Rheinberg Friedemanns Leben – und mehr

Rheinberg · Orsoy "Stolpersteine sollen uns und die Nachgeborenen an jüdische Familien erinnern, die hier in Orsoy und überall in Deutschland gelebt haben. So wie Herta Friedemann, die 1909 in Orsoy geboren wurde, ihre Lebenserinnerungen für ihre Familie, ihre Enkel und Urenkel aufgeschrieben und so vor dem Vergessen und Nichtwissen bewahrt hat." Mit diesen einfühlsamen Gedanken stimmte Petra Gehnen, 1. Vorsitzende von LeseLust Orsoy, die zahlreichen Zuhörer ein, die mit Spannung auf die Lebensgeschichte von Herta Friedemann und die Lesung aus Werken anderer israelischer Schriftsteller warteten.

Rezitator Frank Wickermann

Fasziniert lauschte man, als Rezitator Frank Wickermann mit den Kindheitserinnerungen der Orsoyerin begann. Man erfuhr, dass zur damaligen Zeit noch 40 jüdische Familien in Orsoy als anerkannte Mitbürger lebten. Es gab eine Synagoge und die Kaufmannsfamilie Friedemann besaß eine gut gehende Manufaktur mit Kleidern, Stoffen und entsprechendem Zubehör. In ihrem Buch erinnert sich Herta Friedemann an eine glückliche und sorgenfreie Kindheit, denn die Großfamilie wohnte in einem Geschäftshaus mit Hof und Garten. Unbeschwert konnte sie in früher Kindheit auch das Spiel mit den vielen Kleinkindern genießen. Mit dem ersten Weltkrieg verband die junge Herta erste Einbrüche in die bis dahin gute soziale Absicherung aller. Im Hause Friedemann wurde die Essenausgabe für die Bürger eingerichtet. Herta Friedemann sah darin einen Vertrauensbeweis für die Ehrlichkeit ihrer Eltern. "Das einzige Exemplar dieser beeindruckenden Lebensgeschichte gab es in der Staatsbibliothek München, das zweite ist nun bei uns auszuleihen", informierte Petra Gehnen.

Im Schnellzug nach Haifa

Imposant gestaltete sich auch die Auswahl der Bücher, aus denen Frank Wickermann vorlas und die in der Bücherei als Ausleihe vorhanden sind. Kurze literarische Einblicke gab es im "Schnellzug nach Haifa" von der Berliner Journalistin Gabriele Tergit. Rührend, traurig und dennoch ein wenig komisch wirkte die Geschichte von "Onkel Oded" aus der Feder von Lizzie Doron, die in Tel Aviv lebt. "Stichwort Liebe" hatte man für David Grossmann ausgewählt, der bei der Frankfurter Buchmesse mit dem Friedenspreis des Deutschen Buchhandels ausgezeichnet wurde.

(RP)
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