Alpen Fußball-Fest für Weihnachtsfrieden

Alpen · Christmas Truce: Alpener Realschüler spielten in England ein historisches Spiel

 Auf dem Schulhof wurde die historische Szene auf dem "No man's land" möglichst nah an der Realität nachgespielt.

Auf dem Schulhof wurde die historische Szene auf dem "No man's land" möglichst nah an der Realität nachgespielt.

Foto: NN

13 Acht- und zwei Zehntklässler der Realschule sind von einer Klassenfahrt zurück, die sie so schnell nicht vergessen werden. Auf Einladung der Seaham School aus Durham County und der UK German-Connection sind die Jugendlichen aus Alpen auf die Insel nach England gereist, um an dem historischen Projekt unter dem Titel "Christmas Truce" (weihnachtliche Waffenruhe) teilzunehmen (die RP berichtete im Vorfeld ausführlich).

 Eine unvergessliche Begegnung und ein Akt der Völkerverständigung: Die Alpener Realschüler haben sich in Durham mit den Schülern der Seaham School gut verstanden.

Eine unvergessliche Begegnung und ein Akt der Völkerverständigung: Die Alpener Realschüler haben sich in Durham mit den Schülern der Seaham School gut verstanden.

Foto: Privat

Hintergrund: Am 24. Dezember 1914 - Heiligabend - hatten britische und deutsche Soldaten an der Westfront in Flandern für die Weihnachtstage den Krieg unterbrochen, um aus ihren Schützengräben zu klettern. Sie haben gemeinsam "Stille Nacht" gesungen und dann zwischen den Fronten auf Niemandsland Fußball gespielt. Hier eher beiläufig erwähnt: Die Erinnerung an das damalige Geschehen spielt im Mutterland des Fußballs alljährlich eine große Rolle. Die Geste des Friedens mitten im Krieg wird dabei immer wieder nachgespielt.

So zogen die Alpener als Gäste aus Deutschland gleich zu Beginn des Treffens das Interesse auf sich. "Kaum waren wir angekommen, wurden wir von Reportern umlagert, mussten Fernseh- und Radiointerviews geben. Abends auf der Bowlingbahn haben wir uns im Fernsehen gesehen", erzählt Arvid Mittelmeyer, der sich mit den Journalisten wie seine Mitschüler in der Landessprache unterhalten hat. In feinstem Oxford-Englisch haben Arvid, Kai Borgmann und Tim Besan zudem auch vor Schülern der Seaham School ein viel beachtetes Referat über Willy Gies, den Gründer von Schalke 04, gehalten.

Wie ernst es die Engländer mit einer originalgetreuen Darstellung des Geschehens nehmen, wurde daran deutlich, dass sie den halben Schulhof metertief ausgehoben hatten, um realistische Schützengräben anzulegen. Dann ging's zur Sache - viel realer, als es den Alpener Schülern recht war. "Wir mussten bei vier Grad in kurzen Hosen aus den,Schützengräbern' klettern und anschließend auf dem matschigen ,No Man's Land' Fußball spielen", erinnert sich Arvid Mittelmeyer. Selbstverständlich waren nicht nur die Trikots stilecht, sondern auch der Ball: Wie früher befand sich in der handgenähten Lederkugel eine Schweineblase.

Obwohl keine Tore aufgestellt wurden, gab's ein Ergebnis. Das liegt am Stolz der Briten. Oder ist es ein Trauma? "Vor 100 Jahren soll das Spiel 3:2 für Deutschland ausgegangen sein, deshalb haben die Engländer es jetzt mit 3:2 für sich gewertet. Egal, gewonnen haben alle", erklärt Nico Theußen. Am Ende gab es für die Alpener Erinnerungshemden mit dem eingestickten Titel "Christmas Truce - Football Reenactment 2014".

Die Gäste bedankten sich für die Einladung zur Nachstellung des historischen Ereignisses mit einem außergewöhnlichen Mitbringsel. Von dem in Xanten tätigen Archäologen Clive Bridger, Fachmann für literarische Übersetzungen, haben die Realschüler Feldpostbriefe von Gelsenkirchener Soldaten übersetzen lassen und auf pfiffige Weise verändert. "Wir haben die Texte der Frontsoldaten mit Songzeilen des Friedensliedes Pipes of Peace von Paul McCartney vermischt und danach mit den Engländern eine Friedenspfeife geraucht", erläutert Lehrerin Doris Lork-Haedrich.

Insgesamt vier Tage lang waren die Realschüler in Durham, Partner-County des Kreises Wesel. Neben dem historischen Fußballspiel standen auch Museumsbesuche auf dem Programm. Dabei wurde den Schülern aus Alpen in aller Deutlichkeit bewusst, in welchem Kontext das friedliche Spiel mit der Lederkugel vor 100 Jahren gestanden hat. "Als ich im Kriegsmuseum die Handgranate in der Hand gehalten habe, hab' ich nur gedacht, was für eine Scheiße", sagte Jessica Leitung mit leiser Stimme und drastischen Worten.

In dem Museum kam es dann auch zu dieser einen Situation, die den Jugendlichen aus Alpen nicht mehr so schnell aus dem Kopf geht. "Der Museumsdirektor hat gefragt, wer heute für sein Vaterland in den Krieg ziehen würde. Die Engländer sind alle vorgetreten, von uns Deutschen niemand", berichtet Arvid Mittelmeyer. Es gibt also noch eine Menge Redebedarf, auch im Nachhinein, um die eindrucksvollen Erlebnisse aufzuarbeiten. Über soziale Netzwerke bleibt der Kontakt zu den Freunden an der Seaham School in England deshalb weiter bestehen.

(RP)
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