Leserforum Fehler machen Amplonius zur Reizfigur

Rheinberg · Die Bronzestatue des großen Sohnes der Stadt befördert kurze Zeit nach der Enthüllung eine rege Debatte.

 Ein Werk, über das man spricht: An der Bronze-Statue von Amplonius scheiden sich die Geister.

Ein Werk, über das man spricht: An der Bronze-Statue von Amplonius scheiden sich die Geister.

Foto: Fischer, Armin (arfi)

Kaum ist das Bronze-Denkmal, das Heimatfreunde dem Amplonius, dem großen Sohn der Stadt Rheinberg zu Ehren aufgestellt haben, enthüllt, flammt der Streit darüber auf, ob das Bildnis, das sich Hans-Peter Fonteyne von ihm gemacht hat und das vor der Kirche St. Peter platziert worden ist, dem Gelehrten gerecht wird. Verschärft wird die Debatte durch Fehler in der Texttafel zu seinen Füßen.

Reinhard Bassier, Rheinberg, schreibt:

Amplonius war ein bedeutender Bürger unserer Stadt und hat einen passenden Standort in Rheinberg verdient. Kein Zweifel. In diesem Punkt irrt Herr Faets gewaltig, wenn er zwischen Denkmal und dem Wirken von Amplonius einen grundsätzlichen Konflikt vermutet. Bürgerliches Engagement ist immer gut. Ohne dieses Engagement würde vieles nicht möglich sein. In diesem Sinne Dank an Herrn Feltes und seine Unterstützer.

Aber hier ist künstlerisch arg bieder ausgeführt, was zeitgemäß hätte gestaltet werden können. Künstlerisch hochwertige Bildhauerei sieht anders aus. Barlach, Lehmbruck, Rodin sind gute Beispiele dafür, auch in der zeitlosen Abbildung historischer Personen. Dieser Amplonius ist es sicherlich nicht, mit Details überfrachtet auf Basis einer lokalen Vorlage. Auf einem Friedhof wäre er „passend“. Zugleich Beispiel dafür, dass man dem geschenkten Gaul vorher auch ins Maul gucken sollte, wenn er an prominenter Stelle seine Weide finden soll. Große Chance für Rheinberg verpasst! Es gibt ja auch gute Beispiele, etwa die Entwürfe für die Neugestaltung des Alten Rathauses. Aber der Entwurf dafür ist Ergebnis eines qualifizierten überregionalen Wettbewerbs gewesen. Das war nicht zu übersehen.

Amplonius kann sich bekanntlich nicht mehr wehren. Bei den Rechtschreibefehlern sollten wir großzügig sein, er wäre es wahrscheinlich auch. Er kannte ja die Rheinberger.

Heinz Pannenbecker, Moers:

Bereits in meinem 2017 veröffentlichten Leserbrief zum geplanten Amplonius-Denkmal hatte ich darauf hingewiesen, dass ich eine Statue als reines Fantasieprodukt ablehne, da es dem Lebenswerk des Amplonius de Berka und seinen Ideen und Visionen in keiner Weise gerecht werden kann.

Nun stellt sich heraus, dass der Info-Text zur Statue fehlerhaft ist, wobei dies symptomatisch zu sein scheint für den Umgang mit Amplonius und seinem Werk. Der Text ist eine zweifelhafte Angelegenheit – und wenn Frau Hackstein sagt, dass „der Text, um den es hier geht, […] aus Versatzstücken anderer, seit langem bestehender Texte zusammengesetzt worden“ ist, dann zeigt das nur die fehlende Ernsthaftigkeit und mangelnde Gründlichkeit der Initiatoren bei der Auseinandersetzung mit dem großen Sohn Rheinbergs.

