Rheinberger Schützenfest Sebastianer haben erstmals eine Königin

Rheinberg · Kathrin Stoppa-Viehoff schreibt Geschichte: Sie ist die erste Frau in der Rheinberger Innenstadt, die ein Königsschießen für sich entscheidet. Unter den vier Aspiranten waren mit Ute Geßmann und Monika van Holt zwei weitere Frauen.

 Frank Walter (v.l.), Monika van Holt, Schützenkönigin Kathrin Stoppa-Viehoff und Ute Geßmann freuen sich zu später Stunde nach dem Siegtreffer.

Frank Walter (v.l.), Monika van Holt, Schützenkönigin Kathrin Stoppa-Viehoff und Ute Geßmann freuen sich zu später Stunde nach dem Siegtreffer.

Foto: Armin Fischer (arfi)

Als der entscheidende Schuss am späten Montagabend fiel, dauerte es einen kleinen Moment, bis Jubel und Applaus auf der Schützenwiese an der Moerser Straße aufbrandeten. Es war bereits 23.12 Uhr und es war schon ziemlich dunkel. Der Rest des tapferen Holzvogels hing, angeleuchtet von einem zwischenzeitlich aufgestellten Strahler, gerupft im Kugelfang. Dann ein Knall, der rechte Flügel fiel – und in der Rheinberger Innenstadt gab es zum ersten Mal eine Schützenkönigin. Kathrin Stoppa-Viehoff riss am Schießstand unter dem Pavillon die Arme hoch, um Sekunden später zunächst von ihren Mitaspiranten und danach von zahlreichen anderen Schützen und Besuchern des Spektakels fast erdrückt zu werden. „Super“ – mehr wusste die 42-jährige Rheinbergerin, noch total baff, nicht auf die Frage zu antworten, wie man sich denn so als erste Schützenkönigin fühlt.

Was sich da beim Preis- und Königsschießen der altehrwürdigen St.-Sebastianus-/St.-Georgius-Schützenbruderschaft abgespielt hat, ist schon eine kleine Sensation. Kathrin Stoppa-Viehoff ist nicht nur die erste Königin, es war auch das erste Mal, dass sich überhaupt Frauen als Aspirantinnen beim Königsschießen gemeldet hatten. Richtig gelesen: Frauen. Denn mit Ute Geßmann und Monika van Holt gab es zwei weitere Bewerberinnen. Und mit Frank Walter auch einen Mann. Der hatte sich als erster aus der Deckung gewagt, hatte Sebastianer-Präsident Heinz Geßmann schon Tage vor dem großen Ereignis signalisiert: „Ich bin dabei!“

Monika van Holt war beim Vogelpreisschießen erfolgreich. Sie schoss den Kopf des Vogels ab.

Monika van Holt war beim Vogelpreisschießen erfolgreich. Sie schoss den Kopf des Vogels ab.

Foto: Armin Fischer (arfi)

So lieferten sich die drei Damen und der eine Herr einen fairen Wettstreit bis zu jenem entscheidenden Schuss von Kathrin Stoppa-Viehoff. Es war der neunzigste. Und Hunderte Besucher auf der Festwiese staunten nicht schlecht: „Frauen vor, das Schützenfest wird endlich weiblich“ – Kommentare wie diesen hörte man unentwegt. Und auch diesen: „Mal schauen, wann aus der Bruderschaft eine Schwesternschaft wird.“

Ute Geßmann, Monika van Holt und Kathrin Stoppa-Vierhoff versicherten, dass ihre Entscheidung vorzutreten ganz spontan erst am Montag gefallen sei. „Das war nicht geplant“, so Ute Geßmann. 

Aber auch abgesehen von der weiblichen Dominanz war bei diesem Schützenfest vieles anders als sonst. Das fing schon mit der Rückwand des Kugelfangs an, die nicht mehr wie bisher weiß angepinselt werden durfte, sondern „bio“ bleiben musste. Der Holzvogel, den zum vierten Mal Karl Baumgärtner gebaut hatte, war ebenfalls wegen neuer Vorgaben nicht aus Fichte oder Tanne, sondern aus Pappelholz. „Da gehen die Kugeln glatt durch, Pappelholz splittert nicht“, sagte Baumgärtner. In der Folge hatte das Auswirkungen. Es dauerte merklich länger, bis die Preise fielen.

Gegen 16 Uhr hatten sich rund 70 Frauen und Männer daran gemacht, auf die Vogelpreise zu schießen. Als um kurz vor 20 Uhr rechter Flügel und Schwanz immer noch nicht abgeschossen waren, änderte die Schießleitung das Reglement zum ersten Mal. „Sobald der linke Flügel fällt, ist das Vogelpreisschießen beendet“, gab Clemens Geßmann, Vizepräsident der Sebastianer, bekannt. Eine gute Viertelstunde später hatte Viktoria Viehoff, die Tochter der späteren Königin, jenes Holzstück heruntergeschossen und damit diesen Wettbewerb beendet. 

Ab 21 Uhr legte dann das Aspiranten-Quartett abwechselnd an und zielte auf den Vogel in 9,50 Meter Höhe. Aber es blieb ein zähes Geschäft. Um 22.45 Uhr folgte die nächste Regelanpassung, wiederum von Clemens Geßmann verkündet. Sollten der rechte Flügel oder der komplette Rumpf herunterfallen, habe der Schütze oder die Schützin, der oder die getroffen hat, gewonnen. 

Alles fand unter den Augen zahlreicher Besucher statt. Überall standen Grüppchen, es wurde geklönt und gefeiert. Der Kirmesbetrieb lief bei dem schönen Wetter auch gut. Ob Autoscooter, Musik Express, Scheibenwischer oder Kinderkarussell, überall herrschte reger Betrieb. Typische Kirmes-Leckereien wie Lebkuchenherzen oder Zuckerwatte waren begehrt.

Jana (v.l.), Neele, Emma und Malie auf dem Musik Express.

Jana (v.l.), Neele, Emma und Malie auf dem Musik Express.

Foto: Armin Fischer (arfi)

Am Dienstagabend endete das Rheinberger Schützenfest mit dem Krönungsball für die neue Regentin im Festzelt. Zuvor hatten sich die Sebastianer in der Innenstadt unter anderem mit einem Fahnenschwenken dem Schützenvolk präsentiert. Das Fest ging „reichlich weiblich“ zu Ende.

(up)
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