Kulturprogramm in Rheinberg Die Großstadt-Szene kommt aufs Dorf

Rheinberg · Mit der Konzertreihe „Pflug und Segen“ will die Kulturinitiative Schwarzer Adler Künstler für ein jüngeres Publikum nach Vierbaum holen, die sonst eher in Städten wie Hamburg, Köln oder Berlin zu hören sind. Karten gibt es schon.

 Bernd Begemann ist ein Hamburger Original. Er eröffnet die Reihe „Pflug und Segen“ am 18. September.

Bernd Begemann ist ein Hamburger Original. Er eröffnet die Reihe „Pflug und Segen“ am 18. September.

Foto: Veranstalter

André Lapehn hat früher sehr viel Musik gemacht. In den ersten Jahren des neuen Jahrtausends war er Bassist in der Ruhrgebiets-Band „Leo Can Dive“. Eine Band, für die es eine Zeit lang richtig gut und hoffnungsvoll lief. Plattenvertrag beim Branchenriesen EMI/Virgin, Tourneen kreuz und quer durch Deutschland, Auftritte en masse in namhaften Clubs und auf großen Bühnen. „Bei einem MTV-Voting waren wir damals ganz weit vorne mit dabei, als es darum ging, Europas beste Newcomerband zu küren. Nur Sunrise Avenue aus Finnland waren noch vor uns“, erinnert sich der heute 42-Jährige, der aus Dinslaken stammt und seit sieben Jahren in Orsoy lebt.

In einer Band spielt André Lapehn heute nicht mehr, die Musik hat er aber nie aufgegeben. Wer einmal mit dem Musikvirus infiziert ist, kommt nicht mehr weg davon. Zu Hause greift er heute noch zur Gitarre, vor allem aber kennt man ihn als Kulturschaffenden. So war er etwa künstlerischer Berater und Verantwortlicher des digitalen Marketings für das Duisburger Traumzeit-Festival. Und dort unter anderem auch für die erfolgreiche Neuausrichtung des Festivals mitverantwortlich.

 André Lapehn ist Initiator der Konzertreihe Pflug und Segen.

André Lapehn ist Initiator der Konzertreihe Pflug und Segen.

Foto: AL

Seit kurzem engagiert sich Lapehn, der als Change Consultant und Digital Transformation Consultant arbeitet, im Schwarzen Adler. In diesem Jahr ist er zum Co-Vorsitzenden der Kulturinitiative gewählt worden. Er teilt sich die Vereinsführung mit Altmeister Ernst Barten, der das Kult(ur)lokal an der Baerler Straße in Vierbaum zwar vor einem Jahr an die Adler-Genossenschaft verkauft, die Kulturarbeit aber nicht aufgegeben hat. Die beiden trennen altersmäßig 30 Jahre, und der Plan ist, dass André Lapehn die Adler-Kultur in die nächste Generation rettet.

Um allen Missverständnissen und Spekulationen vorzubeugen: Blues wird es im Adler auch weiterhin geben, zusätzlich aber auch ein Angebot für eine jüngere Generation. Für die mittlere Generation: die ungefähr 35- bis 45-Jährigen. Dafür gibt es die Reihe „Pflug und Segen“. Künstler, überwiegend moderne Singer-/Songwriter mit meist großstädtischem Hintergrund, sollen aufs Land entführt werden. Lapehn: „Wir wollen Musikern, die üblicherweise eher in Hamburg, Köln, München oder Berlin auftreten, den Schwarzen Adler schmackhaft machen und ihnen klarmachen: Da spielen nicht nur grauhaarige Blues-Veteranen, was ohnehin nicht stimmt, da seid auch ihr willkommen. Und gleichzeitig damit ein breiteres Kulturangebot schaffen.“

André Lapehn kennt diese Szene und hat gute Kontakte. So gelang ihm bereits Anfang 2020 ein Coup: Mit Pohlmann beglückte gleich zur Premiere ein Großer der Szene den Adler. Weitere Konzerte waren bereits unter Dach und Fach – doch dann kam Corona. Und alles war hinfällig. Der Orsoyer hält aber an „Pflug und Segen“ fest und will sich die Lust aufs neue Adler-Programm nicht vermiesen lassen. „Auch wenn wir noch keine Ahnung haben, wann es dieses Jahr wieder Live-Musik geben wird: Wir haben rechtzeitig begonnen, weit in die Zukunft zu planen und einzuschätzen, welche tollen Alben wir von welchen Künstlern in der Live-Pause erwarten dürfen.“

Ein Volltreffer ist dem Booker mit Bernd Begemann gelungen, der die Reihe am Samstag, 18. September, in Vierbaum eröffnen soll. Der etwas schräge Liedermacher und coole Geschichtenerzähler aus Hamburg ist mit seinem neuen Programm unterwegs und gilt als echtes Live-Ereignis. „Das passt super. Vom Hamburger Hafen zum Orsoyer Hafen“, so Lapehn.

Eigentlich sollte der Singer-/Songwriter Kai Schumacher den Auftakt im Mai gestalten. Der Konzert-Termin ist jetzt auf den 29. Januar 2022 verlegt worden. Als Support kommen Shift Happens, ein wunderbares Jazz-Duo aus Duisburg und Ostfriesland, mit großartigen Melodien und verrückt schönen Arrangements.

Ein großer Name ist auch Maxim, der vor allem für gute Texte bekannt ist und am Samstag, 9. Oktober, sein neues Album „Grüne Papageien“ vorstellen möchte. Maxim hatte mit dem Song „Meine Soldaten“ einen Hit. Das Jahr beenden werden am Sonntag, 21. November, mit einem Doppelschlag Gregor McEwan und Emilys Giant, bevor June Cocó am Freitag, 3. Dezember, einen festlichen Akzent setzen soll. „Eine tolle Künstlerin“, betont André Lapehn. Brillante Pop-Perlen wie „Paperskin“ mit glockenklarem Gesang und extrem positiv gestimmt gehen auf ihr Konto.

Letzteres hält der Pflug-und-Segen-Chef für unerlässlich. „Die Kultur darf nicht angeschlagen zurückbleiben, sondern muss so schnell es eben geht mit viel Support zurückkehren“, sagt er. „Ich möchte, dass Menschen voller Vorfreude auf unsere Konzerte ins Jahr gehen. Aktuell fehlt die Vorfreude auf schöne Momente, weil gerade nichts planbar scheint. Das wollen wir ändern. Unsere Karten sind im Vorverkauf zu bekommen. Jeder hat die Möglichkeit, sich selber bewusst Vorfreude zu schaffen und damit Kultur zu unterstützen.“

Gleichzeitig würde einer Bequemlichkeit vorgebeugt werden, die schon vor Corona viele auf dem heimeligen Sofa gebunden hat. „Jetzt, wo wir wissen, wie wertvoll Kultur fürs Leben ist, sollten wir uns einen Ruck geben und sie nicht einfach als gegeben ansehen, sondern aktiv unterstützen.“

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