Innenstadtsanierung in Rheinberg „Diese Baustelle ist eine Katastrophe“

Rheinberg · Die Innenstadtsanierung in Rheinberg ist weitgehend abgeschlossen. Auf der letzten Etappe in der Gelderstraße gibt es aber noch richtig Ärger. Geschäftsleute sind sauer auf die Stadt. Die zeigt Verständnis; es sei einiges schiefgelaufen.

 Myriam Kuckmann (Lohnsteuerhilfeverein, von links), Sabrina Kreische und Bärbel Nußbaum (beide Fußpflege), Daniel Herwix (Reisebüro Herwix) und Oliver Kreische (Signal Iduna Versicherung) auf der Gelderstraße: „Man hat den Eindruck, die ganze Baustelle ist eine einzige Katastrophe.“

Myriam Kuckmann (Lohnsteuerhilfeverein, von links), Sabrina Kreische und Bärbel Nußbaum (beide Fußpflege), Daniel Herwix (Reisebüro Herwix) und Oliver Kreische (Signal Iduna Versicherung) auf der Gelderstraße: „Man hat den Eindruck, die ganze Baustelle ist eine einzige Katastrophe.“

Foto: Uwe Plien

Die Rheinberger Innenstadtsanierung ist fast abgeschlossen. Nach Großer Markt, Holz- und Fischmarkt, Kirchvorplatz, Alte Poststege, Kamper Straße und Beguinenstraße ist jetzt auch die Fußgängerzone weitgehend fertig. Bis jetzt hielten sich die Beschwerden von Anwohnern und Einzelhändlern in Grenzen. Auf der letzten Etappe, dem kleinen Stück Gelderstraße bis zum Innenwall, schlägt die Stimmung nun allerdings ganz gewaltig um. Eine Reihe von Geschäftsleuten hat – salopp gesagt – den Papp auf und ist stinksauer. Vor allem auf die Stadt.

Myriam Kuckmann vom Lohnsteuerhilfeverein an der Gelderstraße 35 bringt auf den Punkt, was sie und ihre Nachbarn denken: „Man hat den Eindruck, die ganze Baustelle vor unseren Türen ist eine einzige Katastrophe.“ Mal werde gearbeitet, mal nicht. Straße auf, Straße wieder zu. Dann hätten die Arbeiter sie über die komplette Breite aufgerissen, so dass niemand mehr wusste, wo er laufen sollte. Ein Arbeiter habe gesagt, so eine verkorkste Baustelle habe er seit 26 Jahren nicht gehabt.

„Wir haben wirklich massive Probleme“, so Bärbel Nußbaum von der Fußpflege Nußbaum-Herzig-Kreische an der Gelderstraße 39. Die Geschäfte seien zwischenzeitlich kaum erreichbar gewesen. „Die Stufen waren so hoch, dass vor allem ältere Kunden kaum noch reingekommen sind“, sagt ihre Kollegin Sabrina Kreische. Erst auf massives Drängen hin sei Sand angeschüttet worden. Ihr stecke immer noch der Schreck in den Knochen, weil es in den vergangenen zwei Wochen zu gleich drei schweren Stürzen gekommen sei. Zwei Passanten hätten sich Knochenbrüche zugezogen, erst am Mittwoch sei eine Frau so übel gefallen, dass ein Notarzt kam und sie ins Krankenhaus gebracht wurde. „Der Notarzt war total sauer und hat nur gesagt, diese Baustelle müsste man sofort stilllegen“, so Bärbel Nußbaum.

Anke Lange vom „Froschkönig“ kann nicht nachvollziehen, warum nicht wie auf der anderen Seite der Gelderstraße erst der eine und dann der andere Gehweg so hergerichtet worden seien, dass man dort hätte laufen können. Doch damit nicht genug. Daniel Herwix, der im Haus Nummer 41 ein Reisebüro betreibt und oben drüber wohnt, mag abends kaum aus dem Fester schauen: „Die Baustelle ist nicht beleuchtet, nicht vernünftig abgesperrt und nicht richtig ausgeschildert, dann laufen die Passanten kreuz und quer, stolpern und fallen schlimmstenfalls über die Eisenstangen, die an vielen Stellen aus der Erde ragen.“

Oliver Kreische, der im Haus Nummer 46 eine Versicherungsagentur hat, weist darauf hin, dass der Abschnitt längst fertig sein sollte, schon im April: „Seit drei Monaten sind die hier jetzt schon dran.“ Davon, dass sich die Tür seines Geschäfts nicht mehr schließen lassen habe, will er gar nicht reden.

Ungeplante Stromausfälle, Risse im Mauerwerk, für die niemand die Verantwortung übernehmen wolle, kaputte Computer durch Erschütterungen. „Und niemand von der Stadt hat sich blicken lassen“, beschweren sich die Geschäftsleute, die den Kaffee aufhaben und nur noch hoffen, Lärm, Dreck und Ärger bald hinter sich lassen zu können. „Aber Gewerbesteuer dürfen wir zahlen und die Rechnung für unseren Anteil an den Baukosten haben wir auch schon bekommen“, klagt Oliver Krische. „Man könnte das ja alles noch hinnehmen, wenn wir nicht so viel Geld dafür bezahlen müssten“, sagt Daniel Herwix.

Auch Metzgermeister Axel Brandt schließt sich den Klagen seiner Nachbarn an. Er hat seinen Laden zwar an der Straße Am Kamperhof, doch auch er war von Stromausfällen betroffen. „Wenn man wie ich zwei Kühlhäuser hat und eine Kühltheke, ist das ein echtes Problem“, sagt er. „Die Stadt hätte die ganze Baustelle wirklich besser begleiten müssen. Etwas mehr Flexibilität wäre gut gewesen.“

Dieter Paus, Technischer Beigeordneter der Stadt, kann den Zorn der Geschäftsleute gut verstehen. „Es ist wirklich einiges schlecht gelaufen“, räumt er ein. „Wir waren 30 Meter vor dem Ziel – und dann ging vieles schief.“ Hauptauslöser sei gewesen, dass Telekom, Vodafone und Westnetz ihre Kabel komplett umlegen mussten. Und da gab es Probleme, und es kam zu Verzögerungen.“ Das habe dazu geführt, dass sich die Arbeiten zeitweilig über die ganze Straßenbreite gezogen hätten. Er bedauere die Unannehmlichkeiten, sagte aber auch: „So etwas lässt sich bei Baustellen dieser Art nie ausschließen.“ Dass sich niemand von der Stadt habe blicken lassen, weist er allerdings entschieden zurück: „Unser Bauleiter war jeden Tag auf der Baustelle.“

Bis Ende Mai seien die Arbeiten abgeschlossen, stellte Paus in Aussicht. Und damit sei zwar nicht dieser Abschnitt, aber die gesamte Innenstadtsanierung tatsächlich ein halbes Jahr früher fertig als geplant.

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