Kommunalwahl in Rheinberg Die SPD lässt die Jungen von der Leine

Rheinberg · Die Rheinberger SPD schickt Philipp Richter als Nummer eins ins Wahlrennen. Der 26-Jährige ist designierter Fraktionschef im neuen Rat. Die junge Garde will „mehr Digitales wagen“.

 Die ersten fünf auf der Liste der SPD (von links): Karin Winkel, Friedhelm Kung, Peter Tullius, Claudia von Parzotka-Lipinski und Philipp Richter.

Die ersten fünf auf der Liste der SPD (von links): Karin Winkel, Friedhelm Kung, Peter Tullius, Claudia von Parzotka-Lipinski und Philipp Richter.

Foto: Fischer, Armin (arfi )/Fischer, Armin ( arfi )

Der Einstieg in den Wahlparteitag des SPD-Ortsvereins Rheinberg in der Stadthalle geriet ein wenig holprig. Am Ende aber stand ein überzeugendes Ergebnis. Zumindest, was die Zustimmung der 33 Genossen betrifft, die ihr Kreuzchen für die Kandidaten machen durften, die bei der Kommunalwahl am Sonntag, 13. September, ein gutes Ergebnis einfahren und die SPD-Fraktion möglichst stärker machen sollen. Die Vorschläge des Parteivorstandes für die Besetzung der 20 Wahlkreise und auch für die Rangfolge auf der Reservelise stießen auf breite Zustimmung. Es gab nur ganz vereinzelte Nein-Stimmen oder Enthaltungen.

Klar ist nun auch, dass die Genossen nach dem Tod von Ulrich Rühl ohne einen Bürgermeisterkandidaten ins Wahlrennen gehen. Das gebiete die Pietät, sagte Parteichef Peter Tullius: „Es wäre sein Parteitag gewesen. Aber so kann’s kommen.“ Die Genossen gedachten dem vor wenigen Wochen verstorbenen designierten Kandidaten wie auch ihrem ebenfalls kürzlich im Alter von 76 Jahren verstorbenen Genossen Klaus Bechstein, von 1994 an erster hauptamtlicher Bürgermeister der Stadt. Ob die SPD den Kandidaten einer anderen Partei unterstützt, war an dem Abend kein Thema. Frank Tatzel, sofern ihn die CDU wieder aufstellt, wohl auf keinen Fall. Da war die Positionierung des Landtagsabgeordneten René Schneider in einer Videobotschaft eindeutig: „Der heutige Bürgermeister ist den Job nicht wert.“

Unterdessen macht die SPD ernst mit ihrer Absicht, jungen Leuten operative Verantwortung zu übertragen. Als Spitzenkandidat geht der erst 26 Jahre alte Philipp Richter an den Start. Ein klares Signal. Richter soll Jürgen Madry im neuen Rat als Fraktionschef nachfolgen. So ist es ausgemacht. Der erfahrene Madry kandidiert nicht mehr.

Auf Platz zwei haben die Genossen mit Claudia von Parzotka-Lipinski eine Frau gesetzt, noch vor Parteichef Peter Tullius (62), der sich freut, dass junge Leute frischen Wind in die politische Arbeit trügen, weil sie eben einen ganz anderen Blick auf die Dinge hätten als Leute aus der „Rentnerband“.

Das deutete sich bereits im Ausblick auf den anstehenden „ganz anderen Wahlkampf“ an. Als Devise gab Vize-Parteichefin Hannah Bollig (25) eine moderne Übersetzung des Wahlkampfslogans des Ur-Genossen Willy Brandt aus: „Lasst uns mehr Digitales wagen.“ Der Partei­nachwuchs begreift die Beschränkungen in der Corona-Krise offenkundig als Chance, neue Kanäle zu bespielen, um die Menschen in Rheinberg politisch zu erreichen. Wahlkampfstände, die mit Kugelschreibern locken, waren gestern. Bollig und Richter finden Facebook, Youtube oder Podcasts reizvoller.

Einen kleinen Vorgeschmack auf die neue Zeit lieferte ein Promi aus Berlin. Juso-Chef Kevin Kühnert grüßte aus dem Willy-Brandt-Haus. Seine Grußbotschaft an die Rheinberger Genossen wurde zwischen den Wahlgängen auf die Leinwand gespielt als „Motivationsschub“, es richtig gut zu machen und „Reinberg aus dem Dornröschenschlaf zu wecken“ und „aufblühen“ zu lassen.

Was das inhaltlich bedeuten soll, sagte mit Tullius ein Alter: ein zukunftsweisendes Mobilitätskonzept, bezahlbares Wohnen, Kulturförderung und ein akzeptabler ärztlicher Notdienststandort zum Beispiel.

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