Rheinberg Eine kleine Zeitreise ins Spätmittelalter

Rheinberg · Uwe Schneevoigt und Angela Schneevoigt-van Dyck eröffneten "Das Kontor" im "Kölner Dom" am Rheinberger Markt.

 Uwe Schneevoigt (links) betreibt "Das Kontor" am Großen Markt in Rheinberg zusammen mit seiner Frau Angela Schneevoigt-van Dyck. Die Helme und Rüstungen (links zu sehen), stellt der 48-jährige Rheinberger selbst her.

Uwe Schneevoigt (links) betreibt "Das Kontor" am Großen Markt in Rheinberg zusammen mit seiner Frau Angela Schneevoigt-van Dyck. Die Helme und Rüstungen (links zu sehen), stellt der 48-jährige Rheinberger selbst her.

Foto: Armin Fischer

Stroh auf dem Boden, Ritterrüstungen an der Wand und Schilde im Fenster: Ein Schritt über die Türschwelle reicht, und schon hat man das Gefühl, auf eine Zeitreise zu gehen. Wer das Haus "Zum Kölner Dom" am Großen Markt betritt, landet direkt im späten Mittelalter. Wo bis Januar das Café von Heike Halbauer war, haben Uwe Schneevoigt und Angela Schneevoigt-van Dyck "Das Kontor" eröffnet. "Ein Laden für lebendige Geschichte und Zeitreisen", klärt der 48-Jährige auf. Das Ehepaar, seit 15 Jahren in Vierbaum zu Hause, stellt detailgetreue Nachbauten und Kleidung aus der Zeit zwischen 1300 und 1500 selbst her und verkauft sie an Kunden aus ganz Deutschland und dem benachbarten Ausland. Dort stehen die beiden regelmäßig auch auf Märkten.

Eines stellen die beiden gleich klar: "Wir stehen für eine Mittelalterkultur fern ab von billigem Ritterrummel", so Uwe Schneevoigt. "Bratwurst und Bier aus dem Trinkhorn, das ist nichts für uns." Die Schneevoigts haben einen hohen Anspruch an ihre Arbeit, befassen sich sehr genau mit historischen Vorlagen, bevor sie sich an die Arbeit machen. Er als Plattner, der vom Morgenstern mit Faustgriff über Beinzeug und die Replik eines spätgotischen Harnischs viele faszinierende Dinge herstellt; sie als Fachfrau für die Gewandung, aus deren Handnäherei Kleidung vom Burgundischen Arming Doublet über eine Bunthaube bis hin zur XXL-Unterhose kommen. Das Paar arbeitet auch mit Glasbläsern und Goldschmieden zusammen, die auf Bestellung produzieren. Geschichte zum Anfassen, sie greifbar und erlebbar machen - das ist eines ihrer Anliegen. Die Kunden sitzen zum Teil weit entfernt. "Wir haben einen Radius von etwa 1000 Kilometern", sagt Angela Schneevoigt-van Dyck. Die 47-Jährige, von Haus aus Designerin, verweist auf den Webshop www.waffenmeister.eu.

Wer aber sind die Kunden des Kontor-Teams? Überwiegend Menschen, deren Hobby das Mittelalter ist. Die sich an Historien-Events wie die "Battle of Hastings" in England beteiligen und sich von oben bis unten mit hochwertigen Repliken ausstatten. 5000 bis 10 000 Euro oder mehr lassen sich diese Leute ihren Spaß kosten. Dabei spielt Authenzität eine enorme Rolle. Uwe Schneevoigt: "Billighelme aus Pakistan kommen bei uns nicht in die Tüte."

Den Rheinbergern geht es auch darum, ein schiefes Bild gerade zu rücken: "Das Mittelalter war nicht nur barbarisch, grob und grau, es war auch farbenfroh und im Handwerk gab es eine Perfektion, die es so nie weder gegeben hat", betont der 48-Jährige, der mit seiner Frau eine historische Gruppe, eine Reenactment-Gruppe, initiiert hat. Zur "Ordonnanz", so der Name, gehören rund 40 Frauen und Männer, die sich als ureigene Truppe des Erzbischofs von Köln gebärden. Uwe Schneevoigt ist ein Spezialist für mittelalterliche Kampfkunst, er leitet auch Seminare.

Nachdem sie sieben Jahre lang von Vierbaum aus gearbeitet haben, sind die Schneevoigts froh, nun in einem fast 400 Jahre alten Haus am Markt neben einem fast 600 Jahre alten Rathaus arbeiten zu können. "Das ist toll", sagen sie. Und wer weiß: Vielleicht bekommt Rheinberg ja bald eine mittelalterliche Attraktion wie die Stadt Soest mit ihrer "Soester Fehde".

(RP)
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