Alpen Der König schluchzt - vor lauter Glück
Alpen · Emotionaler Zweikampf an der Vogelstange am Alpener Schmuhlsberg: Carsten Lommen hat es im fünften Anlauf geschafft. Nach einem spannenden Zweikampf mit Günter Peschges setzt er sich die Krone auf. Dann fließen Tränen.
Die Zeiger der Uhr stehen bei 19.12 Uhr. Carsten Lommen (24) schreitet lässig zur Armbrust. Nimmt einen tiefen Zug aus der Zigarette. Die linke Hand in der Hosentasche. Ein letzter Blick auf den kümmerlichen Rest des anfangs stolzen Wappenvogels, der in wenigen Minuten zuvor arg gerupft worden war - durch Treffer, die allesamt Günter Peschges (52) abgefeuert hatte. Dann legt der jüngere der beiden Finalisten an. Zum 111. Schuss. Als der Pfeil im Bruchteil einer Sekunde sein Ziel erreicht, ist das inzwischen dramatische Duell entschieden. Der 24-jährige Justizvollzugsangestellte stößt einen ohrenbetäubenden Jubelschrei aus, der die "Grüne Hölle" erbeben lässt, wie die Junggesellenschützen ihre königliche Arena am Schmuhlsberg nennen. "Ich hab's geschafft", brüllt der neue König mit jeder Faser seines Körpers. Die Halsschlagader geschwollen wie eine niederrheinische Blutwurst. Emotion pur.
Der junge Mann, diesmal sportlich in schwarzer Jeans mit schwarzen T-Shirt - Aufschrift "Nordkurve Mönchengladbach" auf der Brust - ins Rennen gegangen, schließt seinen Vater in die Arme, drückt ihn so fest er nur kann. Beide lassen ihren Tränen freien Lauf. So ergeht's auch manch' erfahrenen Schützenbruder im Publikum. Viele haben feuchte Augen. Die Anspannung muss gewaltig gewesen sein für den ewigen Zweiten, der schon für die Thronbesteigung als Kinderkönig etliche Niederlagen einstecken musste, wie sein Vater Ewald Lommen erzählt, nachdem er die Fassung wiedergefunden hatte. Auch er ist erleichtert: "Endlich können wir wieder ganz normal Pfingsten feiern."
Unterdessen ringt Günter Peschges mit seiner Enttäuschung. Aus der macht er keinen Hehl. "Alles hat gepasst. Aber wenn man nur satt trifft, aber noch ein Stück oben bleibt, kann man nicht König werden", resümiert er wie ein Fußballer eines Teams, das trotz hochkarätiger Torchancen den Ball nicht hinter die Linie gebracht hat. Kameraden klopfen ihm anerkennend auf die Schulter. So kurz nach dem knapp zweistündigen, von einer kurzen Regenpause unterbrochenen Wettkampf, ein schwacher Trost. Während König Carsten, inzwischen mit Königssilber ausstaffiert, noch in einer Traube von Gratulanten versucht, seine überbordenden Gefühle in Griff zu kriegen, wird eine junge Frau auf starken Schultern herbeigetragen: Aline Holthuis hat das Diadem der Königin im Haar. Die 24-jährige Erzieherin ist der Auserwählte des Königs. Beide werden nun ein Jahr lang die Junggesellenschützen regieren.
Am Thron sitzen Martin Palzer mit Ina Fischer, Christoph Bühren mit Shirley Heckers, Patrick Votruba und Alina Noll, Sebastian Hödicke und Yvonne Ernst, Kay Schultz und Eva Lechner sowie Sascha Stöckel und Mandy Verhuven.