Kulturinitiative Schwarzer Adler Feuertaufe für neue Adler-Kultur geglückt

Rheinberg · Das erste Konzert in der Reihe Pflug & Segen war ein Erfolg, die Adler-Disku muss sich noch entwickeln. Und Mitch Ryder steht für das Altbewährte.

 Pflug und Segen: Liedermacher Ingo Pohlmann bei seinem ersten Solo-Auftritt auf der Bühne im Schwarzen Adler.

Pflug und Segen: Liedermacher Ingo Pohlmann bei seinem ersten Solo-Auftritt auf der Bühne im Schwarzen Adler.

Foto: O.T.T.O.

Otto ist eine Art Hausfotograf im Schwarzen Adler. Ein Edelfan. Bei fast jedem Konzert steht er an seinem Stammplatz unmittelbar vor der Bühne und schießt wunderbare Fotos von den Künstlern. Er hat schon viel gesehen und viel gehört, aber beim Konzert von Ingo Pohlmann kam auch Otto – er ist Anfang 50 – ins Staunen. Anders als sonst habe er bis auf wenige Ausnahmen niemanden von den Menschen im Adler-Saal gekannt. Deutlich jünger als üblich sei das Publikum gewesen und deutlich weiblicher. Übersetzt heißt das: Statt bärtiger Blues-Fans um die 60 Jahre kamen diesmal Zuhörer, die überwiegend zwischen Mitte 30 und Mitte 40 waren. Viele Paare darunter.

Pohlmann, bekannter Singer und Songwriter, ist der erste Künstler, der in der neuen Reihe Pflug & Segen aufgetreten ist. Naja, nicht ganz, denn mit dem Duo Dufte (Krischan und Felix) gab es noch ein kleines Vorprogramm. André Lapehn hat sich diese Marke ausgedacht und hat die neue Konzertreihe der Kulturinitiative Schwarzer Adler zusammen mit Marco Nöchel vom Vorstand der Adler-Genossenschaft entwickelt. Das Ziel dabei: Das bewährte Kulturprogramm im Adler soll fortgeführt werden, es sollen aber neue Angebote ergänzend für eine jüngere Zielgruppe installiert werden.

 Der Theologe Eugen Drewermann

Der Theologe Eugen Drewermann

Foto: Tanja Pickartz

Pohlmann, der vor 14 Jahren mit „Wenn jetzt Sommer wär“ einen dicken Hit hatte, griff das auf, als er sich im vollen Saal mit seiner akustischen Gitarre auf die Bühne setzte: „Man hat mir gesagt, man wolle ein jüngeres Publikum in einen alten Blues-Laden holen. Damit haben sie mich gekriegt“, so der 47-Jährige, der offenbar glaubte, ganz nah bei Düsseldorf aufzutreten. Sein Gastspiel im Adler sei sein erstes als Solist, verkündete der Musiker.

 Der Detroiter Rocksänger Mitch Ryder

Der Detroiter Rocksänger Mitch Ryder

Foto: Holger John

Eine schöne Stimme und eine Gitarre – mehr brauchte es nicht an diesem Abend. Viele Pohlmann-Songs sang das Publikum mit. So auch die Refrainzeile „Was man nicht bekommt, das will man haben, selbst wenn man dabei sein Herz riskiert“. Eine gelungene Premiere für Pflug & Segen.

Nur zwei Abende später. Gleiche Stelle, gleiche Welle. Ein anderes neues Kultur-Format hat fast Premiere: die Adler-Disku. Einen Testlauf gab es schon, jetzt hatte Genossenschafts-Vorstand Fritz Wagener erstmals offiziell zu einem Diskussionsabend in den Saal an der Baerler Straße eingeladen. „Aufrütteln für den Frieden: Eugen Drewermann“ lautete das Thema des Abends. Zunächst gemeinsam einen filmischen Vortrag anschauen, dann offen und vorurteilsfrei darüber diskutieren – das ist die Idee. Was der bald 80-jährige Theologe, Psychoanalytiker und Schriftsteller Drewermann, als suspendierter römisch-katholischer Priester 2005 aus der Kirche ausgetreten, vor einigen Jahren in Kaiserslautern über Krieg und Frieden sagte, imponierte; ein rhetorisch wie intellektuell meisterhafter Vortrag, der unter die Haut ging. Leider hörten nur acht Interessierte zu. Aber die diskutierten nachher über Drewermanns Worte und machten den Eindruck, als gefalle ihnen die neue Adler-Disku. Wagener will sie weiterhin einmal monatlich zu verschiedensten Themen anbieten.

Bei so viel Neuem in der Vierbaumer Genossenschafts-Kneipe fiel das Altbewährte nicht hinten über. Mit Mitch Ryder und seiner Berliner Band Engerling stand ein guter Freund des Hauses zum x-ten Mal auf der Bühne. Ryder, eine echte Rock-Legende, war am Tag zuvor 75 Jahre alt geworden und wirkte frisch und munter wie lange nicht. Der Sänger ist so etwas wie der Leonard Cohen des Rock’n’Roll. Ein alternder Hutträger mit einer Stimme, die viel über das wechselhafte Leben dieses Mannes erzählt.

Ryder kommt aus Detroit, und wenn er singt, klingt das so, als habe man einen alten, ramponierten Achtzylinder, vor Jahrzehnten in der Stahlstadt in Michigan gebaut, von einem Schrottplatz geholt und wieder fit gemacht. Das Röhren aus den verstaubten Auspuffrohren lässt den Boden vibrieren und klingt tausendmal cooler als der Sound eines langweiligen Neuwagens. Gänsehaut.

Ryder und die Band rocken mit Stil und beenden ihr Konzert natürlich mit dem Doors-Klassiker „Soul Kitchen“. „Ich bin ein guter, aber kein großartiger Sänger“, knarzte Ryder. „Aber ich liebe es zu singen und werde es tun, bis ich sterbe.“

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