Streitigkeiten im Rheinberger Ortsverband Die CDU ist abgewirtschaftet

Analyse | Rheinberg · Die größte Rheinberger Partei steckt tief in der Krise und hat ein Führungsproblem. Missgunst, Streit und Feindseligkeiten bestimmen das Bild.

 CDU-Führungskräfte: Fraktionschef Erich Weisser (l.) und Stadtverbandsvorsitzende Sarah Stantscheff. Klaus Wittmann hat die Partei verlassen.  

CDU-Führungskräfte: Fraktionschef Erich Weisser (l.) und Stadtverbandsvorsitzende Sarah Stantscheff. Klaus Wittmann hat die Partei verlassen.  

Foto: Uwe Plien

Klaus Wittmann tritt aus der CDU aus und verlässt die Fraktion – so weit, so gut. Oder so schlecht, ganz wie man will. Was auf den ersten Blick nach einem zu verschmerzenden Betriebsunfall aussieht, lässt bei genauerem Hingucken einen anderen Schluss zu: Wittmanns Ausstieg offenbart, dass die CDU tiefer denn je in der Krise steckt. Die Partei ist entzweit, niemand traut mehr dem anderen über den Weg, alle schmoren im eigenen Parteisaft, anstatt sich darum zu kümmern, dass in der Stadt etwas vorangeht. Kurzum: Die CDU ist abgewirtschaftet, und es wird Zeit für einen personellen Neuanfang, weil niemand in Sichtweite ist, der genug Autorität, Selbstbewusstsein und Erfahrung mitbringt, um den Laden zusammenhalten zu können. Es wird allerhöchste Zeit für eine Mitgliederversammlung des Stadtverbands mit offener Aussprache.

Der Eiertanz, den die CDU letztes Jahr im Kommunalwahlkampf um die Bürgermeister-Kandidatur von Frank Tatzel aufgeführt hat, war unerträglich. Das war Scheitern mit Ansage. Die Quittung folgte auf dem Fuße. Statt 20 Mandaten wie 2014 gab es 2020 nur noch 16. Von den 20 Ratsleuten in der letzten Rats­periode verließen vier Partei und Fraktion. Nur Naive glaubten, dass jetzt alles besser werden und Ruhe einkehren würde. Nein: Das Gezänk ging weiter. Ein Ringen um die bestdotierten Pöstchen, Streitereien um den Fraktionsvorsitz mit anschließendem Rückzug der Unterlegenen in den Schmollwinkel, eine Blockadehaltung des Ortsverbands Mitte in der Logistik-Immobilien-Sache Garbe, die Wahlen in den Ortsverbänden – all dass bleibt Mitgliedern und Wählern der Partei nicht verborgen. In der Rheinberger CDU, so hat es den Anschein, wird nur noch über und nicht miteinander gesprochen.

Da machen teils schlimme Vorwürfe die Runde, die die Betroffenen in ernsthafte juristische Bedrängnis bringen könnten. Anstatt sich selbst zu hinterfragen, quittiert ein Fraktionsmitglied das Bekanntwerden von Klaus Wittmanns Partei-Austritt mit einer Whatsapp-Nachricht an Fraktion plus Sachkundige Bürger. Daumen hoch, begeistertes Klatschen, weg mit ihm! Schamloser geht’s kaum.

Der politische Gestaltungsauftrag der Mehrheitsfraktion bleibt dabei auf der Strecke. 15 Ratsmitglieder hat die CDU jetzt noch. Die Grünen haben 13. Die CDU kann froh sein, dass die Grünen oft mit ihr auf einer Wellenlänge liegen. Paktierten Grüne und SPD häufiger, bekäme die CDU wohl keinen Fuß mehr auf den Boden. Anträge würden vermutlich der Reihe nach abgeschmettert.

Die ganze Situation erinnert an die frühen 80er Jahre, als sich im Streit die UFG (Unabhängige Fraktions-Gemeinschaft) um Hajo Ehlert von der CDU abspaltete. Die noch jungen Grünen und die bis dahin im konservativen Rheinberg abgeschlagene SPD witterten Morgenluft und brachten sich in Stellung. Die CDU verlor an Einfluss. 

Keine guten Aussichten für die Rheinberger CDU. Die Quittung könnte es schon bei der Bundestagswahl im September geben.

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