Bürgerinitiative „Contra Rheinuferverbot“ Rheinberger wollen an den Rhein

Rheinberg · Spaziergänger und Hundehalter haben in der Stadt im Kreis Wesel die Bürgerinitiative „Contra Rheinuferverbot“ gegründet. Seit Ranger auch am Strom patrouillieren, ist ihnen erst klar geworden, dass es kaum legale Zugänge zum Fluss gibt.

 Andreas Majdaniuk (r.) und Jürgen Grewer sind als Ranger im Naturschutzgebiet in Rheinberg-Orsoy unterwegs.   Foto: Armin Fischer

Andreas Majdaniuk (r.) und Jürgen Grewer sind als Ranger im Naturschutzgebiet in Rheinberg-Orsoy unterwegs. Foto: Armin Fischer

Foto: Fischer, Armin (arfi)

Die Szene ist rührend. Ein kleiner Junge im Kinderwagen hält ein Schild in Händen, auf dem steht: „Ich möchte auch mal am Rhein Steine flitschen lassen.“ Britta Krämer sagt, was es damit auf sich hat: „Wir möchten gerne am Rheinufer spazieren gehen, mit Kindern Sandburgen bauen und auch mal die Hunde frei laufen lassen. Aber das ist alles verboten“, so die Rheinbergerin. „Auf der einen Seite wird ausgekiest, auf der anderen entsteht bald ein Ruhehafen für Binnenschiffe. Wir möchten gerne ein Stück dazwischen haben.“

Der Rhein soll doch für alle da sein. Für Tiere und Pflanzen, aber nicht für Anwohner? Diesen Eindruck hat Britta Krämer nicht allein, ihn teilen auch viele andere. In den vergangenen Wochen haben sich zunehmend Menschen aus Rheinberg und Umgebung zusammengeschlossen, die einer Meinung sind. Sie haben bereits Unterschriften für ihr Anliegen gesammelt und sonntags gemeinsame Protest-Spaziergänge unternommen. Jetzt haben sie sich getroffen und die Bürgerinitiative „Contra Rheinuferverbot“ gegründet. Auf Anhieb machen rund 80 Frauen und Männer mit. Ihr gemeinsames Ziel: Erlaubt uns doch bitte, ein paar hundert Meter Rheinufer am Stromkilometer 805 legal betreten zu dürfen!

Das dürfte nicht so einfach werden. Denn die Fläche ist seit Jahren als „N7“ im Landschaftsplan Rheinberg/Alpen als Naturschutzgebiet eingetragen. Was das bedeutet, sagt Klaus Lorenz, 1. Vorsitzender der Biologischen Station im Kreis Wesel, den Initiatoren ganz deutlich. „Jetzt dürfen Sie dort nicht an den Rhein, ob mit oder ohne Hund. Der Landschaftsplan muss geändert werden, aber dazu brauchen Sie schlüssige Konzepte und Mehrheiten.“

Die Gründer der Bürgerinitiative gehen schon lange ans Rheinufer im Stadtteil Ossenberg. Und halten dort alles in Ordnung, wie sie sagen. „Wir nehmen oft genug den Müll anderer Leute mit, weil wir wissen, wie man sich in der Natur vernünftig benimmt“, sagt Kerstin Karaberg, die ebenfalls zu den Gründern der Bürgerinitiative gehört. Dass sie ausgerechnet jetzt aktiv werden, hat einen Grund. Der Kreis Wesel setzt seit Kurzem Ranger ein. Speziell ausgebildete Ordnungshüter, die für den Regionalverband Ruhr (RVR) tätig sind und für die Sommermonate „angemietet“ worden sind.

Die Ranger sehen aus wie ihre Kollegen im Yellowstone-Natonalpark in den USA: mit weitkrempigen Hüten, Wanderschuhen, Hemden und kurzen Hosen, die an das Outfit von Pfadfindern erinnern. Dazu sind sie mit E-Mountainbikes ausgestattet, um besser im Gelände patroullieren zu können. Andreas Majdaniuk (61) und Jürgen Grewer (58) sind zwei von sechs Schutzgebietsbetreuern. Sie schauen jetzt unter anderem in Rheinberg, dass alles nach Plan läuft, suchen das Gespräch mit Menschen in geschützten Gebieten, dürfen ermahnen und bei Vergehen Strafgelder kassieren.

Naturschutzgebiete sind sensible Räume. Aber sie werden eben auch von Fahrradfahrern, Läufern, Spaziergängern, Anglern genutzt – und dann komme es vor allem in der Brutzeit von Vögeln schnell zu Konflikten, wie der Kreis Weseler Landrat Ansgar Müller sagt. „Manche Leute grillen, manche Hundebesitzer halten sich nicht an die Anleinpflicht, andere verlassen die vorgeschriebenen Wege oder es wird ohne Schein geangelt“, so Müller. Um gegen solche Missstände vorzugehen, sind nun die Ranger – stets zu zweit – unterwegs und informieren. Immer nach der Devise: „Nur wer die Natur kennt, lernt sie zu schützen.“

Immer wieder ermahnten sie auch die Spaziergänger und Hundehalter am Rhein. Vielen sei die Rechtslage nicht bekannt gewesen, erzählen die Spaziergänger und betonen, dass sie nichts gegen die Ranger haben. Was sie stört ist, dass es in Rheinberg nur eine Stelle (Orsoy-Land) gibt, an der man das Ufer des Stroms rechtmäßig betreten darf. „Wir werden jetzt dafür kämpfen, dass das anders wird“, sagt Britta Krämer.

Damit auch der Junge im Kinderwagen irgendwann Steine ins Wasser von Vater Rhein flitschen lassen kann, ohne sich dabei strafbar zu machen.

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