überleben – zumindest fürs Erste. Für ein bisschen Geld verkaufen die Mädchen ihre Körper, ohne Tabus.

Und die Männer kaufen sich das alles, in erster Linie aber Macht über die Mädchen. Eine Tatsache, die Jannis durchaus frustriert, aber lange nicht desillusioniert. Er weiß: „Wir können nicht allen helfen, jedoch das Elend mildern“, sagt Jannis Otten über das Engagement von Preda. Dabei hat die Organisation strikte Grundsätze: Jeder bekommt nur eine Chance. „Wer aus dem Boys’- oder Girls’ Home abhaut und wieder rückfällig wird, wird kein zweites Mail aufgenommen“, betont der 24-Jährige. Die Extremerfahrung, die er auf den Philippinen gemacht hat, möchte Jannis Otten nicht missen. „Über den Tellerrand hinauszublicken, schärft den Blick fürs Wesentliche im Leben“, so das Fazit des Rheinbergers.

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