Brauchtum in Rheinberg Der Maibaum als Lebenszeichen

Rheinberg · Wegen der Corona-Pandemie ruht das öffentliche Leben weitgehend. Schützen des BSV Lohmühle in Vierbaum wollen aber wenigstens etwas Brauchtumspflege betreiben. Unter strengen Auflagen trafen sie sich deshalb zum Maibaum-Aufstellen.

 Der Kranz wird zuletzt befestigt. Dann wird der Baum aufgestellt.

Der Kranz wird zuletzt befestigt. Dann wird der Baum aufgestellt.

Foto: Armin Fischer (arfi)

Eigentlich beginnen im Mai die Feiertage für die Mitglieder des Bürgerschützenvereins Lohmühle. Doch auf der Internetseite des Vereins herrscht in der Rubrik „Veranstaltungen“ gähnende Leere. Einzig die Absage des Schützenfestes ist dort vermerkt und selbst das hatte der Vorstand in grenzenlosem Optimismus schon um ein Jahr verschoben. Dass König Mario Hög, der inzwischen den Namen seiner Königin und Ehefrau Rebecca Furth angenommen hat, länger als geplant regiert, stört ihn nicht: „Es findet ja nirgendwo etwas statt, dementsprechend habe ich auch nicht mehr Verpflichtungen als üblich.“

Einen Termin durfte er am Samstag dann aber doch wahrnehmen: Das Aufstellen des Maibaums durch die Grenadiere. „Im vergangenen Jahr war uns das aufgrund der hohen Inzidenz nicht erlaubt. Die ist zwar jetzt höher, aber unter der Voraussetzung, dass wir alle einen Selbsttest machen, hat uns das Ordnungsamt die Erlaubnis erteilt“, erklärte Kevin Scholz, Major der Grenadiere. Die gilt allerdings nur für das reine Aufstellen, das übliche Rahmenprogramm fällt den Corona-Regeln zum Opfer. Scholz: „Normalerweise sind der Spielmannszug Vierbaum und die freiwillige Feuerwehr dabei und wir treffen uns im Anschluss auf ein Bier im Restaurant Honnen.“

 Die Schützen des BSV Lohmühle stellen unter Corona-Bedingungen den Maibaum auf (v.l.): Tobias Hoffmann, Kevin Scholz, Lucas Klötter und Julian Niederholz.  RP-Foto: arfi

Die Schützen des BSV Lohmühle stellen unter Corona-Bedingungen den Maibaum auf (v.l.): Tobias Hoffmann, Kevin Scholz, Lucas Klötter und Julian Niederholz. RP-Foto: arfi

Foto: Armin Fischer (arfi)

Pünktlich um elf Uhr rollte der Maibaum auf dem Radweg an. Allein der Transport des zehn Meter langen Ungetüms bedeutete schon eine Herausforderung. Um ihn auf den Rasen vor dem Haus am Reitweg 13 abzulegen, mussten alle mit anpacken. Denn der Maibaum ist in Wahrheit eine Maistange. „Die ist aus rostfreiem Stahl und wiegt locker 200 Kilogramm“, sagte Scholz. Guido Eysenbrandt, Vorsitzender der Schützen, ist stolz darauf, viele fleißige Helfer im Verein zu haben, die zudem handwerklich geschickt sind: „Diesen Maibaum hat uns das Vierbaumer Urgestein und Exkönig Willi Münster in seinem Rohrleitungsbetrieb gebaut. Das ist ein Baum für die Ewigkeit.“

Damit der krönende Kranz zeitlich mithalten kann, haben ihn die Schützen aus einer Kunsttanne angefertigt. Sieht in luftiger Höhe eh keiner. Noch in der Waagerechten wurden die traditionellen Schilder der Gilden und Zünfte an Ausleger aus VA-Stahl befestigt. Hufschmied, Schäfer, Tischler und Co stellten früher die Mehrzahl der Vereinsmitglieder und wollten ihr Handwerk werbewirksam darstellen.

 Der Maibaum steht: „Wir mussten etwas tun, um wenigstens ein bisschen Brauchtumspflege zu betreiben“, sagte Guido Eysenbrandt vom BSV.

Der Maibaum steht: „Wir mussten etwas tun, um wenigstens ein bisschen Brauchtumspflege zu betreiben“, sagte Guido Eysenbrandt vom BSV.

Foto: Armin Fischer (arfi)

Als der Maibaum in den Maibaumständer gesetzt werden sollte, stehen die Grenadiere vor einem Problem, denn die Haltevorrichtung hatte in der langen Pause Rost angesetzt und musste erstmal gängig gemacht werden. Das gelang schließlich, so dass die grün-weiße Stange langsam in die Höhe gekurbelt werden konnte. Dort wurde es übrigens langsam eng, denn Bäume halten sich nicht an Abstandsregeln. „Den werden wir wohl im nächsten Jahr erstmal zurückschneiden müssen“, lautete die Erkenntnis von Guido Eysenbrandt.

Dann war es endlich soweit: Der Maibaum stand und die Schützen bekamen den wohlwollenden Applaus der wenigen Schaulustigen, die den Festakt mit reichlich Abstand verfolgten. Der BSV-Vorsitzende war erleichtert: „Es passiert ja überhaupt nichts mehr. Wir wollten mit dem Maibaum ein Lebenszeichen an den Ort senden. Wir mussten etwas tun, um wenigstens ein bisschen Brauchtumspflege zu betreiben.“

Bis Anfang Juni wird das Symbol für Wachstum, Fruchtbarkeit und Standhaftigkeit noch gegenüber vom Schwarzen Adler zu bewundern sein, dann wird er plötzlich verschwunden sein. „Der wird bei Nacht und Nebel abgebaut, ohne große Feier“, verrät Eysenbrandt.

(erko)
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