Rheinberg Mozarts verschiedene Seiten in Klang und Sprache

Rheinberg · Musik und Briefe eines humorvollen Komponisten. Das Mercator-Ensemble gastierte in Rheinberg vor einer Rekordkulisse.

Kurz vor dem Konzert wurden noch 20 Stühle im Stadthaus aufgestellt. Denn so viele Besucher hatten die Organisatoren von der Musikalischen Gesellschaft Rheinberg nicht erwartet. Kommen sonst rund 150 zu den Konzerten, waren es am Sonntagabend 210. Das war eine Rekordkulisse. Schließlich stand ein musikalisch-literarischer Abend mit Wolfgang Amadeus Mozart auf dem Programm, dem Komponisten der Wiener Klassik, der von 1756 bis 1791 lebte.

Das Mercator-Ensemble stellte den gebürtigen Salzburger nicht nur als genialen Tonkünstler vor, sondern auch als einen Verfasser humorvoller Briefe. Dazu hatte das Ensemble, das 2008 von Mitgliedern der Duisburger Philharmoniker gegründet wurde, die Mülheimer Schauspielerin und Rezitatorin Katja Heinrich eingeladen, die zwischen den Sätzen Briefe des Komponisten vortrug.

Er spielte mit der höfischen Etikette, beispielsweise wenn er seine adligen Briefpartnerinnen mit Superlativen wie "schönste, getreueste und gnädigste Frau Baronin" überschüttete. Dieser höfischen Sprache setzte er eine fast vulgäre gegenüber, etwa wenn er davon berichtete, wie er "einen Bock geschossen" habe. Dabei ließ er ständig offen, ob das Geschriebene wahr oder frei erfunden war. So lobte er in einem Brief sein "Herzensweibchen" Constanze in den Himmel, an die er mit "tränenden Augen" denke, um in einem anderen an eine Geliebte seine Sehnsüchte nach ihr zu beschreiben. Passend zu diesen humorvollen Briefen hatte das vierköpfige Mercator-Ensemble zwei humorvolle Stücke von Mozart ausgesucht. Unterstützt von den Solo-Hornisten Ioan Ratiu und David Barella, gab es vor der Pause das Divertimento F-Dur "Erste Lodronische Nachtmusik", Köchel-Verzeichnis 247. Dieses hatte Mozart 1776 als Namenstagsgeschenk für Maria Antonia Gräfin Lodron geschrieben. Selbst wenn Iona Ratiu kurzfristig Peter Bonk an der zweiten Geige ersetzt hatte, harmonierte sie perfekt mit den anderen Mitgliedern des Ensembles: dem ersten Geiger Matthias Bruns, der Bratschistin Eva Maria Gambino und dem Kontrabassisten Hanno Fellermann.

Nach der Pause spielten die Musiker das Divertimento F-Dur "Ein musikalischer Spaß", Köchel-Verzeichnis 522. Mozart wählte diesen Titel nicht ohne Grund, denn er gibt Geigern und Hornisten bewusst Triller und "falsche" Töne vor, um die Kompositionstechnik des späten 18. Jahrhunderts in Frage zu stellen. So hört sich das Divertimento manchmal schräg an, deshalb auch der Beiname "Bauern-Symphonie". Die Besucher spendeten viel Applaus. Belohnt wurden sie mit einer Nicht-Mozart-Zugabe. Das Ensemble spielte das Stück "Begin the Beguine", das Cole Porter 1934 für das Broadway-Musical Jubilee geschrieben hatte.

(got)
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