66-Jährige aus Rheinberg pilgert 730 Kilometer Mit viel Vertrauen auf dem Pilgerweg

RHEINBERG · Karola Schäfer hat sich einen langjährigen Traum erfüllt. Die 66-jährige Rheinbergerin ist in fünf Wochen und 28 Etappen 730 Kilometer auf dem Jakobsweg von Pamplona bis Santiago de Compostalla gewandert.

 Rheinberg - Karola SchŠfer ist den Jakobsweg gelaufen -  eine ganz besondere Erfahrung fŸr die Rentnerin

Rheinberg - Karola SchŠfer ist den Jakobsweg gelaufen - eine ganz besondere Erfahrung fŸr die Rentnerin

Foto: Fischer, Armin (arfi)

Selbstfindung, spirituelle Erfahrung oder schlicht sportliche Herausforderung – jeder, der sich entscheidet, auf dem Jakobsweg zu pilgern, hat seine ganz persönlichen Beweggründe. Wer diesen Weg beschritten hat, kommt als anderer Mensch zurück. Das bestätigt auch Karola Schäfer. Seit mehr als 25 Jahren träumte sie vom Jakobsweg. Jetzt hat sie diesen Wunsch in die Realität umgesetzt.

Fünf Wochen lang ist sie quer durch Spanien gelaufen, ist von Pamplona kurz hinter den Pyräneen bis nach Santiago de Compostela gepilgert. Rund 730 Kilometer hat sie auf der Tour zurückgelegt, aufgeteilt in 28 Etappen, durchschnittlich hat sie 25 Kilometer pro Tag geschafft.

Zeit für Begegnungen. Mit ganz unterschiedlichen Menschen, aber auch mit sich selbst. Zwei wesentliche Dinge habe sie in dieser Zeit über sich gelernt, erzählt die 66-Jährige: Grundlegendes Vertrauen in Menschen zu setzen und den eigenen Ehrgeiz bisweilen über Bord zu werfen.

Zurück im heimischen Wohnzimmer ist sie gleichermaßen verwundert und stolz, mit welcher Stärke sie diese Pilgerreise gemeistert hat. „Dabei bin ich jeden einzelnen Schritt gelaufen, aufgeben war nie eine Option für mich“, betont Karola Schäfer.

Auch wenn der Weg beschwerlich und steinig wurde, und sie sich auf nichts anderes als auf den nächsten Schritt und ihre eigenen Bewegungen konzentrieren konnte. „Jeder Pilger läuft für sich allein“, bestätigt Karola Schäfer. Doch die vielen Begegnungen mit den Menschen und die unvergesslichen Erlebnisse seien die Mühen auf jeder einzelnen der Etappen Wert gewesen.

Am Ende waren es die kleinen Momente des Glücks, die sie jeden Tag neu aufbrechen ließen: Wenn sie von zwei buddhistischen Spaniern zum selbst gekochten Essen eingeladen wurde, ihr eine junge Frau auf dem steilen Anstieg nach O Cebreiro anbot, ihren Rucksack zu tragen, oder sie sich in einer einfachen Pilgerherberge mit Menschen aus fünf Nationen gemeinsam ein kleines Zimmer teilte.

„Auf den einzelnen Etappen bin ich immer mal wieder denselben Menschen begegnet, dann sind wir ein Stück des Weges gemeinsam gegangen und haben uns oftmals über sehr Persönliches ausgetauscht, ohne dass das Gefühl zu haben, es sei falsch“, erzählt Karola Schäfer bewegt.

Quasi abgeschnitten von den Eindrücken des Weltgeschehens habe sie es sehr genossen, auch einfach nur die Natur zu betrachten. Das Smartphone war die einzige Verbindung zur Welt. „Meine Lieben zu Hause sollten doch wissen, dass es mir gut geht“, sagt die Jakobspilgerin.

Lediglich auf der Strecke nach Meseta hat sie das Ende des Pilgertages geradezu herbeigesehnt. „18 Kilometer schnurgeradeaus, kein Baum, kein Strauch, bei sengender Sonne“, erzählt Karola Schäfer. Da habe sie gemerkt, dass die Kräfte schwinden. Nicht zuletzt weil schon 15 stramme Kilometer hinter ihr lagen. Mit einer Belgierin und einer Amerikanerin habe sie diese Strecke gemeistert „Viel gesprochen wird dann nicht mehr“, sagt die ehemalige Verkäuferin, die gelernt hat, dass es nicht viel braucht, um zufrieden zu sein. Gerade die staatlichen Pilgerherbergen sind sehr einfach, oft gibt es gerade mal eine Matratze, die Nacht verbringt man in Mehrbettzimmern. „Man duscht, wäscht, was man am Leib trägt, und beendet den Tag beim Essen in Gemeinschaft mit anderen Pilgern“, schildert Schäfer.

Körperliche Grenzerfahrungen, die andere Pilger schildern, hat die Rheinbergerin nicht gemacht. Sie ist mit einer maximalen Vorbereitung – sie läuft seit mehreren Jahren fast täglich etwa sechs Kilometer – und minimaler Ausstattung auf Pilgerreise gegangen ist. Gute Schuhe, Socken und Stöcke sind das A und O“, betont die Rentnerin. Und ein Rucksack, der mit nicht mehr als sechs Kilo „Zuladung“ keinen Platz für überflüssigen Schnickschnack ließ.

Nach fünf anstrengenden, aber unvergesslichen Wochen weiß Karola Schäfer: „Man kann jeden Weg alleine beginnen, aber man bleibt nicht alleine.“

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