Rheinberg "Das ist kein Urlaub hier"

Rheinberg · Sascha van Beek (27) aus Veen ist seit einer Woche als Spezialist der Hilfsorganisation I.S.A.R. Germany in einem tunesischen Flüchtlingscamp an der Grenze zu Libyen im Einsatz. Heute fliegt er nach Hause.

Die deutsche Hilfsorganisation I.S.A.R. Germany hat an den tunesischen Zivilschutz rund eine Tonne medizinischer Hilfsgüter für die Flüchtlinge aus Libyen übergeben. Diese sollen in Abstimmung mit der Weltgesundheitsorganisation für die Behandlung der Flüchtlinge eingesetzt werden.

"Die tunesischen Helfer haben die medizinische Versorgung voll im Griff", so I.S.A.R.-Spezialist Sascha van Beek aus Veen. Insofern seien die deutschen Hilfsgüter dort sehr gut aufgehoben. Die RP hat gestern mit Sascha van Beek gesprochen. Der 27-jährige Anästhesie-Krankenpfleger aus Veen hilft seit einer Woche ehrenamtlich in einem Flüchtlingscamp (die RP berichtete).

Herr van Beek, wie ist die Lage im Flüchtlingscamp in Ras Jedir, wo Sie seit einer Woche arbeiten?

Sascha van Beek Das ist kein Urlaub hier, wir sind halt in einem Kriseneinsatz an der libyschen Grenze. Aber es ist jetzt auch nicht so bedrückend, dass man es nicht aushält. Wir Helfer sind in einem Hotel untergebracht. Am Mittwoch fliege ich wieder nach Hause.

Wie ist das Wetter?

Van Beek Im Moment stehe ich hier in einem Sandsturm. Ansonsten geht es einigermaßen, mal ist Nieselregen, nachts gehen die Temperaturen bis auf acht Grad runter.

Wie muss man sich das Flüchtlingscamp vorstellen?

Van Beek Mittlerweile sind hier im Camp Shusha 13 000 Menschen untergebracht. Allein von Montag auf Dienstag sind 2800 dazu gekommen, innerhalb von 24 Stunden.

Libyer?

Van Beek Nein, so gut wie gar nicht. Anfangs kamen überwiegend Bangla Deshi, die hier bei Ölfirmen arbeiten. Inzwischen kommen immer mehr Schwarzafrikaner aus Nigeria, Somalia oder Ghana. Die sind zum Teil total erschöpft, weil sie mitunter 300 Kilometer von Tripolis bis hierher an die Grenze gelaufen sind. Ich habe mit einem Nigerianer gesprochen, dem sein Pass bereits von seinem Arbeitgeber abgenommen worden war. Als er sich jetzt auf den Weg zur Botschaft machte, wurde er festgenommen, drei Tage lang steckte man ihn in ein Erdloch. Ihm wurde alles abgenommen: das Handy, das letzte Geld, der Koffer. Bei diesen Leuten kommt noch hinzu, dass sie sich um ihre Familien in den Heimatländern sorgen, weil sie ihnen kein Geld mehr schicken können, was zum Überleben wichtig ist. Viele dieser Schwarzafrikaner können auch nicht mehr zurück in ihre Heimatländer. Das Problem zu lösen, ist jetzt eine Aufgabe für die UN.

Welche Zustände herrschen in dem Flüchtlingscamp?

Van Beek Um die Hygiene ist es nicht zum Besten bestellt. Aber daran wird gearbeitet. Genauso werden neue Sandflächen planiert, es wird Platz geschaffen, um das Camp vergrößern zu können.

Wie sieht Ihr Arbeitstag aus?

Van Beek Morgens gibt es eine erste Lagebesprechung, dann verschaffen wir uns einen Überblick über die Situation an der Grenze. Um 11 Uhr findet ein Meeting mit allen Hilfsorganisationen statt. Meine Aufgabe ist es auch, Interviews mit den Betroffenen zu führen, damit wir uns ein Bild davon machen können, was mit ihnen los ist.

Bekommen Sie etwas mit von den Angriffen der Gadaffi-Getreuen auf die eigene Bevölkerung?

Van Beek Nein, nichts — obwohl Tripolis gar nicht so weit entfernt ist.

(RP)
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