Alpen Polizei-Personal im Kreis Wesel: "Das Tischtuch liegt knapp"

Alpen · Rüdiger Kunst aus Alpen, neuer Chef der Polizei im Kreis Wesel, verwaltet personell einen Mangel. Er will trotzdem dafür sorgen, dass die Kollegen weiter möglichst schnell da sind, wo sie auch gebraucht werden.

 Rüdiger Kunst (57) steht seit dem 1. Juli an der Spitze von rund 800 Polizeibeamten im Kreis Wesel. Bürgernähe ist ihm ein wichtiges Anliegen.

Rüdiger Kunst (57) steht seit dem 1. Juli an der Spitze von rund 800 Polizeibeamten im Kreis Wesel. Bürgernähe ist ihm ein wichtiges Anliegen.

Foto: Chr. Reichwein

Wesel Wenn Rüdiger Kunst (57), neuer Chef der Polizei im Kreis Wesel und Herr über rund 800 Beamte, über seine Personalstärke spricht, gebraucht er ein Bild: "Das Tischtuch liegt sehr knapp", lautet seine Diagnose. Kurz und präzise. Wenn jetzt die neuen Kräfte, die die Ausbildung abgeschlossen haben, übers Land verteilt werden, wird das Tuch noch ein wenig knapper.

Seine Behörde gehört zu den 29 Behörden im Land, die vom 1. September an mit weniger Polizisten auskommen müssen. An dem Stichtag werden die fertig ausgebildeten Polizisten ihren Dienststellen zugeteilt. Aus dem jüngsten Erlass zur Kräfteverteilung, den Innenminister Herbert Reul (CDU) herausgegeben hat, geht hervor, dass im Kreis Wesel vom kommenden Monat an sieben Beamte weniger Dienst tun (RP berichtete). Das wird die ohnehin angespannte Personallage weiter strapazieren.

Vor dem Hintergrund, dass die neue Landesregierung angekündigt hat, zusätzliche Polizisten einzustellen, um die Misere zu beheben, ist das auch ein Politikum. Denn das Plus bei der Ausbildung kann erst in ein paar Jahren greifen. Die Kreisgrünen gehen mit der neuen Landesregierung hart ins Gericht. Ulrike Trick, Vize-Vorsitzende der Grünen im Kreistag, kritisiert die Landesregierung.

CDU und FDP hätten ihrer Meinung nach als Opposition ein größeres Polizeiaufgebot gefordert. Nun aber in der Regierungsverantwortung würden sie ihre Versprechen nicht halten. Trick fordert "einen ehrlichen Umgang mit den Bürgern". Der Mangel an Ordnungskräften werde erst dann auffallen, wenn man sie brauche. Trick: "Dann ist mancher Täter aber längst über alle Berge."

Rüdiger Kunst indes bleibt gelassen. Er geht davon aus, dass sich die neuerliche Lücke durch die zugesicherten "Regierungsbeschäftigten", die jetzt zur Verfügung gestellt würden, schließen lasse. Diese hätten zwar keine polizeiliche Ausbildung, könnten dennoch im Polizeidienst wertvolle Arbeit leisten und Kräfte für die Straße frei machen. Der Leitende Polizeidirektor will trotz dünner Personaldecke sicherstellen, "dass wir auch im ländlichen Raum mit den oft sehr weiten Wegen schnell da sind, wenn wir gebraucht werden; denn nach uns kommt keiner mehr". In dem Zusammenhang hat Rüdiger Kunst die von vielen kritisierte Entscheidung verteidigt, die Wache in Xanten nachts nicht mehr zu besetzen. "Der Beamte, der da sitzt, ist nicht der, der rausfährt", so Kunst. Entscheidend sei der Streifenwagen auf der Straße, nicht der Mann oder die Frau auf der Schreibstube.

Der ranghöchste Polizist im Kreis Wesel, der mit einer Polizistin verheiratet ist und in Alpen lebt, legt ein Bekenntnis zur Bürgernähe ab. "Die Polizei muss draußen vor Ort Gesicht zeigen und ansprechbar sein", sagt er. Gutes Bespiel seien die Fahrradstreifen in den Städten, die "nicht abgeschirmt im Streifenwagen sitzen oder hoch zu Ross in der Reiterstaffel".

Kunst möchte seine Leute fit machen für extreme Herausforderungen in Zeiten, in denen terroristische Bedrohungen ständig präsent sind - auch im Kreis Wesel. Die Sicherheitsausrüstung müsse nachgebessert werden, möglicherweise auch die Bewaffnung. Es gehe auch um ethische Fragen. "Jeder Polizist muss sich darüber im Klaren sein, im Notfall den finalen Schuss abfeuern zu müssen", so der 57-Jährige. Es geht, wenn er im Dienst ist, nie ohne Waffe aus dem Haus.

(bp)
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