„Im Kurfürsten zu Köln" in Rheinberg Ein Haus mit einer spannenden Geschichte
Rheinberg · In der Rheinberger Innenstadt ist wieder ein Gebäude mit seinem alten Namen versehen worden – diesmal das Haus Rheinstraße 1. Initiator dahinter ist Hobby-Historiker Werner Kehrmann.
Zu der Vielzahl der schon an den Häusern in der Innenstadt angebrachten historischen Häusernamen ist wieder ein geschichtsträchtiger Name dazugekommen. Im Stadtzentrum an der Rheinstraße 1, gleich neben dem Alten Rathaus, kann man jetzt am Giebel des Hauses den wieder angebrachten Namen „Im Kurfürsten zu Köln“. Das Haus gehört Familie Berg.
„Es ist ein ehemaliges Handelshaus aus dem Jahre 1639 und Wohnung der politischen Agenten Kurkölns“, erzählt Werner Kehrmann, ehrenamtlicher Stadtführer, Vorstandsmitglied des Heimatvereins Rheinberg und Initiator der Initiative Historiche Häusernamen. Mit dem Einmarsch Napoleons sei es vorbei gewesen mit den Rechten Kurkölns (Säkularisation 1803), in der Liste der Eigentümer des Hauses können Personen ab etwa 1770 nachgewiesen werden.
Wie kommt man zu einem solchen Häusernamen und was bedeutet er? Dafür muss man in der Geschichte der Stadt einige Jahrhunderte zurückgehen. „Das ist die Zeit, in der die Stadt noch Berka oder später Berk am Rhein genannt worden ist, die Zeit der Kriege“, so Kehrmann. Rheinberg war in der gesamten Zeit des 80-jährigen Krieges (1568 bis 1648) von vielen unterschiedlichen Militärführern im Namen von Prinzen und Königen erobert und besetzt worden.
Der Name „Im Kurfürsten zu Köln“ hatte, wie die Namen von zwei weiteren alten Häusern, einen politischen Hintergrund. Kehrmann: „Der Erzbischof von Köln – Kurköln – hatte als Territorialherr und somit Eigentümer der Stadt natürlich ein starkes Interesse daran, was die Besatzungssoldaten in seiner Stadt so trieben, wo wieder ein Angriff geplant war oder auch bei der Lebensmittel-Einfuhr aus dem Ausland – Grafschaft Moers, Herzogtum Kleve – Zollregeln zu Wasser und zu Land entgegen den Verträgen umgangen werden sollten.“
Diese Informationen bekam der jeweilige Erzbischof des Kirchenstaates durch seine Agenten vor Ort. Die Agenten waren eine Art Vorläufer der heutigen Diplomaten. „Ihre diplomatischen Tätigkeiten reichten von der Beteiligung an Saufgelagen in den Rheinberger Kneipen bis hin zu offiziellen Staatsbesuchen an den königlichen Hof in Brüssel oder in Den Haag“, schildert der Rheinberger Hobby-Historiker. Auch hier habe man die Informationen nur über die „Verehrung“ (Schenkung) an einen hohen Beamten bekommen, auch wieder in Verbindung mit Saufgelagen, die Quellen sind voll mit entsprechenden Berichten. Diese diplomatischen Personen mit Agenten-Tätigkeiten arbeiteten auch für andere Territorialherren, es waren Doppelagenten. Zu dieser Zeit etwas absolut Normales. Kehrmann: „Eine Information in Rheinberg, die man von einem niederländischen Oberst bekam, wurde an Kurköln weitergeleitet und an Spanien verkauft, selbstverständlich auch umgekehrt. Diese Agenten waren in vielen Fällen die Amtsmänner oder Schultheißen der Städte. Der Rheinberger Agent war aber auch in Bonn, dem Sitz der kurkölnischen Regierung, tätig, denn auch in der eigenen ,Landeshauptstadt‘ waren wichtige Informationen mithilfe einiger ,Bierchen‘ oder dicker Schinken zu erhalten.“
Die Geschichte der Rheinberger Innenstadt-Häuser, soweit sie einen historischen Namen haben (es sind über 100), ist spannend. Jeder neu angebrachte Häusername stelle definitiv eine Bereicherung der Rheinberger Innenstadt dar, findet Werner Kehrmann.
Alte Häuser sind arbeitsintensiv, das Jahr 1639 bezieht sich auf die sichtbaren Teile des Hauses, es wird „Holander Bauart“ genannt, hier reden wir über die Zeit der Oranischen Herrschaft in Rheinberg. Der vorletzte Eigentümer des Hauses habe mit seinem Wissen ganz stark an der Realisierung der Baumaßnahme mitgewirkt. Die spätmittelalterlichen Kellergewölbe (vor 1639) mit ihren bombensicheren Kellerdecken hätten den modernen Baumethoden angepasst werden müssen.