Zukunft der alten Reichel-Areals in Rheinberg Politik steht bei der Messe ein schwieriger Spagat bevor

Rheinberg · Eine angehende Architektin bringt mit ihrer Masterarbeit neuen Drive in die Diskussion um die Zukunft des Messe-Niederrhein-Areals. Ein Ansatz, der ernsthaft diskutiert werden sollte.

 Es geht um die Zukunft des Rheinberger Messe-Geländes am Annaberg.

Es geht um die Zukunft des Rheinberger Messe-Geländes am Annaberg.

Foto: ja/Arnulf Stoffel (ast)

Was die angehende Architektin Leslie Schelper aus Düsseldorf in ihrer preisgekrönten Masterarbeit entwickelt hat, ist ein ebenso faszinierendes wie wegweisendes Konzept. Es greift Vieles von dem auf, was heutzutage von Stadtplanern gepredigt und als richtig erachtet wird. Es geht um den Bau einer nachhaltigen Wohnsiedlung auf der Grundlage der alten Messe-Hallen am Rheinberger Annaberg. Die sollen nach jetzigem Stand abgerissen und durch neue ersetzt werden. Leslie Schelper ruft empathisch und aus voller Überzeugung: Lasst sie doch stehen, entwickelt etwas einzigartig Neues, spart Rohstoffe – vor allem Kies – und schafft hochwertigen Wohnraum, der mit Sicherheit weit über Rheinbergs Grenzen hinaus auf ein sehr positives Echo stoßen dürfte. Die architektonische Formsprache einer Industriekulisse vergangener Tage bliebe erkennbar: halbrunde Sheddächer als bauliches Erbe eines Unternehmens (Heimtextilwerk Herbert Reichel), das die Stadt geprägt hat.

Schelper weiß, wie wichtig neue Gewerbeflächen und damit verbundene Gewerbesteuereinnahmen für die Stadt sind. Deshalb der Vorschlag, einen Flächentausch zu überprüfen: Lässt sich nicht das zur Wohnbebauung vorgesehene Areal Annaberg West an der Umgehungsstraße zu einem Gewerbegebiet machen? Zum Wohnen sei es dort wegen der benachbarten Autobahn 57 ohnehin viel zu laut, heißt eine Befürchtung. Hemmender dürfte das von der Stadt in Auftrag gegebene Gutachten sein, das einen Mindestabstand zum Störfallchemiebetrieb Inovyn definiert. Bedeutet: Was jetzt schon in der „Sperrfläche“ liegt, darf stehen und weiter bewohnt bleiben, aber Neues (zum Beispiel da, wo die Messe-Hallen sind) hat keine Chance darauf, umgesetzt zu werden.

Das wird ein schwieriger Spagat für die Politik, der die Masterarbeit am 8. August vorgestellt wird. Sie muss entscheiden, ob sie einen architektonisch überaus reizvollen Entwurf zurückweisen oder die bestehenden Rahmenbedingungen an der Messe in Frage stellen soll. Keine dankbare, keine leichte Aufgabe. Aber eine, die es Wert ist, ernsthaft angegangen zu werden. 

Uwe Plien

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