Denn die zwei Fehler bleiben nicht alleine stehen. Da wird die lateinische Bezeichnung für die Bibliothek des Amplonius benutzt, „Bibliotheca Amploniana“ – aber mit „k“ geschrieben. Ähnliches geschieht mit der Erwähnung des „Collegium Amplonianum“. Aber auch hier ist man nicht genau, denn die neun Freistellen für Rheinberger Studenten wurden von Amplonius bereits früher als 1433 eingerichtet. Da wird ein Vers von Cato dem Älteren in deutscher Übersetzung präsentiert, den Amplonius sicher hätte unterschreiben können, der aber erst 1614 – also fast 200 Jahre nach Amplonius‘ Tod – an der alten Lateinschule in Rheinberg angebracht wurde. Warum steht dieser Satz hier auf dieser Info-Tafel? Welches ist seine Funktion hier an dieser Stelle? Hatte man einfach noch etwas Platz, aber keine weiteren „Versatzstücke“ mehr zu Amplonius und seinem Lebenswerk?

Und da wird leider völlig verschwiegen, dass es in Rheinberg noch eine weitere Institution gibt, die an Amplonius erinnert, nämlich die Stiftung Amplonius Novus. Die Initiatoren der Statue sind von dritter Seite darauf hingewiesen worden, auch die Studienstiftung in ihren Text aufzunehmen. Man hat darauf verzichtet – doch wohl nicht etwa, weil der Stiftungsvorsitzende dem sogenannten „Denkmal“ kritisch gegenübersteht?

Herr Faets hat vollkommen recht, wenn er die Sinnhaftigkeit der Statue in Frage stellt. Denn dieses Fantasie-Figürchen ist völlig ungeeignet, das Wesentliche an der Person des Amplonius herauszuarbeiten. Denn was ihn ausmacht, ist seine Leistung als Bildungsförderer und als visionärer Stifter. Beides war und ist für Rheinberg und seine Jugend von großer Bedeutung! Mit den ihm zur Verfügung stehenden Mitteln hat Amplonius eine Bildungsoffensive gestartet, mit deren sozialer Komponente er seiner Zeit weit voraus war, und die es vielen jungen Menschen ermöglichte, eine gute akademischen Ausbildung zu genießen.

Amplonius ist mit seinem ungewöhnlichen Einsatz für das Wohl anderer Menschen ein wegweisendes Beispiel und Vorbild auch für unsere Zeit! Die amplonianische Stiftung überlebte den großherzigen und weitsichtigen Stifter mehrere Jahrhunderte und endete formal erst 1947. Die Rheinberger hatten natürlich erkannt, dass diese Stiftung das eigentliche Denkmal für Amplonius war und somit jedes andere unnötig macht(e). Es wurde daher auch noch nach dem Zweiten Weltkrieg versucht, die Stiftung zumindest für junge Rheinberger weiterzuführen, was letztlich 2012/2013 zur Neugründung der Studienstiftung Amplonius Novus führte.

Man mag sich eigentlich nicht vorstellen, was eine Stiftung, die junge Rheinberger in ihrem Studium unterstützt, mit dem Geld hätte anfangen können, das diese beliebige Phantasie-Figur gekostet hat! 32.000 Euro sind nun wahrlich kein Pappenstiel und hätten ganz im Sinne des Amplonius viel Gutes bewirken können, statt in eine „obskure Bronzefigur“ gesteckt zu werden, die dem Leben und Wirken des Amplonius in keiner Weise gerecht wird.

Klaus Lorenz, Rheinberg:

Mit Freude lese ich die Berichterstattung über die Schreibfehler auf der Erläuterungstafel der vor kurzem vor St. Peter aufgestellten Amplonius-Statue in Rheinberg. Diese Fehler führen doch unbeabsichtigt dazu, dass die ansonsten eher biedere Skulptur eine Diskussion über Amplonius und sein soziales und wissenschaftliches Wirken ausgelöst hat, das in unsere Zeit hineinwirken sollte.

Ohne diese Fehler wäre die Figur nur wenig wahrgenommen worden und eine Diskussion hätte nicht stattgefunden. Mein Fazit: Die Fehler im Text unbedingt stehenlassen, dann erfüllt die Skulptur sogar die Aufgabe, die Kunst im öffentlichen Raum erfüllen sollte – nämlich außer schmücken auch Neugierde wecken, provozieren, erinnern und mahnen.

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