Neue Bestattungsformen Ein Baumgrab in Orsoy sorgt für viel Frust

Rheinberg · Hans-Joachim Tennstedt aus Budberg hat sich ganz bewusst für die neue Bestattungsform entschieden, als seine Frau im vergangenen Jahr starb. Er versteht nicht, warum die Stadt alle Versuche, das Grab zu verschönern, zurückweist.

 Hans-Joachim Tennstedt an dem Baumgrab seiner Frau Kathi auf dem Orsoyer Friedhof. Er wünscht sich etwas mehr Entgegenkommen der Friedhofsverwaltung.

Hans-Joachim Tennstedt an dem Baumgrab seiner Frau Kathi auf dem Orsoyer Friedhof. Er wünscht sich etwas mehr Entgegenkommen der Friedhofsverwaltung.

Foto: Armin Fischer (arfi)

Hans-Joachim Tennstedt lebt schon lange in Budberg. Als seine Frau Kathi im vergangenen Oktober starb, beschloss die Familie, sie nicht in Budberg, sondern in Orsoy auf dem Friedhof an der Bendstege beisetzen zu lassen. „Meine Frau hat sich ein schlichtes Grab, das niemandem viel Arbeit macht, gewünscht“ erzählt der 85-jährige, der vorübergehend auf den Rollstuhl angewiesen ist. Deshalb haben wir uns für ein Baumgrab entschieden.“ Diese Bestattungsart gibt es in Orsoy, aber nicht in Budberg.

Das Konzept der Baumgräber sieht so aus: Um einen Baum herum werden 16 Grabstellen angelegt. Wer möchte, kann eine Grabsteinplatte flach einsetzen lassen oder darauf verzichten. Die Grabstätten gelten als pflegefrei. Es darf nichts gepflanzt werden. Im Auftrag der Stadt Rheinberg sollen Gärtner das Gras regelmäßig mähen und auch die Baumscheibe um den Baum herum in Ordnung halten.

Genau da beginnt der Ärger, wie Tennstedts Tochter Christine erzählt. „An dem Baum wuchs das Unkraut irgendwann einen halben Meter hoch. Weil die Stadt nichts unternommen hat, haben wir es selbst entfernt. Dann haben wir uns erlaubt, Eisbegonien um die Baumscheibe zu pflanzen. Eine robuste und friedhofstaugliche Pflanze, die dem Baum nicht schadet. Doch leider war beim nächsten Friedhofsbesuch nichts mehr von den Begonien zu sehen.“ Von den Gärtnern rausgerissen, vermutet die Familie.

 Rechts: Den kleinen Erdwall am Baum bepflanzte die Familie mehrfach, aber ohne nachhaltigen Erfolg. 
  Fotos: Familie

Rechts: Den kleinen Erdwall am Baum bepflanzte die Familie mehrfach, aber ohne nachhaltigen Erfolg. Fotos: Familie

Foto: CT

Später legten die Gärtner einen kleinen Erdwall um den noch jungen Baum an – als eine Art Becken, das mit Wasser aufgefüllt werden kann, um den Baum zu bewässern. Da auf dem Erdwall wieder das Unkraut wucherte, befreite Familie Tennstedt die Baumscheibe vom selbigen und pflanzte satzungskonform Bodendecker um die Baumscheibe. Die Stadt Rheinberg hat dann ein Schild aufgehängt. Darauf stand: „Die Friedhofsverwaltung informiert: Bei den Baumgrabstätten handelt es sich um pflegefreie Grabstätten ohne gärtnerische Gestaltung. Die Pflege dieser Grabstätte beschränkt sich auf das Mähen des Rasens und wird vom Friedhofs­träger übernommen. Es ist nicht gestattet Pflanzschalen, Gestecke, Blumenvasen, Grablichter und anderweitige Gegenstände des Andenkens wie Engel, Bilder etc. auf die Rasenfläche niederzulegen bzw. aufzustellen oder Blumen/Pflanzen in diese Fläche zu pflanzen.“

Christine Tennstedt: „Wir haben ein Schild darunter gehängt, auf dem wir mitteilten, dass wir nichts auf die Rasenfläche um das Grab gestellt oder gepflanzt haben, sondern lediglich das wuchernde Unkraut entfernt haben und den kleinen Wall dann satzungskonform mit Bodendeckern bepflanzt haben, um eine würdevolle letzte Ruhestelle zu wahren. Mehr möchten wir doch gar nicht.“

 Links: Familie Tennstedt wurde selbst tätig, nachdem das Unkraut immer höher schoss.

Links: Familie Tennstedt wurde selbst tätig, nachdem das Unkraut immer höher schoss.

Foto: CT

Die Stadt, mit der die Familie noch keinen Kontakt aufgenommen hat, stelle sich doch sehr haarspalterisch an. Nach dem Motto: Satzungskonforme Bodendecker dürfen nicht gepflanzt werden, aber das wuchernde Unkraut darf stehen bleiben. Hinzu komme noch, dass das Gras um die Grabplatte der Verstorbenen so grob weggesenst worden sei, dass rund um die Grabplatte kein Grashalm mehr stehe. „Wir haben es sehr sorgsam behandelt und sogar selbst Grassamen ausgesät, damit die Grabplatte sauber im Gras liegt“, versichert die Familie, die inzwischen sicher ist: Noch einmal würde sie kein Baumgrab wählen.

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