Hilfsangebot in Rheinberg Viele kommen ohne die Tafel nicht klar

Rheinberg · Am Dienstag war der letzte Ausgabetag der Rheinberger Anlaufstelle in diesem Jahr. Es wurden wieder viele Extra-Spenden verteilt, unter anderem Spielzeug. Viele Kunden sind berufstätig, kommen aber mit dem Lohn nicht aus.

 Hans-Werner Wild (56) aus Budberg freut sich über ein Weihnachtsgeschenk und eine warme Decke. Tafel-Koordinatorin Tanja Braun überreicht ihm die Sachen. 
  RP-Foto: A. Fischer

Hans-Werner Wild (56) aus Budberg freut sich über ein Weihnachtsgeschenk und eine warme Decke. Tafel-Koordinatorin Tanja Braun überreicht ihm die Sachen. RP-Foto: A. Fischer

Foto: Armin Fischer (arfi)

Tanja Braun, die die Arbeit der Rheinberger Tafel koordiniert, räumt mit einem weit verbreiteten Vorurteil auf. „Die Menschen, die dienstags zu uns kommen, um sich hier kostenlos Lebensmittelspenden oder Hygieneartikel abzuholen, sind keinesfalls alle Hartz-IV-Empfänger oder Flüchtlinge. Die meisten haben eine Arbeitsstelle, kommen aber vorne und hinten nicht mit dem Geld hin“, sagt die 46-jährige Rheinbergerin, die sich seit 15 Jahren ehrenamtlich bei der Tafel engagiert.

Als Beispiel nennt sie einen jungen Mann. Er ist einer von etwa 600 bei der Tafel registrierten und damit bezugsberechtigten Kunden. Verheiratet, zwei Kinder, 1600 Euro netto im Monat. Die Frau arbeitet nebenbei. Tanja Braun: „Die Mieten und die Nebenkosten sind heutzutage so hoch, dass nichts mehr übrig bleibt, wenn das Nötigste bezahlt ist. Dadurch, dass der Mann für seine Familie bei uns einige Dinge umsonst bekommt, bleiben vielleicht ein paar Euro, um den Kindern mal neue Schuhe zu kaufen, zum Frisör zu gehen oder mal mit der ganzen Familie eine Pizza zu essen.“

Solche Beispiele bringen auch manche der knapp 50 ehrenamtlichen Tafel-Helfer zum Nachdenken. Eva Zeitel (68) und Petra Götzen (64) aus Alpsray gehören zum Team. Die eine packt seit dreieinhalb, die andere seit sechs Jahren Woche für Woche mit an. „Ich mache das gerne, weil es eine sinnvolle Beschäftigung ist“, sagt Eva Zeitel. Petra Götzen meint: „Mir persönlich geht es gut, und dafür bin ich sehr dankbar. Deshalb möchte ich etwas zurückgeben und helfe gerne mit.“

Am Dienstag war der letzte Ausgabetag im und am Pfarrheim St. Anna. Jetzt gönnen sich die Helfer eine Weihnachtspause und sind erst im neuen Jahr am 11. Januar wieder für ihre Kunden da. Das heißt: Ausnahmsweise gibt es an zwei Dienstagen hintereinander bei der Tafel keine Lebensmittel.

Dafür waren die Lager jetzt umso mehr gefüllt. Neben den üblichen Lebensmitteln türmten sich die Spenden. Palettenweise Schokoladen-Nikoläuse, Stoff-Bienchen für Kinder und viele bereits verpackte Pakete aus unterschiedlichsten Wunschbaumaktionen. Tanja Braun: „Es gibt so viele Unternehmen, die uns unterstützen. Oft sind es die Mitarbeiter selbst, die die Aktionen initiieren.“ Die Rheinberger Jusos, das Aldi-Logistikzentrum, Solvay, Inovyn, die Europaschule (von dort kamen allein 420 Kilogramm Lebensmittel) und, und, und. . .

„Man kann das manchmal gar nicht mehr glauben, wie groß die Unterstützung ist“, so Braun. Die dreifache Mutter sei trotz ihrer langjährigen Erfahrung von manchem Schicksal emotional überwältigt, wie sie gesteht. Da ist zum Beispiel eine junge Frau aus Westafrika. Ihr zehnjähriges Kind habe eine geistige Behinderung. 2020 habe die Frau eine Fehlgeburt erlitten und in diesem Jahr habe sie wieder ein Kind bekommen, dass eine Behinderung habe. Das sei schrecklich. Aber umso mehr freue sie sich, dass man dem ältesten Kind ein ganz besonderes Spielzeug schenken könne.

Auch an Obdachlose wird gedacht. Für sie liegen Schlafsäcke, Wolldecken, Mützen, Schals und Handschuhe bereit. Tanja Braun: „Alles Spenden, die von Herzen kommen und zu Herzen gehen.“

(up)
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