Rheinberg Geschichten hinter alten Häusernamen

Rheinberg · Werner Kehrmann erforscht die Historie seiner Heimatstadt. Jetzt gibt er sein erstes Buch über ein Projekt heraus, das Rheinberg zu einer Besonderheit macht. Es geht um Bezeichnungen wie "In der Hölle" oder "In der verkehrten Welt".

 Werner Kehrmann (2.v.l.) mit Luja (li.) und Bernhard Evers (3.v.l.) sowie Jan Noordam, auf dessen Altenheim die Schriftzüge "Im reisenden Mann" und "In der Stadt Amsterdam" prangen.

Werner Kehrmann (2.v.l.) mit Luja (li.) und Bernhard Evers (3.v.l.) sowie Jan Noordam, auf dessen Altenheim die Schriftzüge "Im reisenden Mann" und "In der Stadt Amsterdam" prangen.

Foto: Armin Fischer

Jan Noordam, Betreiber des Alten- und Pflegeheims Am Kattewall an der Orsoyer Straße, hat mit "Im reisenden Mann" und "In der Stadt Amsterdam" gleich zwei historische Namen auf seinen alten Häusern von 1771 und 1776 aufbringen lassen. Insgesamt kann man ein knappes Dutzend dieser Marken innerhalb der Wälle finden. Im Anker, Im Scheffel, Zu den drei Kronen, Zu den drei Fischen oder Zum Kölner Dom. Vermutlich trugen einst 370 Rheinberger Häuser solche meist schönen Namen, die auch bildlich dargestellt waren. Schließlich sollten damals auch Analphabeten die richtige Adresse finden.

110 dieser alten Namen sind heute wieder bekannt. Das ist vor allem Heimatkundler und Stadtführer Werner Kehrmann zu verdanken. Der 69-Jährige - er ist 2. Vorsitzender des Heimatvereins Rheinberg - hat die Recherchen, die der damalige Bürgermeister Schmitz 1883 und der spätere stellvertretende Stadtdirektor Heinz Janssen 1995 vornahmen, seit 2015 weitergeführt und hat jetzt ein Buch darüber geschrieben. Es ist das erste Buch des pensionierten Wasserschutzpolizisten, heißt "Geschichten hinter den Fassaden - Historische Häusernamen in Rheinbergs Innenstadt" und kann ab sofort gekauft werden. Werner Kehrmann hat die heutigen Eigentümer jener Häuser, die einst benannt waren, angeschrieben und hat ihnen vorgeschlagen, diese Namen auf der Fassade anzubringen. Die meisten seien Feuer und Flamme gewesen, aber nicht alle haben schon die Initiative ergriffen. Kehrmann sagt, warum er dieses Buch geschrieben hat: "Rheinberg hat mit diesem Projekt ein Alleinstellungsmerkmal. In keiner anderen Stadt in ganz NRW und auch darüber hinaus gibt es Bestrebungen, die historischen Namen wieder sichtbar zu machen und die Geschichten dahinter zu erzählen. Solche Aktionen bringen Touristen in die Stadt, Touristen lassen Geld hier und Geld ist das, was Rheinberg am besten gebrauchen kann." Bei seinem Buch hatte Kehrmann einige Helfer. Der Grafiker Luja hat die Titelseite gestaltet, der Drucker- und Setzermeister Bernhard Evers hat das Buch druckfertig gemacht und Stadtarchivarin Sabine Sweetsir stand bei den Recherchen mit Rat und Tat zur Seite.

Kehrmann: "Wenn man heute in Rheinberg sagt: Ich fahre zum Schwarzen Adler, weiß jeder,was gemeint ist. Ich möchte, dass auch andere Namen vertrauter werden."

Es sind durchaus skurrile Beispiele dabei. Das Haus Orsoyer Straße 40 heißt "In der Hölle". Warum? "Dort wurde früher Karneval gefeiert", so Kehrmann. "Hölle heißt das Haus, weil dort der Hoppeditz verbrannt wurde." Nicht immer waren die Namen idyllisch: "Das Haus, in dem sich die Buchhandlung Schiffer-Neumann befindet, heißt "Im wilden Mann". Hintergrund - gruselig - sei ein "Kinderfresser", hat Kehrmann herausgefunden.

Der Autor hofft nun, dass viele weitere Hauseigentümer die alten Namen auf die Häusern pinseln. Wer bestimmte Voraussetzungen erfüllt, kann dafür auch Geld aus dem Verfügungsfonds bekommen.

Das Buch hat 144 Seiten, ist in einer Startauflage von 200 Stück erschienen und kostet vier Euro. Erhältlich ist es in der Sparkasse an der Bahnhofstraße, in der Bäckerei Bergmann an der Xantener Straße und bei Creaktivo, Zu den Stationen am Annaberg.

(up)
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