Kalender für Alpen Ein Streifzug durch die Jahreszeiten

Alpen · Auch für Hans-Josef Angenendt (70) war 2020 kein so schönes Jahr. Dennoch ist er wieder morgens mit seiner Kamera und Begleiterin Bella losmarschiert und hat in und um Menzelen schöne Motive für den Kalender 2021 gesucht. Natürlich ist die Pandemie ein Thema, aber von ihrer schön-kreativen Seite. Nur der Vertrieb des Spaziergangs in Bildern ist diesmal recht schwierig.

 Winterlandschaft: Tau hat sich auf die Wiesen gelegt. Die aufgehende Sonne taucht sie in schönes Licht. 

Winterlandschaft: Tau hat sich auf die Wiesen gelegt. Die aufgehende Sonne taucht sie in schönes Licht. 

Foto: Angenendt

Noch ist das Jahr nicht rum. Aber Hans-Josef Angenendt in Menzelen zieht bereits Bilanz: „Es war kein so schönes Jahr.“ Dabei ist der 70-jährige Rentner eigentlich ein positiver, meist gut gelaunter Zeitgenosse. Das Coronavirus mit all seinen Risiken und Nebenwirkungen hat ihn zwar nicht erwischt, aber doch mitgenommen. Und auch in der Familie hat’s traurige Tage gegeben. So habe ihm eine Zeit lang der Sinn nicht danach gestanden, das zu tun, was er seit Jahren so gerne macht, und das jeden Tag neu: Durch die Gegend ziehen, zu Fuß, endlich mit professionellen Wanderschuhen – „eine Wohltat“ –, bewaffnet mit der Kamera und in Gesellschaft seiner treuen Begleiterin, Hündin Bella, die er vor Jahren von einer Straße in Spanien nach Menzelen geholt hat.

Den Kalender, den er schon seit rund zwei Jahrzehnten Jahr für Jahr mit Motiven, die er auf seinen morgendlichen Streifzügen aufgelesen hat, bestückt, hat er dennoch fertig. Das Deckblatt schmückt das alles bestimmende Thema in diesem Jahr: die Pandemie.

Die schöne, kreative Seite der bedrängenden Ereignisse, die alle Routinen weltweit gestoppt haben, zeigt auf dem Titelblatt ein Foto von bunt bemalten Steinen, die Menzelener in der frühen Pandemie-Phase als Zeichen des Zusammenhalts in Form einer Schlange rund um den Froschbrunnen gelegt hatten. Darunter neben wirklich süßen Tierchen – natürlich – ein glasiertes Kunstwerk mit dem Emblem des FC Kölle, dessen Fan der wandernde Fotograf ist. Den Stein hat sein Sohn Marcel bemalt, obwohl dessen Herz für die Fortuna in Düsseldorf schlägt. Echte Fründe.

Januar Der Winnenthaler Kanal führt mal wieder richtig Wasser. Und: Ein Tümpel, in dem auch Nutrias tauchen, sei ein favorisiertes Ziel, sagt Anengendt, weil er hier immer was Lohnendes vor die Linse kriege. Wenn sein Blick am Flöth­weg Richtung Salzbergwerk geht, wo er früher unter Tage gearbeitet hat, dann wird ihm warm ums Herz. Und er muss angesichts der feuchten Wiesen an seine Kindheit denken, als das Wasser hier im Winter gefroren war und eine formidable Schlittschuhlaufbahn abgab.

Februar Wasser beherrscht diesen Monat, auch wenn’s nicht auf allen Bildern sichtbar wird. Zum abgestellten Weihwasserkübel auf einer Bank vorm Christus-Kreuz am Flöth­weg erzählt Angenendt eine kleine Geschichte: „Bei der Einsegnung des neuen Corpus hat’s gedonnert, geblitzt, gehagelt und geschüttet, als sei da oben jemand richtig sauer gewesen und habe mächtig Dampf abgelassen.“ Die kleine Gemeinde um Pastor Heshe habe eiligst Unterschlupf gesucht.

März Der März bleibt frostig, aber auf bäuerliche Art. Ein Bild zeigt einen Kartoffelacker unter Folie, die bei Minustemperaturen mit Wasser bespritzt worden ist, um die Frucht im Boden vor dem Frost zu bewahren. Das Wasser im Gebüsch formt kunstvolle Eisgebilde. An anderen Stellen meldet sich das Leben zurück: Auf einem Gewässer in Eppinghoven zieht ein stolzer Schwan einsam seine Bahn, auf einer Flöth­wiese bringen Osterglocken frische Farbe ins sonst noch winterlich graue Naturschauspiel.

