Nahmobilität in Alpen Bürgerbus Menzelen legt langsam zu

Alpen · Kurz nach dem verheißungsvollen Start im März 2020 nahm der Lockdown den Neuling für zwei Monate von der Straße. Die Pandemie macht dem Mobilitätsangebot zwar weiter zu schaffen. Aber die Fahrgastzahlen steigen stetig.

 Ulf Heringer (links), einer von 28 ehrenamtlichen Fahrern, und Edgar Giesen, Vorsitzender des Bürgerbusvereins, sind trotz aller Schwiegrigkeiten zum Start zufrieden mit der Entwicklung des Nahverkehrsangebotes auf dem Land.

Ulf Heringer (links), einer von 28 ehrenamtlichen Fahrern, und Edgar Giesen, Vorsitzender des Bürgerbusvereins, sind trotz aller Schwiegrigkeiten zum Start zufrieden mit der Entwicklung des Nahverkehrsangebotes auf dem Land.

Foto: Ostermann, Olaf (oo)

Als der Bürgerbus in Menzelen am 1. März 2020 nach langem Vorlauf endlich auf die Straße rollte, wurde er gut zwei Wochen später gleich wieder gestoppt und aus dem Verkehr gezogen. Nicht weil er sich in der Praxis als untauglich erwiesen hatte. Der Lockdown schob den nagelneuen Bus für zweieinhalb Monate wieder in die Garage. Im Juni war Neustart unter erschwerten Bedingungen. Mit der Pandemie kämpfen die Menschen noch immer, aber der Bürgerbus Menzelen hat Fahrt aufgenommen. Die Fahrgastzahlen kennen nur eine Richtung: Es geht aufwärts. „Wir sind zufrieden mit der Entwicklung“, sagt Edgar Giesen, Ortsvorsteher in Menzelen und Vorsitzender des Bürgerbusvereins.

Als Ulf Heringer (51) seinen Dienst antritt und sich am DRK-Heim an der Neue Straße ans Lenkrad setzt, zeigt die Armatur 67.480 zurückgelegte Kilometer. Nur bei der Jungfernfahrt gab‘s ein kleines Malheur, als Pilot Peter Nienhaus ein Mäuerchen übersehen hatte. Längst vergessen. Seitdem läuft‘s unfallfrei zwischen Menzelen-Ost und Menzelen-West über Alpen, Drüpt und Bönning-Rill. Mal ein Nagel im Reifen, mehr nicht. „Toi, toi, toi“, sagt Giesen und klopft auf Holz.

Ulf Heringer, einer von insgesamt 28 Fahrern – übrigens allesamt Männer –, die sich ehrenamtlich ans Steuer setzen, ist Berufsfeuerwehrmann. „Besonderes älteren Menschen ein Stück Mobilität zu verschaffen, damit sie beispielsweise mal selbstständig einkaufen können“, sei seine Motivation, sich ein bis zwei Mal im Monat in den Dienst der guten Sache zu stellen. Und Spaß mache das sowieso. „Man kommt mit vielen Menschen ins Gespräch, die gern erzählen“, sagt der Mann, der vor 20 Jahren aus Duisburg aufs Land nach Menzelen gekommen und längst hier heimisch geworden ist. „Ich war schon Karnevalsprinz und Schützenkönig.“ Und jetzt halt Busfahrer.

„Menschen bewegen, Dörfer verbinden“ – dieser Slogan findet sich als Schriftzug auf dem Blech des für Personentransport umgebauten Sprinters. Das ist wörtlich gemeint. Der Bürgerbus etabliert sich, langsam aber stetig. „Meine Mutter Martha mit ihren 87 Jahren ist ein großer Fan vom Bürgerbus“, erzählt Edgar Giesen. „Die ist richtig glücklich, dass sie damit mal zum Frisör oder Arzt kommt.“ Und er berichtet von einem älteren Ehepaar, das jetzt regelmäßig zusteigt, weil der Mann inzwischen seinen Führerschein abgegeben hat.

Im ersten Jahr, das faktisch nur sechs Monate hatte, lösten nur 646 Menschen eine Fahrkarte. Im zweiten, kompletten Jahr waren‘s mit 1272 Fahrgästen fast doppelt so viele – im Monat sind es inzwischen deutlich über 100 Leute, die an einer der 28 Haltestellen unterwegs einsteigen. Das Defizit, für das die Gemeinde geradestehen muss, sank von 13.000 Euro im ersten Jahr auf zuletzt 9000 Euro.

Gefahren wird von montags bis freitags. Immer vier Touren. Los geht‘s morgens um 9 Uhr vom Markt in Ost aus, dann wieder um 11 Uhr sowie nach der Mittagspause um 15 und 17 Uhr. Ungefähr 42 Kilometer hat eine Schleife. Scheitelpunkt ist die Haltestelle in Grünthal.

Vornehmlich am Vormittag seien die meisten Sitze belegt, sagt Giesen: „Nachmittags könnten es ein paar mehr sein.“ Große Hoffnung setzt er in die sich abzeichnende Entwicklung des Einzelhandels. Wenn Edeka nach Menzelen kommt, Rossmann in Alpen öffnet und nebenan auf dem Willy-Brandt-Platz ein weiterer Magnet zieht. „Das wird auch uns ganz sicher guttun“, so der Ortsvorsteher.

Unterdessen ist der Vorsitzende in einem Punkt schon ein gutes Stück weiter: Die schon vom Start weg geplante Anbindung von Borth an die Linie Menzelen wird wohl im Frühjahr gelingen, nachdem das anfängliche Kommunikationsdefizit über die Kommunalgrenze hinweg abgearbeitet worden sei. „Wir stehen mit allen Beteiligten in gutem, freundschaftlichem Kontakt“, so Giesen. So sei er zuversichtlich, dass die Anbindung der Linie an die Stadtbuslinie in Rheinberg gelingt, und umgekehrt von dort aus über die Schnittstelle mit dem Bürgerbus Veen auch die Borther bis nach Xanten durchstarten können.

Das sei hinzukriegen, wenn man den Start am Markt in Ost jeweils eine halbe Stunde vorziehe. Auch wer in Alpen was besorgen müsse, profitiere: Bislang hat man auf einer Tour hier gut eine halbe Stunde Zeit dafür, künftig kommt der Bus auf dem Rückweg erst nach der Länge einer Fußall-Halbzeit.

(bp)
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