Naturschutz in Alpen Ein Früchtchen, dieser Kaiser Wilhelm

Alpen · Eine lange Schlange vorm Nabu-Obststand am Ratsbongert in Alpen zeigt, dass traditionelle Früchte von der Streuobstwiese immer beliebter werden. Dass hier jeder auch ernten darf, hat sich noch nicht herumgesprochen.

 Christian Chwallek (li.) vom Nabu hat reichlich Äpfel und Birnen verkauft. Er weist auch auf die Internetseite streuobst-niederrhein.de hin.

Christian Chwallek (li.) vom Nabu hat reichlich Äpfel und Birnen verkauft. Er weist auch auf die Internetseite streuobst-niederrhein.de hin.

Foto: Vastmanns

Regionale Produkte wie Äpfel oder Birnen liegen nicht nur wegen ihrer CO2-Bilanz im Trend. Gepaart mit der Bio-Qualität von Streuobstwiesen und einer einzigartigen Geschmacksvielfalt alter Sorten erfreut sich heimisches Obst von hochstämmigen Bäumen wachsender Beliebtheit. In Alpen kann man diese und noch viele weitere Produkte beim jährlichen Streuobstwiesenfest probieren und gleich mitnehmen. Doch in diesem Jahr ist alles anders. „Bei gutem Wetter kommen rund 10.000 Menschen zu diesem Fest. Das lässt sich unter Einhaltung der Corona-Richtlinien nicht durchführen“, sagt Christian Chwallek, stellvertretender Landesvorsitzender des Nabu NRW und Leiter der Ortsgruppe in seinem Wohnort Alpen, mit Bedauern.

Weil die Äpfel und Birnen sich aber nicht an diese Regeln halten und Abnehmer brauchen, hat der Nabu sich dazu entschlossen, einen Verkaufsstand am Rande des vor gut neun Jahren angelegten Alpener Ratsbongerts aufzustellen. Schon bevor der öffnete, bildete sich am Dahlacker eine lange Schlange. „Wir sind überrascht, wie groß der Andrang ist. Das zeigt, dass die Menschen unsere Idee unterstützen“, sagt Chwallek erfreut. Und so hat Nabu-Mitarbeiter Franz-Wilhelm Ingenhorst, der regelmäßig Kurse zum richtigen Schnitt der Hochstämme leitet, alle Hände voll zu tun, um die vier Zentner Obst von Streuobstwiesen aus der Region an die Kundschaft auszugeben.

Das Erfolgsgeheimnis liegt aber nicht alleine in der Qualität und dem Geschmack, sondern auch darin begründet, dass Kunden hier Sorten probieren können, die es im Supermarkt kaum noch gibt. Boskoop, Kaiser Wilhelm, Rheinische Schafsnase oder die Köstliche von Charneu – allein die Namen sind ein Genuss – werden auch deshalb ganz gezielt auf den Streuobstwiesen angepflanzt, um sie vor dem Aussterben zu bewahren.

Übrigens braucht niemand darauf zu warten, bis der Nabu Äpfel und Birnen verkauft, sondern darf auf Ratsbongert nach Herzenslust selber pflücken und zwar von allen Obstbäumen, an denen die Paten kein rotes Band als Zeichen der Eigenversorgung um den Stamm gebunden haben. Das ist allerdings nur bei vier der insgesamt 170 Kirsch-, Pflaumen-, Äpfel- und Birnbäume der Fall.

Genutzt wird dieses Angebot zum Leidwesen der Naturschützer aber noch viel zu wenig. „Dass sich hier jeder für den Eigenbedarf bedienen darf, ist noch nicht bei allen Menschen angekommen. Da gibt es immer noch eine Hemmschwelle“, sagt Chwallek. Wer nicht mehr genug abbekommt oder das Obst aus dem eigenen Garten nicht alleine verwerten kann, dem bietet sich zudem die Möglichkeit, auf der Internetseite www.streuobst-niederrhein.de kostenlose Annoncen aufzugeben. Zudem gibt es dort weitere Informationen zum Ratsbongert.

Dorthin ist Anke Wiemeyer ist aus Issum gereist. Und das nicht nur, weil es ihr wichtig ist, dass Streuobstwiesen erhalten bleiben und neue entstehen: „Ich wollte auch mal die Gelegenheit nutzen, andere Obstsorten auszuprobieren. Schade, dass es so etwas bei uns noch nicht gibt.“ Dass das Obst ungespritzt ist, ist für sie ein weiterer Anreiz. Das gilt auch für Sophia Schäfer aus Alpen. Sie sagt: „Die Äpfel im Supermarkt kleben, wenn man sie anfasst. Das mag ich nicht. Es ist schade, dass viele Menschen nur Äpfel kaufen, die wie gemalt aussehen.“

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