Europaschule Rheinberg Der Chef geht mit den ersten Abiturienten

Rheinberg · Norbert Giesen war 42 Jahre lang Lehrer, davon 27 Jahre lang Schulleiter in Rheinberg. Zunächst ab 1993 an der Realschule, ab 2011 dann an der Europaschule, die jetzt zu einer Gesamtschule wird. Nun geht er in den Ruhestand.

 Norbert Giesen freut sich darauf, in seinem Garten zu lesen.

Norbert Giesen freut sich darauf, in seinem Garten zu lesen.

Foto: Ostermann, Olaf (oo)

Norbert Giesen zögert nicht eine Sekunde: Müsste er sich noch einmal für einen Beruf entscheiden, er würde wieder Lehrer werden. „Ich hatte schon früh den Wunsch, Lehrer zu werden, hatte einen Schulleiter und einen Klassenlehrer, die Vorbilder für mich waren“, sagt der scheidende Leiter der Rheinberger Europaschule. „Ich bin immer gerne in die Schule gegangen.“ Lehrer, das sei für ihn Berufung und nicht nur Beruf.

42 Jahre hat Norbert Giesen unterrichtet. Als er 1993 als Leiter der damaligen Realschule nach Rheinberg kam, hatte er schon drei Stationen an Realschulen in Uerdingen, Dinslaken und Walsum hinter sich, zudem zwei Jahre als pädagogischer Mitarbeiter im Schulministerium unter Minister Hans Schwier. Nach nun 27 Jahren als Schulleiter in Rheinberg beginnt für den Rheinberger, der im Oktober 66 Jahre alt wird, der Ruhestand. Ein Jahr später als ursprünglich geplant: „Ich habe noch ein Jahr drangehängt, weil ich gerne die ersten Abiturienten der Europaschule verabschieden wollte“, sagt er. Am Freitag findet die Zeugnisübergabe statt.

Leider ist dann der Erweiterungsbau noch nicht fertig und leider gibt es wegen der Corona-Pandemie auch keinen Abiball. Dafür viel Ehr: Ein persönlich verfasster Dankesbrief von Schulministerin Yvonne Gebauer ist angekommen, und am Mittwoch wird ihm Thomas Hartmann, für Schulen zuständiger Abteilungsdirektor bei der Bezirksregierung Düsseldorf, die Entlassungsurkunde überreichen.

Giesen, der in Duisburg, Köln und Düsseldorf Sport und Geschichte studiert hat, sagt, er sei Realschullehrer aus Überzeugung gewesen. Und er war schon immer an pädagogischer Entwicklung interessiert. „Ich hatte schon früh die Idee, mit einer Art ,Realschule plus’ neue Wege zu gehen, zum Beispiel ein Fachabitur in Wirtschaft anzubieten.“ Die Verbindung von Schule und Wirtschaft sei lange sein Steckenpferd gewesen.

Dass er dann ab 2011 tatsächlich zu einem pädagogischen Pionier werden sollte, war damals noch nicht abzusehen. 2010 reagierte die Politik auf die hohe Zahl auspendelnder Rheinberger Schüler in die Nachbarstädte. Gleichzeitig schwächelte das System Hauptschule. Die Folge: In Rheinberg entstand aus Haupt- und Realschule die Gemeinschaftsschule mit gymnasialer Oberstufe, die später den Sondernamen Europaschule bekam und neun Jahre lang als wissenschaftlich und ministeriell begleiteter Schulversuch lief. Ab dem nächsten Schuljahr wird die um einen großen Trakt erweiterte Einrichtung an der Dr.-Aloys-Wittrup-Straße eine Gesamtschule. Die Schule sieht er auf einem guten Weg, sagt aber: „Die letzten zehn Jahre waren die intensivste und innovativste Zeit meines Berufslebens. Das war eine echte Herausforderung.“ Die Schule mit derzeit 1040 Schülern und rund 120 Lehrern und anderen Mitarbeitern habe sich zu einem Unternehmen entwickelt. Immer mehr Konferenzen, Einstellungsgespräche, Abstimmungen mit der Stadt als Schulträger – das ließe sich alles mit früheren Zeiten an der Realschule nicht vergleichen. Da hat es sich Norbert Giesen nicht nehmen lassen, einmal im Jahr für seine rund 50 Kollegen zu kochen. Dennoch: „Das Arbeitsklima an unserer Schule ist nach wie vor großartig, alle ziehen an einem Strang.“

Giesen will das Schulleben nun hinter sich lassen. Ebenso wie seine Frau Claudia Giesen-Reinartz, die ebenfalls 27 Jahre lang an der Real- und dann an der Europaschule unterrichtet hat und nun mit ihrem Mann in den Ruhestand geht. Mehr lesen, Urlaube mit dem Wohnmobil unternehmen, Freunde treffen und sich um die Enkelkinder kümmern – darauf freut sich das Ehepaar.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort