Alpen Der Fall Heistermann

Alpen · Weil es bei der Wehrverwaltung keine Regelung über duale KIA-Ausbildungen gibt, sollte Stefan Heistermann trotz Lehrvertrag einberufen werden. Er klagte und gewann gestern, einen Tag vor Ausbildungsbeginn - ein Präzedenzfall.

Dass Stefan Heistermann aus Alpen heute seine Ausbildung beginnt, war nicht selbstverständlich. Bis gestern wusste er nicht, könne er bei Nokia ab September zum Industriemechaniker werden oder ob er ab ersten Oktober zur Bundeswehr muss. Der Ausbildungsvertrag und der Einberufungsbefehl lagen beide auf dem Tisch.

Aber von vorn: Noch während des Abiturs begann Heistermann sich für eine so genannte KIA-Ausbildung zu bewerben, sprich „Kooperative Ingenieurs-Ausbildung“. Das ist ein dualer Bildungsgang, der zum Facharbeiterbrief und zum Diplom-Ingenieur führt. Heistermann wäre nach zwei Jahren gelernter Industriemechaniker und könnte dann an der Fachhochschule sein Studium zu Ende führen. In den ersten beiden Jahren wechseln sich betriebliche und Studienausbildung ab - drei Tage im Betrieb, zwei Tage an der Hochschule.

Noch im Bewerbungsprozess informierte sich der Abiturient beim zuständigen Kreiswehrersatzamt (KWEA) in Wesel, ob er für die KIA von der Wehrpflicht zurückgestellt werden würde, was – laut Heistermann - bejaht wurde. Entsprechend suchte der 20-Jährige Alpener nach einem Ausbildungsplatz, bis er im Frühjahr fündig wurde: Bei Nokia in Bochum. Gleich darauf stellte Heistermann einen Antrag auf Zurückstellung vom Wehrdienst, fügte die vorläufige Zusage von Nokia bei und kündigte an, den Ausbildungsvertrag nachzureichen. Das geschah im Juni.

Abgelehnt

Der Antrag wurde vom KWEA Wesel abgelehnt. Begründung: Bei der Ausbildung stünde das Studium im Vordergrund und laut dem Wehrpflichtgesetz sei eine Zurückstellung aufgrund des Studiums nur möglich, wenn sich der Betroffene zum Zeitpunkt der Einberufung im dritten Semester befindet.

Das sahen Vater Dieter Heistermann und Sohn anders: „Es geht vorrangig um den Facharbeiter und mit der Einberufung zu Oktober wäre die Ausbildung futsch.“

Beide entschließen sich, gegen das KWEA Wesel zu klagen. Zusammen mit dem Düsseldorfer Anwalt Marcus Richter, Fachgebiet Verwaltungsrecht, reichen sie erneut Widerspruch ein, dieses Mal bei der nächst höheren Stelle, der Wehrbereichsverwaltung (WBV) West in Düsseldorf. Das war am 14. August, knapp drei Wochen vor Ausbildungsbeginn.

Einheitliche Regelung

Erst gestern erreichte Stefan Heistermann der erlösende Anruf: Die Klage ist gewonnen, er wird vom Wehrdienst zurückgestellt. „Ich bin überglücklich,“ sagt er. Nach dem Einzelfall Heistermann bleibt interessant, wie künftig mit KIA-Azubis umgegangen wird. Laut Andrea Hesselbacher von der WBV West werde das Bundesamt für Wehrverwaltung in Bonn voraussichtlich eine Grundsatzentscheidung über eine einheitliche Regelung treffen.

(RP)
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