April Der Frühling entfaltet Pracht, die Kirschblüte an Mosters Mühle treibt aus oder in wilder Variante an der Kirche St. Walburgis. Hans-Josef Angenendt hat auch die Leiter ins Bild gerückt, die er aus Birkenstämmen gezimmert und mit Holzklompen als Blumenkästen bestückt hat.

Mai Im Wonnemonat kann der Betrachter in Farben schwelgen, auf einem Feld voller Klatschmohn oder beim purpurrot blühenden Klee vor einem im Hintergrund ackernden grünen Traktor. Landidylle. Und bei „Doktor Manni“ – in Menzelen ist er als Tierretter bekannt – nistet ein Schwalbenpärchen unterm Dach.

Juni Der Mensch trotzt seit drei Monaten der Corona-Krise. Bunte Steine und das entschlossene, Mut machende Bekenntnis: „Wir bleiben zu Hause, wir schaffen das.“

Juli Ein dunkelgrünes Kreuz in den noch stehenden reifen Ähren eines ansonsten abgeernteten Getreidefeldes an der Alpener Ulrichstraße steht als eindrucksvolles Mahnmal für den Überlebenskampf der Landwirte, die sich von der Politik häufig ziemlich allein gelassen fühlen. Daneben ein Lichtblick: eine paradiesisch blühende Wildblumenwiese vor aufgehender Sonne – „ein Traum“.

August Die Ernte ist im vollen Gange, Strohrollen hinter einem reifen Kornfeld. Die alten, lange nicht mehr befahrenen Gleise der Bahnlinie von Wesel nach Geldern werden von Gestrüpp überwuchert. Richtig aufgeräumt wirkt dagegen am Riller Weg der nachgebaute Ziehbrunnen mit „Blick auf den Dom in Menzelen“.

September Kühe stehen unterm Schattendach von Kopfweiden – auf der einen Seite die Rot-, gegenüber die Schwarzbunten, fein getrennt. Ein tierisch friedvolles Nachbarschaftstreffen an der Neuen Straße. Darunter ein Hochbeet mit üppigen Kürbispflanzen. Die Blätter der Bäume zeigen bereits die Farbe der Vergänglichkeit.

Oktober Der Herbst ist da, die Blätter fallen. Und „Bella“, die in keinem Kalender fehlen darf, hockt in gelbem Laub, das sich als Teppich über Rasen im Innenhof der Kirche St. Walburgis gelegt hat. Am Riller Weg blüht hinter einem satt grünen Acker leuchtend gelber „Wintersenf“ – ein goldiger Monat.

November Die Motive werden empfindlich kühler, bleiben dennoch schön: Bodenfrost vom DRK-Heim und ein Feld, auf dem die Spuren der Arbeit geometrische Muster in die Erde zeichnen. Wiesen tragen ein weißes Kleid aus Tau.

 Der Sommer ist im Anmarsch: Der tiefrot blühende Klee vorm mähenden Traktor zeigt, dass Natur und Landwirtschaft sich vertragen.

Der Sommer ist im Anmarsch: Der tiefrot blühende Klee vorm mähenden Traktor zeigt, dass Natur und Landwirtschaft sich vertragen.

Foto: Angenendt
 Der Frühling zeigt Farbe: Die üppige Kirschblüte vor der Kirche St. Walburgis ist im Frühjahr ein Blickfang.

Der Frühling zeigt Farbe: Die üppige Kirschblüte vor der Kirche St. Walburgis ist im Frühjahr ein Blickfang.

Foto: Angenendt
 Es ist Herbst, die Blätter fallen: Hündin Bella  – im Innenhof von St. Walburgis – darf als Motiv im Kalender nicht fehlen.

Es ist Herbst, die Blätter fallen: Hündin Bella  – im Innenhof von St. Walburgis – darf als Motiv im Kalender nicht fehlen.

Foto: Angenendt

Dezember Kein Schnee. Die Flöth­ ist überzogen mit einer dünnen Eisschicht. Eine knorrig kahle Krone einer Platane im Vorgarten eines Hauses träge rote Kugeln – ein artifizieller Weihnachtsbaum. Traditioneller Kontrast: die Krippe in St. Walburgis. Frohes Fest.

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