Aus der Stadtgeschichte So alt ist der Karneval in Rheinberg

Rheinberg · Werner Kehrmann hat alte Ratsprotokolle gelesen und herausgefunden, dass schon mindestens seit dem Jahr 1550 „Mummenschanz“ in Rheinberg gefeiert wird. Der Kenner der Stadthistorie hat einen Gastbeitrag darüber geschrieben.

 Werner Kehrmann erforscht seit Jahrzehnten die Rheinberger Stadtgeschichte.   RP-Archivfoto: arfi

Werner Kehrmann erforscht seit Jahrzehnten die Rheinberger Stadtgeschichte. RP-Archivfoto: arfi

Foto: Armin Fischer ( arfi )

In der fünften Jahreszeit steht das Rheinland kopf, das ist auch in Rheinberg so. Die Stadt muss sich aber nicht hinter den großen Karnevalsmetropolen verstecken. 200 Jahre sind es in Köln, in Rheinberg schon mindestens 473 Jahre Karneval oder Mummenschanz, wie es früher hieß.

In den Ratsprotokollen werden bestimmte Jahre genannt: 1550 für das ausgehende Mittelalter und für die frühe Neuzeit dann 1631 sowie 1636. Karnevalistisches Treiben gab es da schon, manchmal zum Unmut der Regierenden aus Kirche und Staat.

Die Corona-Pandemie hat uns vorübergehend aus der Bahn geworfen, gleichwohl war in der Zeit der karnevalistische Gedanke in Rheinberg immer noch lebendig, Man kann von einem karnevalistischen Erbe sprechen, es liegt in den Genen der Rheinberger. Die Pest kann man ebenfalls als eine Pandemie bezeichnen. In den 1630 Jahren tobte sie auch in Rheinberg. In einem alten Ratsprotokoll wird darüber berichtet. Bürgermeister und Rat standen unter Druck, wie denn die Bevölkerung zu schützen sei, ein Verbot der Fastnachtsfeierlichkeiten fand nicht statt. Fastnacht wurde flott gefeiert, hier waren es die damals wichtigen Mühlenknechte, die feierten, aber auch der Direktor der Lateinschule, der mit seinen Chorsängern eine karnevalistische Komödie aufführte. Mummenschanz überall.

Genannt wird das „Närrische Comite“ der Gesellschaft Pulverturm, die auf ihrer Generalversammlung die närrischen Einzelheiten für Rheinberg besprochen haben. Am 10. März 1859 wirbt diese Gesellschaft für einen Maskenball, teilnehmen dürfen Einheimische und nicht Einheimische, die Männerwelt zahlt Eintritt, die Damen haben freien Eintritt. Es besteht ein Zwang zur Maskerade für die Männer, die Frauen dagegen brauchen nicht einmal geschminkt zu sein. Und, ganz wichtig, wer sich als Anwesender nicht amüsiert und einfach nur rumsteht, bezahlt das doppelte. Unterschrieben hat der Vereinsvorstand mit „Der Hanswurst“.

Ebenfalls 1859 wirbt die Gesellschaft Concordia Camp mit einem Freiball, am 7. März 1859, Fastnachtsmontag (Rosenmontag), gibt der Gesangverein Alpsray im Saale Peschges ein Konzert, dann folgen theatralische Vorstellungen mit karnevalistischem Hintergrund, der Abend endet mit einem Ball. Auch in Budberg geht es an den Karnevalstagen rund, am Fastnachtsmontag wird zum Karnevalsball geladen.

Die Rheinberger Polizei wollte auch mitmischen. Ein Paragraphenwerk unter dem Namen „Polizei-Beschluß“ ist erstellt worden. Paragraph 1 besagt: Öffentliche Aufzüge nur nach polizeilicher Genehmigung. Paragraph 2: Maskenträger müssen ihre Maske anmelden und erklären, was die Maske bedeuten soll. Paragraph 3: Als Maskenträger müssen die guten Sitten beibehalten werden. Dieser „Beschluß“ wird über viele Paragraphen fortgesetzt, so dürfen etwa andere maskierte Personen nicht beleidigt werden.

Nach den Karnevalstagen sprach der Bürgermeister seinen öffentlichen Dank den Karnevalsvereinen wie der „Gesellschaft Pulverturm“ oder der Karnevalsgesellschaft „Schattenspiel“ aus. Der Bürgermeister spendete den Rheinberger Karnevalsvereinen immer zwei Tonnen Bier. Und zum Beginn der Fastenzeit ist es dem Rheinberger Bürgermeister so richtig warm ums Herz geworden, entsprechend sprudelten die Gaben aus der städtischen Kasse. Davon können die Rheinberger heute nur träumen.

(up)
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