Rheinberg-Budberg Stolz auf den Retter des Bomber-Piloten

Rheinberg-Budberg · Im August 1944 stürzte in Budberg ein amerikanischer B17-Bomber ab. Der Pilot landete mit dem Fallschirm am Hecklerweg. Franz Baaken rettete ihm das Leben. Nun kommt der Sohn des Piloten aus den USA, um sich zu bedanken.

 Fünf der acht Kinder von Franz Baaken (von links): Regina Croonenbrock (80), Elisabeth Stratmann (81), Margarete Strake (82), Magdalena Schmitt (72) und Maria Strootmann (75) am elterlichen Hof in Budberg am Heckerweg.

Fünf der acht Kinder von Franz Baaken (von links): Regina Croonenbrock (80), Elisabeth Stratmann (81), Margarete Strake (82), Magdalena Schmitt (72) und Maria Strootmann (75) am elterlichen Hof in Budberg am Heckerweg.

Foto: Uwe Plien

Es sei eine kleine Sensation gewesen, was sich damals an diesem Sommertag ereignet habe, erzählt Elisabeth Stratmann. Ein amerikanischer Bomber vom Typ B17 – die „Hard to get“ – stürzt am 26. August 1944 zwischen Budberg und Eversael ab, wenig später kommt ein junger Mann mit einem Fallschirm angeflogen. „Und er landet gleich neben unserem elterlichen Hof am Hecklerweg“, so Magdalena Schmitt. Der junge Mann, damals um die 20, war Dean C. Allen, der Pilot der von der deutschen Luftabwehr abgeschossenen Maschine.

Regina Croonenbrock (80), Elisabeth Stratmann (81), Margarete Strake (82), Magdalena Schmitt (72) und Maria Strootmann (75) sind Schwestern, die mit drei weiteren Geschwistern am Hecklerweg aufgewachsen sind. Regina Croonenbrock kann sich gut erinnern. Ihre Schwestern waren teilweise noch zu jung oder noch gar nicht geboren, wissen aber aus Erzählungen, was sich an jenem Tag zugetragen hat. Ein Ereignis, dass bis heute in die Familie hineinwirkt.

Der Amerikaner landete unversehrt. „Ich habe mich gewundert, dass er piccobello gekleidet war“, so Regina Croonenbrock. „Der sah tiptop aus, mit strahlend weißen Socken.“ Kaum war der junge Soldat am Boden, da kamen auch schon Männer mit Mistgabeln und Schlagstöcken „und wollten ihm ans Leben“, erzählt Margarete Strake. Die Schwestern sind sich einig: „Wenn unser Vater nicht gewesen wäre, hätten die ihn umgebracht.“

 Ein Foto von Franz Baaken aus seiner Amtszeit als Budberger Bürgermeister.

Ein Foto von Franz Baaken aus seiner Amtszeit als Budberger Bürgermeister.

Foto: Familie Baaken

Zum Glück war Franz Baaken da. Der damals 40-Jährige stürmte Dean Allen entgegen und übernahm das Kommando. „An den kommt mir keiner ran, sonst gibt’s Ärger“, habe er geschrien. Regina Croonenbrock: „Ich glaube, der Amerikaner hat sofort gewusst, dass mein Vater ihn beschützt.“

Franz Baaken brachte den Piloten mit seinem Fahrrad zur Kommandatur im Budberger Bürgermeisteramt, wo er dem Diensthabenden das Versprechen abverlangte, dass dem Gefangenen nichts Böses geschehe. So kam es auch: Der US-Soldat kam zunächst in Kriegsgefangenschaft und kehrte später in die USA zurück, wo er eine Familie gründete. 1980 ist Dean Allen gestorben – tragischerweise bei einem Flugzeugabsturz.

Die Baaken-Schwestern sind stolz auf ihren Vater. „Das hätte für ihn auch anders ausgehen können“, sagt Maria Strootmann. „Schließlich waren die Amerikaner ja Feinde.“ Dean Allen erwies sich als dankbar. „Er hat meinen Eltern seinen Fallschirm geschenkt“, erzählt Magdalena Schmitt. „Aus der weißen Fallschirmseide hat meine Mutter für uns und für sich Kleider genäht.“

 Fünf Crewmitglieder des amerikanischen B17-Bombers „Hard to get“ (von links): Chuck Rapp, Robert Newsbigle, Eugene LeVeque, Dean C. Allen und  Michael Vlahos.

Fünf Crewmitglieder des amerikanischen B17-Bombers „Hard to get“ (von links): Chuck Rapp, Robert Newsbigle, Eugene LeVeque, Dean C. Allen und  Michael Vlahos.

Foto: Courtney Allen

Baaken wurde nach dem Krieg von den Alliierten zum Bürgermeister ernannt. Dabei habe auch eine Rolle gespielt, dass er dem Piloten das Leben gerettet hat. Bis 1963 blieb er erster Bürger der damals noch selbstständigen Gemeinde. 1996 starb er, 92 Jahre alt.

Seine Kinder beschreiben ihn als einen resoluten, mutigen Mann, für den es selbstverständlich gewesen sei, sich für andere einzusetzen. Klein von Statur, aber eine Respektsperson. „Tue Recht und scheue niemand“, lautete sein Leitspruch. In die NSDAP sei er nie eingetreten. „Die Hakenkreuzfahne wurde bei uns nie gehisst. Daraus hat meine Mutter Kleider genäht“, so Regina Croonenbrock. Als überzeugter Katholik habe Baaken mit den Nazis nichts zu tun haben wollen.

Regina Croonenbrock lebt heute noch im Haus am Hecklerweg. Dort sind die Erinnerungen an jenen 26. August 1944 in diesen Tagen zum Greifen nahe. Denn der 58-jährige Courtney Allen, Sohn des damals geretteten Piloten, besucht die Familie, um sich für die Tat zu bedanken. Er reist dafür aus Atlanta im US-Bundesstaat Georgia an. Courtney Allen hat erst vor wenigen Wochen erfahren, was damals geschehen ist. „Mein Vater hat kaum darüber gesprochen“, schreibt der Sohn in einer Mail. Die Begegnung mit den Kindern von Franz Baaken sei für ihn ein Ereignis von enormer Tragweite: „Es wird eine Erfahrung, die mein Leben verändert.“

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