Rheinberg Der Traum von solidarischer Landwirtschaft

Rheinberg · Im nächsten Jahr soll es losgehen. Die Gründungsversammlung ist am 3. November in der Rheinberger Stadthalle.

 Ein landwirtschaftlicher Betrieb, an dem viele Interessierte mitwirken - darum geht es am nächsten Donnerstag im Rheinberger Stadthaus.

Ein landwirtschaftlicher Betrieb, an dem viele Interessierte mitwirken - darum geht es am nächsten Donnerstag im Rheinberger Stadthaus.

Foto: van Offern

Im Frühjahr 2015 startete eine Initiative mit der Idee, am Niederrhein und im westlichen Ruhrgebiet vorhandene Einzelinitiativen zur Energiewende zu vernetzen. Seither arbeiten mehrere Gruppen daran, dies konkreter zu fassen. Die Gesamtkoordination liegt weiterhin bei der Stadt Rheinberg.

Ein erstes Projekt nimmt nun konkrete Formen an: Am Donnerstag, 3. November, 18.30 Uhr, treffen sich Interessierte aus der Region im Stadthaus Rheinberg, um eine erste Erzeuger-Verbraucher-Gemeinschaft nach dem Prinzip der Solidarischen Landwirtschaft zu gründen. Geplant ist, mit der kommenden Pflanzperiode zu beginnen. Mit einem Landwirt wird bereits über notwendige Flächen und die erforderliche Infrastruktur verhandelt ebenso mit einer gärtnerischen Fachkraft. Wer Interesse an einer Mitarbeit hat, kann gerne zu diesem Treffen kommen. Eine Anmeldung wäre hilfreich. Kontaktperson bei der Stadt Rheinberg ist Jens Harnack, Telefon 02843 171-493, E-Mail jens.harnack@rheinberg.de.

Eine Idee nimmt Gestalt an: Aus dem Arbeitskreis "urban gardening" (städtisches Gärtnern) ergab sich die Idee, einen ersten landwirtschaftliche Betrieb vor der Haustür zu schaffen, der die kleinbäuerliche Struktur aufrechterhält und trotzdem wirtschaftlich tragfähig und solidarisch arbeitet. Das bedeutet, dass Erzeuger und Konsumenten gemeinschaftlich verantwortlich für den Betrieb sind - sowohl für den Anbau von Gemüse als auch für die Wirtschaftlichkeit. Erfolg und Risiko werden also geteilt.

Eine erste solche Erzeuger-Verbraucher-Gemeinschaft soll im März an den Start gehen. Jens Harnack berichtet: "Bisher gibt es über 50 interessierte Einzelpersonen und Familien vor allem im Raum Duisburg, Moers, Neukirchen und Rheinberg. Weitere Interessenten etwa aus Wesel, Voerde oder Dinslaken werden noch gesucht.

Nachdem im Juni mehrere Informationsveranstaltungen stattgefunden haben, besuchten rund 25 Interessierte aus der Region kürzlich zwei schon bestehende Solidarische Landwirtschaftshöfe in Dortmund und Gelsenkirchen. Jens Harnacks Fazit: "Und sie waren begeistert."

Das Ziel ist es, am Niederrhein das Prinzip der solidarischen Landwirtschaft auszuweiten. Dafür werden potenzielle landwirtschaftliche Flächen am ganzen Niederrhein - die Einzelgröße sollte jeweils etwa ein bis eineinhalb Hektar betragen - sowie interessierte Gärtner sowie Landwirte gesucht.

Die zentrale Frage laute, wie eine vielfältige und bäuerliche Landwirtschaft erhalten werden kann, die den Ansprüchen von Mensch, Tier und Umwelt gerecht werde. Immer mehr kleine Höfe geben auf und gleichzeitig bewirtschaften wenige Großbetriebe immer größere Flächen und Ställe. Dabei, so die Erfahrung der Initiatoren, wachse das Misstrauen der Verbraucher bezüglich der angebotenen Produkte. Jens Harnack: "Wir kaufen die meisten Lebensmittel schön verpackt, oft weit gereist und dafür haltbar gemacht, vorher schön gedopt, genormt in Form, Größe und Farbe. Wie gesund das Produkt ist, wie viel Zusätze enthalten sind, unter welchen Verhältnissen gearbeitet und wie mit unseren natürlichen Ressourcen umgegangen wird - nur selten gibt es wirklich Transparenz."

Eine gute Lösung zeige da das Konzept der Solidarischen Landwirtschaft auf. Es fußt auf folgender Grundidee: Eine Verbrauchergemeinschaft trägt die Landwirtschaft auf einem Hof am Stadtrand. Sie teilt sich Risiko, Verantwortung, Kosten und die Ernte. Der Betrieb produziert also nicht mehr für den Markt, sondern für einen festen Kreis lokaler Abnehmer. Die Gemeinschaft gibt Planungssicherheit und sichert das Einkommen. Dann wissen der Landwirt und der Gärtner, für wen sie produzieren.

Der Landwirt oder der Gärtner seien nicht länger bedroht von den globalen Veränderungen des Marktes und von dort vorgegebenen - nicht immer denen der Verbraucher entsprechenden Produktanforderungen. Er müsse sich nicht länger an Vorgaben von Großhändlern oder Supermärkten orientieren und Produkte wegwerfen, weil sie nicht der vorgegebenen Norm entsprechen.

Die Mitglieder der Gemeinschaft, so heißt es, könnten sich nicht nur auf die Qualität der Produkte verlassen, sondern wüssten genau, wo und wie sie angebaut werden (Transparenz, Identifikation). Das fördert das Bewusstsein für regionale Wirtschaftsstrukturen, für die Produktion ihrer Lebensmittel und für die Natur.

Die Solidarische Landwirtschaft ermögliche eine Versorgung mit regionalen, ökologischen und nachhaltigen Produkten. Dies entlaste die Umwelt und stärke die wirtschaftlichen und sozialen Strukturen. Jens Harnack: "Den Verbrauchern wird so die Möglichkeit geboten, wieder - und zwar auch aktiv - an der Produktion ihrer Lebensmittel mitzuwirken."

(up)
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