Konzert Klassik ganz modern und auch mal jazzig

Rheinberg · Wie entwickelt man klassiche Musik weiter? Indem man solistisch fasziniert und auch neue Elemente in diese Musik mit einarbeitet. Beide Ansätze vereinigt der Komponist und Pianisten Franz Vorraber auf sich.

 Das Südwestdeutsche Kammerorchster Pforzheim

Das Südwestdeutsche Kammerorchster Pforzheim

Foto: Busch

Er gilt als einer der bedeutendsten Schumann-Interpreten der heutigen Zeit und leitet das Südwestdeutsche Kammerorchester Pforheim.

Für das letzte Konzert in diesem Jahr hatte die Musikalische Gesellschaft Rheinberg um die 1. Vorsitzenden Lore Rabe das Orchester verpflichtet, um nochmal einen Höhepunkt zu setzen. Und die Besucher in der sehr gut gefüllten Stadthalle erlebten 100 Minuten lang richtig gute klassische Musik.

Den Anfang machte das Kammerorchester mit Bach  – nicht mit Johann Sebastian, sondern mit dem „Konzert für Klavier und Orchester Es-Dur, VII/5“ seines jüngsten Sohnes Johann Christian Bach, dass deutlich durch das klassische Wechselspiel von Tutti und Soli geprägt war.

Dabei überzeugte Vorrabers ruhiges, filigranes Spiel, jede Note bewegend und innig im Ausdruck im „Andante“. Beim „Allegro“ zeigte sich bereits seine ungeheure Fähigkeit des schnellen, flüssigen Spiels. Diese unglaublichen Fähigkeiten präsentierte er dann im Anschluss auch bei dem „Concerto classico op. 37“   – eine Eigenkomposition, die wie eine frische Brise durch den Konzertsaal fegte.

Bei dem furiosen „Allegro“-Auftakt zeigte er unfassbare Tempoläufe, setzte Tonsprünge und -cluster, ließ seine Noten hüpfen und wurde dabei kongenial von den zugespitzt, stakkatohaften Streichern seines Orchesters begleitet. Bedrohlich-düster, fast filmisch mit einem faszinierenden Thema wirkte das „Andante“.

Und das „Allegro“  war wie das ganze Stück dann der gewagte Parforceritt im klassischen Gewand, phasenweise rythmisch und melodisch „experimentell“. Deutlich waren die Anleihen an Komponisten und Jazzmusiker wie George Gershwin, Oscar Peterson oder Gonzalo Rubalcaba mit seinem karibischen Touch.  Dazu gesellte sich der furiose Blitz am Klavier  – ein fantastischer Moment.

Danach hätte das Orchester auch aufhören können, setzte aber nach der Pause mit dem sehr emotional interpretierten „Klavierquartett a-Moll“ von Gustav Mahler in Orchesterfassung  einen weiteren brillanten Akzent  – laut-leise, reduziert mit dem Klavier als Brücke zu den sehr gefühlvollen Violinen und meisterhaft romantisch.

Bei Mozarts „Divertimento KV 136, D-Dur“ zeigte sich erneut die klare Kontur, der Drive und die klangliche Balance des Ensembles, dass allerdings beim „Andante“ nach dem furiosen Melodien zuvor zu brauchen schien, um den weichen Charakter des Absatzes auszudeuten.

Und bei Joseph Haynds „Konzert für Klavier und Orchester F-Dur Hiob XVII/3“ bot Vorraber im „Largo cantabile“ einen  Zaubermoment, als er  mit dem leise zupfenden Orchester in seinem Rücken klanglich intimste Emphatie preisgab, dann im „Presto“ nochmal im Verbund die Funken sprühen ließ.

Dass in ihm fast ein Jazz-Improvisateur steckt, bewies Franz Vorraber bei der mit Varianten versehenen Auskleidung des bekannten Weihnachtsliedes „Morgen kommt der Weihnachtsmann“ ganz am Ende eines nicht alltäglichen Konzerts. Applaus!

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort