Alpen Ein Kapitel von St. Walburgis geht zu Ende

Alpen · Heute steigt die Abschiedsparty im Pfarrzentrum. Der Abriss schafft Platz für einen modernen Neubau.

 Fritz Nühlen (r.) und Helmut Giesen vom Geschichtsverein wollen das Josefshaus vorm Vergessen bewahren.

Fritz Nühlen (r.) und Helmut Giesen vom Geschichtsverein wollen das Josefshaus vorm Vergessen bewahren.

Foto: ARFI

Die Regeln für Besucher des Pfarrzentrums St. Walburgis hängen fett gedruckt, schwarz auf weiß an der Tür nach draußen: "Heizung aus!", "Alle Fenster zu!" und "Alle Lichter aus!" Noch bullert drinnen der Kessel. Doch die Tage des Gebäudes sind gezählt. Bevor die Abrissbagger anrücken, wird heute nach dem Gottesdienst um 18.30 Uhr Abschied gefeiert. Das Haus ist leergeräumt, die Bühne abgebaut, auch wenn der grüne Vorhang noch von der Holzdecke des Saals fällt, der den Charme der 70er Jahre ausatmet - an der Wand behauptet sich das kunstvolle Zeugnis des Kommunion-Jahrgangs 2012. "Wir sind Gottes Melodie", steht über der Bildergalerie nach Noten. Darunter stapeln sich staubige Stühle. Auf den wenigen Tischen im kargen, bräunlich gelb gefliesten Saal sorgen ein paar Plastikblumen für blasse Farbtupfer.

 Pastor van der Voort sammelte als Drehorgelmann Ende der 70er Jahre Spenden für den Bau des Pfarrsaals.

Pastor van der Voort sammelte als Drehorgelmann Ende der 70er Jahre Spenden für den Bau des Pfarrsaals.

Foto: arfi

Das Gebäude-Ensemble, das den Kirchhof begrenzt, atmet Geschichte. Dass die nicht ganz in Vergessenheit gerät, dafür möchte der Verein für Geschichte und Brauchtum um Fritz Nühlen sorgen. Der macht regelmäßig Führungen in und um die Kirche auf der mit 22 Meter über NN höchsten und damit hochwassergeschützten Erhebung im Ort. Er erinnert im RP-Gespräch daran, dass neben dem denkmalgeschützten und im Privatbesitz befindlichen Torbogen das Josefshaus im ehemaligen "Küstereigarten" von 1839 bis 1913 Schule war. Später holte Pastor Angenvoort Heiligenstätter Ordensschwestern ins Haus - ein Segen fürs Dorf. Drei kümmerten sich um die "Kinderbewahranstalt", eine sorgte für ambulante Krankenpflege und eine Nonne gab Nähkurse. 1961 zogen die Schwestern aus.

1913 löste das "Vereinshaus" zwischen Josefshaus und Pastorat die drängenden Raumprobleme der Vereine und Gruppen. Das Pastorat wurde 1973 - vier Jahre später das alte Küsterhaus anno 1730 - abgerissen. Das Alte mussten dem neuen Pfarrzentrum weichen.

Als drittes Element des Pfarrzentrums neben Josefshaus und Vereinshaus wurde 1978 der Pfarrsaal gebaut. Im Archiv des Geschichtsvereins findet sich ein Foto, das den unvergessenen Pastor Gerard van der Voort als Drehorgelmann zeigt, der für den neuen Saal die Kurbel dreht. Der Pfarrsaal war bis zuletzt pulsierende Herzkammer der Gemeinde. Mehr als 20 Vereine und Gruppen der Pfarrei haben das Haus intensiv genutzt - von der Jugend bis zum Seniorenkreis. Auch die kirchliche Bücherei war hier zu Hause, auf dem Söller war zudem reichlich Platz für Requisiten.

Rentner Helmut Giesen vom Geschichtsverein, der unermüdlich im Einsatz ist für sein Dorf, beschleicht, wie so viele, eine gehörige Portion Wehmut, wenn er das leergeräumte Haus betritt. Er hat hier mit der Theater-Truppe der KAB so oft auf der Bühne gestanden. Die ist schon weg. Und wenn heute nach der Abschiedsparty der Letzte, wie geboten, das Licht ausmacht, geht ein Kapitel Dorfgeschichte zu Ende. Und macht Platz für ein neues.

(RP)
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