Rheinberg Firma will Grubengas fördern: Politik hat Angst vor Erdbeben

Rheinberg · Entsetzen im Stadtentwicklungs- und Umweltausschuss über eine Vorlage der Verwaltung. Firma will unter Rheinberg Flöz- und Grubengas abbauen, und das Rathaus sagt: "Das sehen wir positiv."

Mit Fracking soll das, was die Firma PVG GmbH unter anderem und möglicherweise in Rheinberg vorhat, nichts zu tun haben. Das Unternehmen hat bei der Bezirksregierung Arnsberg beantragt, sogenannte bergfreie Bodenschätze zu gewerblichen Zwecken "aufsuchen" zu dürfen. Es geht um Kohlenwasserstoffe. PVG möchte Grubengas (Methan) und Flözgas gewinnen. Das Unternehmen weist darauf hin, dass keine Fracking-Technologie angewandt wird. Das heißt: Das Gas soll nicht unter Hinzunahme von Chemikalien aus dem Gestein gepresst werden.

Welches Verfahren PVG in Kamp-Lintfort, Issum, Alpen sowie Rheinberg (und dort speziell in Ossenberg, Wallach und Borth) anwenden möchte, blieb offen. Dennoch kam die Stadtverwaltung in ihrer Vorlage für den Stadtentwicklungs- und Umweltausschuss zu dem Schluss: "Nach Auffassung der Verwaltung ist der Antrag der PVG GmbH durchaus positiv zu betrachten." Es sei zu begrüßen, dass die Firma auf die Fracking-Methode verzichten wolle.

Diese Einschätzung verschlug Sabine Kaußen von der CDU im Ausschuss beinahe die Sprache. "Wir sind komplett unzufrieden mit dieser Unterlage und sehen das komplett anders", sagte sie und nannte eine Reihe von Punkten, die bei der Beratung in der CDU-Fraktion Fragen aufgeworfen hätten. So sprach sie die Erdbebengefahr an, verwies auf die Beurteilung des höchsten niederländischen Gerichts in Zusammenhang mit dem ähnlich gelagerten Fall Groningen (wo die Gasförderung ein Erdbeben ausgelöst hatte) und nannte den Sonderfall Rheinberg; schließlich sei die Stadt durch Kohle-, Salz- und Kiesabbau schon genug gebeutelt. Sabine Kaußen: "Auch die Frage der Entschädigung wird nicht beantwortet." Die ganze Vorlage, so sagte die Christdemokratin sinngemäß, gehöre in die Tonne. "Wir sehen da eine Menge Risiken." Die Verwaltung solle künftig doch bitte besser recherchieren, mahnte sie.

Peter Tullius (SPD) unterschied sich in seiner Kommentierung kaum von seiner Vorrednerin. "Wir sehen eine ganze Menge Gefährdungen, die in dieser Vorlage nicht aufgeführt sind", kritisierte auch er. Simon Thölke (Bündnis 90/Die Grünen) schloss sich ebenfalls an: "Die Stellungnahme der Stadt Rheinberg muss dringend deutlich skeptischer formuliert werden."

Joachim Butterbach (FDP) bildete ihm Kanon der Beschwerdeführer keine Ausnahme. "Bei uns sind mehr Fragen als Antworten aufgekommen", meinte er. Fragen nach Bergschäden und nach der Vorgehensweise des Unternehmens beispielsweise. Die Bürgerinitiative gegen Fracking am Niederrhein etwa habe gute Argumente gegen ein solches "Aufsuchen" von Gasen geliefert - aber davon finde sich in der Vorlage der Unterlage kein Wort.

Einzig Andreas Imhof (Linke) blieb moderat. Er könne sich momentan noch kein Urteil bilden, führte er aus und aber zu bedenken, dass jede Region eine gewisse Verpflichtung habe, Rohstoffe zu liefern: "Wir verbrauchen in rauen Mengen Gas aus östlichen Ländern." Dass die PVG GmbH nicht klar benenne, welche Methode sie beim Abbau anwenden wolle, ging auch Andreas Imhof gegen den Strich.

Michael Kuklinski (SPD) riet dazu, jetzt Gründe gegen de Gasabbau in die Stellungnahme zu schreiben. Er nannte Ramsar-Flächen am Rhein, die Nähe zum Solvay-Chemiewerk oder auch Tourismus.

So hauten die Politiker der Verwaltung diese Vorlage verärgert regelrecht um die Ohren, was die Laune von Stadtplanerin Sonja Helmich und dem technischen Beigeordneten Dieter Paus nicht gerade verbesserte. Paus versprach: "In der nächsten Ratssitzung bekommen Sie eine neue Vorlage."

(RP)
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