Rheinberg Eine Chance für Asylbewerberinnen

Rheinberg · Textilfirma Bache Innovative macht aus dem Arbeitskräftemangel eine Tugend: Es setzt auf Asylbewerberinnen.

 Vorarbeiterin Ewa Hansel und die Asylbewerberinnen Dilorom Boboeva und Mastura Makhmudsoda vernähen Endfäden an Kleidungsstücken.

Vorarbeiterin Ewa Hansel und die Asylbewerberinnen Dilorom Boboeva und Mastura Makhmudsoda vernähen Endfäden an Kleidungsstücken.

Foto: Ostermann, Olaf (oo)

Was für Dilorom Boboeva (30) und Mastura Makhmudsoda (40) eine Chance ist, ist für Unternehmer Thorsten Bache ein Glücksfall. Eine echte Win-Win-Situation also. Mit geschultem Auge und viel Geschick vernähen die beiden Frauen aus Tadschikistan seit neustem bei der Bache Innovative GmbH die Endfäden in der Strickproduktion. „Eine wichtige Arbeit, die ausschließlich von Hand erfolgen und nicht maschinell durchgeführt werden kann“, betont der Geschäftsführer der Bache Innovative GmbH. Mit seinem Unternehmen fertigt der Textilingenieur seit 2005 Strickwaren im „total seamless“-Verfahren: die Pullover kommen am Stück fertig gestrickt aus der Maschine und müssen „nur noch“ endbearbeitet werden.

Für Thorsten Bache ist der viel beschriebene Fachkräftemangel in der Textilindustrie längst schmerzlich spürbar. „Gute Mitarbeiter zu finden, ist äußerst schwer“, berichtet er aus Erfahrung. Deshalb geht der 47-jährige Unternehmer einen neuen Weg: Mit den Damen aus Tadschikistan ergänzt er sein Team um zwei versierte Kräfte und ermöglicht so Asylbewerberinnen den Zugang zum Arbeitsmarkt und damit zur Integration. Der Schlüssel dafür: der Erwerb der deutschen Sprache. Im Rahmen des Mini-Jobs ermöglicht Thorsten Bache beiden Damen die Teilnahme an einem Sprachförderkurs. Doch wie kam der Unternehmer überhaupt auf die Idee, Asylbewerber einzustellen? „Es haben sich schon mehrfach Asylbewerber aus Syrien bei uns beworben“, erzählt Bach. Doch nicht immer haben die Vorstellungen von Bewerbern zum Anforderungsprofil von Bache gepasst. „Ich wünsche mir Mitarbeiter, die Geschick mitbringen und 100 Prozent zuverlässig sind“, formuliert der „Bache Innovation“-Chef seine Ansprüche. Von Dokumenten und Zeugnissen allein lässt sich der 47-Jährige bei der Einstellung nicht mehr blenden. Stattdessen verlässt er sich lieber auf sein Bauchgefühl nach einem Praktikum.

Bei Dilorom Boboeva (30) und Mastura Makhmudsoda (40) hat genau dieses Bauchgefühl gestimmt. Die 30-jährige Diloroam Boboeva arbeitet schon seit Mai für Bache und ist begeistert. Die zweifache Mutter hat schon in ihrer Heimat in der Bekleidungsindustrie gearbeitet und bringt viel Geschick im Umgang mit den unterschiedlichen Garnen mit. „Die Arbeit macht viel Freude und die Kollegen sind nett“, freut sich Dilorom Boboeva, die ihrem Ehemann nach Deutschland gefolgt ist. „Er hatte politische Probleme“, sagt sie. Auch Mastura Makhmudsoda kam mit Ehemann und vier Kindern wegen politischer Schwierigkeiten nach Deutschland. Seit Montag (11. Juni) ist sie an Bord des Bache-Teams und besucht nun den Sprachförderkurs der Vhs in Rheinberg. Noch läuft die Verständigung mit den Kollegen und Vorarbeiterin Ewa Hansel mit Händen und Füßen, doch ihre Deutschkenntnisse wachsen täglich. Und für ihre Tätigkeit erklärt sich vieles von selbst.

Thorsten Bache ist sehr zufrieden mit seinen neuen Mitarbeiterinnen und bereut diesen Schritt nicht. Auch der Dokumentations- und Verwaltungsaufwand mit den Behörden muss nicht abschrecken. „Das lief sehr unkompliziert“, bestätigt Bache. Als Arbeitgeber habe er ein zweiseitiges Dokument für die Kreisausländerbehörde ausfüllen müssen, rund zehn Tag später sei die Arbeitserlaubnis erteilt worden. Bei Asylsuchenden kann ab dem vierten Monat nach Einreise eine stellenbezogene Arbeitserlaubnis vom Mini-Job über Teilzeit bis zur Vollbeschäftigung erteilt werden.

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