Rheinberg Lineg-Plan soll Grundwasser zähmen

Rheinberg · Der Salzbergbau hat Folgen im Untergrund. Geländeabsenkungen bringen den Grundwasserspiegel in Bewegung und Abflusssysteme ins Stocken. Die Lineg steuert gegen.

 Ralf Kempken und Dr. Wolfgang Kühn (v. l.) mit Karten und Plänen für die neuen Maßnahmen der Lineg.

Ralf Kempken und Dr. Wolfgang Kühn (v. l.) mit Karten und Plänen für die neuen Maßnahmen der Lineg.

Foto: Armin Fischer

Die Sensibilität ist groß. Als der Kreis Wesel als Untere Wasserbehörde bekannt gegeben hat, dass die Linksniederrheinische Entwässerungs-Genossenschaft (Lineg) ihre Pläne zur Gewässerregulierung im Bereich Alpen, Rheinberg, Xanten und dem linksrheinischen Teil der Stadt Wesel ausgelegt hat, ließ der Aufschrei nicht lange auf sich warten. Die noch junge, aber schon mehr als 1000 Mitglieder starke Bürgerinitiative der Salzbergbergbau-Betroffenen reagierte höchst besorgt. Sie fürchtet, dass durch das Maßnahmenpaket künftig zahlreiche Häuser und landwirtschaftliche Flächen im Wasser stehen. "Das Gegenteil ist der Fall", beteuert dagegen Dr. Wolfgang Kühn, Leiter der Lineg-Geschäftsbereichs Planen und Bauen. Schaden trete dann ein, wenn die Lineg nichts unternehme und damit ihrem gesetzlichen Auftrag nicht gerecht werde.

Kühn und Projektleiter Ralf Kempken wollen der kritischen Skepsis mit verstärkter Aufklärungsarbeit begegnen. Die Lineg-Akteure haben ihre Pläne inzwischen mit den Sprechern der Bürgerinitiative erörtert und vereinbart, mit ihnen in Kontakt zu bleiben. Außerdem erläutern sie ihr geplantes Maßnahmenpaket "Gewässerregulierung Nordgebiet bis 2025" in Kürze auch im Umweltausschuss der Stadt Rheinberg.

Hintergrund der Lineg-Pläne, für die das formelle Planfeststellungsverfahren angelaufen ist, sind die durch den Salzbergbau verursachten langfristigen Veränderungen im Gelände. Die können dazu führen, dass durch Senkungen Fließgewässer ins Stocken geraten. Fachleute formulieren das so: "Oberflächengewässer haben keine natürliche Vorflut mehr." Das meint die Gefahr, dass in bestimmten Gebieten der Grundwasserspiegel so stark ansteigt, dass er Gebäuden oder landwirtschaftlichen Flächen auf Sicht bedrohlich nahe kommt.

"Unsere Maßnahmen werden dafür sorgen, dass negative Folgen für Häuser und Böden ausbleiben", sagt Kühn selbstbewusst und verweist auf den riesigen Erfahrungsschatz der Lineg aus dem Steinkohlebergbau im südlichen Verbandsgebiet. Hier kann sie sich inzwischen darauf beschränken, den erreichten Stand zur Regulierung der Gewässer zu sichern. Im Norden, wo seit Mitte der 30er Jahre unter Tage Salz gewonnen wird, ist die Abgrabung im Bereich Wallach/Borth und unterhalb von Menzelen und Ginderich zum Stillstand gekommen - abgebaut wird nur noch im Bereich Bislicher Insel und Menzelen-West. Doch die Erde über den Salz-Abbauflächen wird noch rund 150 Jahre in Bewegung sein.

Die Lineg will regulierend eingreifen, um möglichen Schäden durch Grund- und Oberflächengewässer zu begegnen. Die Basisdaten sind ermittelt. "Wir haben relativ exakte, rechnerische ermittelte Prognosen für sich entwickelnde Setzungen an jedem Punkt im Gebiet", so Planungsingenieur Kempken. Daraus leiten sich sechs Einzelmaßnahmen ab, die bis 2025 umgesetzt werden sollen, um den Gewässerabfluss zu sichern und das Grundwasser auf einem unproblematischen Stand zu halten. Das Paket beziffert die Lineg "über den dicken Daumen" auf 25 Millionen Euro. Die Kosten übernimmt die Cavity. Mit dem Abwickler der Folgen des Salzbergbaus, sind die Maßnahmen zu 100 Prozent abgestimmt. Klar. Die Cavity schaut auf die Wirtschaftlichkeit.

Ralf Kempken nennt als konkretes Beispiel der baulichen Maßnahmen die Ertüchtigung der Borthschen Ley. Die soll das Niederschlagswasser aus Drüpt und Borth aufnehmen und es dann durch ein setzungsfreies, ökologisch wertvolles Gefälle über eine Strecke von 3,5 Kilometern in den Altrhein problemlos abfließen. Knapp sieben Millionen wird allein diese bauliche Maßnahme kosten.

Im Gegenzug muss eine Pumpanlage im Bereich Menzelen nicht errichtet werden, erläutert Ralf Kempken. "Jeder Kubikmeter Wasser, der nicht gepumpt werden muss, ist ein guter Kubikmeter", sagt Dr. Kühn. Denn Pumpen sind Stromfresser und müssen ständig gewartet werden. Im Bereich des Freizeitsees im Menzelen wird die bisherige Pumpanlage durch eine neue an anderer Stelle im See ersetzt. Die Alt-Anlage aus den 80ern sei auf und könne nicht mehr saniert werden. Die neue mit einer maximalen Leistung von 700 Litern pro Sekunde soll möglichst noch in diesem Jahr angepackt werden, damit Menzelen noch lange trockene Füße behält.

Das i-Tüpfelchen der Planung ist die Anbindung des Winnenthaler Kanals von der Wassermühle in Birten bis an den Rhein. Durch einen Kaskadenlauf wie an der Rheinberger Schleuse, wo Fossa und Rheinbach zusammenfließen, soll der Kanal gemäß der EU-Wasserrahmenrichtlinie ökologisch aufgewertet und so Kleinlebewesen und Fischen ermöglicht werden zu wandern. Auch damit soll noch in diesem Jahr begonnen werden.

(RP)
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